Wöhrl kämpft mit Verlusten

Von Roland Töpfer
 Foto: red

Der Nürnberger Bekleidungshändler Rudolf Wöhrl AG kämpft mit Umsatzrückgängen und Verlusten. Alle Standorte werden überprüft. Eine Schließung der Filiale in Bayreuth ist „kein Thema“, teilte Wöhrl auf Kurier-Nachfrage mit. Das Familienunternehmen hat 2013 eine 30-Millionen-Anleihe platziert, die 2018 zurückgezahlt werden muss. Euler Hermes überprüft das Rating (aktuell BB-) auf eine Herabstufung.

 
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Die Euler Hermes SA ist eine Kreditversicherungsgruppe mit Sitz in Paris. Das Unternehmen ist nach eigenen Angaben mit einem Marktanteil von rund 35 Prozent weltweiter Marktführer in dieser Sparte. Euler Hermes, eine Allianz-Tochter, hat auch eine Ratingagentur, analysiert die Bonität von Unternehmen und versicherte Ende Dezember 2012 weltweit Transaktionen im Wert von mehr als 770 Milliarden Euro.

Anhaltende Ertragsschwäche

Die mögliche Herabstufung von Wöhrl begründet Euler Hermes mit der sich „abzeichnenden weiter anhaltenden Ertragsschwäche des Unternehmens“. Wöhrl war erst im Januar wegen eines gestiegenen Finanzrisikos von BB auf BB- herabgestuft worden. Mit BB- bewertet werden spekulative Anlagen, bei denen bei einer Verschlechterung der Lage mit Ausfällen zu rechnen ist. Eine weitere Herabstufung würde die Wöhrl-Anleihe zum hochspekulativen Investment machen, bei dem bei verschlechterter Lage Ausfälle wahrscheinlich sind.

Im ersten Halbjahr des Geschäftsjahres 2015/2016 (31.7.) ging der Umsatz von Wöhrl um 3,1 Prozent auf 164,3 Millionen Euro zurück. Das um Sondereffekte bereinigte Ebitda (Ergebnis vor Zinsen, Steuern, Abschreibungen) lag mit 2,2 Millionen Euro „in etwa auf dem schwachen Niveau des Vorjahreszeitraumes“.

Erhöhtes Finanzrisiko

Nach Einschätzung von Euler Hermes Rating wird sich die Entwicklung des ersten Geschäftshalbjahres weiter fortsetzen und sich das Finanzrisiko erhöhen. Als Hintergrund für die Situation bei Wöhrl nennt Euler Hermes den Strukturwandel in der Branche durch das Online-Geschäft und die teilweise massive Veränderung des Kaufverhaltens.

Während große Online-Anbieter von der Entwicklung profitieren „schwächen sich die Flächenproduktivität und das Margenniveau der meisten stationären Modeunternehmen weiter ab“. Mehrmarken-Händler seien überproportional betroffen, da viele Modemarken insbesondere im mittleren bis gehobenen Preissegment für den Konsumenten an Attraktivität verloren hätten. Positiv bewertet wird die Konsequenz, wie die notwendige Restrukturierung von Seiten der Rudolf Wöhrl AG vorangetrieben wird.

Aggressive Wettbewerber

Jedoch erwartet Euler Hermes erst mittelfristig stabilisierende Impulse, wenn die Multichannel-Strukturen etabliert und die Kostenstruktur angepasst ist. Wegen begrenzter finanzieller Ressourcen habe Wöhrl Wettbewerbsnachteile hinsichtlich der notwendigen Geschwindigkeit der Marktdurchdringung des Online-Konzeptes, da Wettbewerber deutlich aggressiver am Markt agieren und höhere Marketingbudgets einsetzen könnten.

Wurde Wöhrl von der drohenden Herabstufung überrascht? Das Unternehmen befinde sich in regelmäßigem Austausch mit der Euler Hermes Rating GmbH und sei über den Vorgang entsprechend informiert, teilt Wöhrl auf Kurier-Nachfrage mit. Man rechne im zweiten Halbjahr aufgrund von Filialschließungen und verhaltener Nachfrage nochmals mit einem Umsatzrückgang. „Auch die Hypothek des ersten Halbjahres wird das Gesamtjahr beeinflussen.“

Kein Handlungsbedarf in Oberfranken

Keine konkrete Antwort gab es auf die Frage, ob der Konzern mit zuletzt unterm Strich 1,0 Millionen Euro Verlust wieder die Gewinnzone erreichen wird. Wöhrl beschäftigt rund 2200 Mitarbeiter und hat mit Bayreuth, Hof, Coburg und Bamberg vier Modehäuser in Oberfranken. Nach derzeitigem Stand gebe es für die oberfränkischen Häuser keinen unmittelbaren Handlungsbedarf, so das Unternehmen.

Wie laufen die Geschäfte am Standort Bayreuth? „Das Modehaus verzeichnet eine stabile Entwicklung. Schließung ist hier derzeit kein Thema.“ Dennoch würden in mehreren Filialen, darunter auch Bayreuth, Optimierungen in punkto Sortiment vorgenommen, um noch besser auf die Bedürfnisse der Kunden einzugehen. Die Überprüfung des Filialportfolios gehöre derzeit zu den zentralen Aufgaben. „Defizitäre Standorte kann und wird sich die Rudolf Wöhrl AG nicht leisten.“

Häuser auf dem Prüfstand

Im März wurden die Filiale in Zwickau und der als Franchise geführte Esprit-Store in Nürnberg geschlossen. „Weitere Häuser stehen auf dem Prüfstand“, so Vorstandschef Olivier Wöhrl. Im letzten Geschäftsjahr war der Umsatz auf 316 (Vorjahr 332) Millionen Euro gefallen. Als Ergebnis vor Zinsen und Steuern (Ebit) blieben nur noch 1,0 (6,4) Millionen.

Das Familienunternehmen hat an der Börse im Februar 2013 eine 30-Millionen-Anleihe mit einem Nominalzins von 6,5 Prozent platziert. Die Anleihe wird im Februar 2018 fällig. Bis Ende 2015 notierte das Papier stabil über 100. Gestern lag der Kurs bei 86, was eine Rendite von rund 20 Prozent bedeutet.

Werden die Gläubiger weiter planmäßig bedient? Sämtliche Zinszahlungen seien bisher pünktlich erfolgt, so das Unternehmen auf Kurier-Anfrage. „Aus heutiger Sicht sind auch die weiteren Zinszahlungen gesichert.“

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