Zahnarztpraxis in historischem Baudenkmal
Zu diesem sanierten, denkmalgeschützten Gebäude hat Weigel ebenfalls einen persönlichen Bezug. Denn darin sind die Räume der Zahnarztpraxis untergebracht, die er sich noch mit Sohn Moritz teilt. Als Finanzamt und Gericht ausgezogen waren, wurde das Baudenkmal mit der neugotischen Fassade aus dem 16./17. Jahrhundert die Thurnauer Polizeistation. Im Jahr 1961 wurde sie jedoch aufgelöst.
Genau geregelte Amtsgeschäfte
Das Doppelhaus im Oberen Markt 9 und 7 wurde auf den Fundamenten des sogenannten Teicherschen Hauses errichtet. Dem Thurnauer Amtsgerichtsbezirk gehörten damals 24 Gemeinden mit rund 9000 Einwohnern an. Über 20 Beamtenfamilien hatten ihren Wohnsitz in Thurnau, berichtet Lokalgeschichtekenner Adolf Häußinger. Rechtsstreitigkeiten unter Bürgern behandelte der Oberamtsrichter am Samstag, Strafsachen am letzten Donnerstag und Forstrügen am letzten Mittwoch des Monats. Zum Gericht gehörte ein Gefängnis, das im Volksmund Fronveste genannt wurde.
Bürger wehrten sich gegen Schließung
Dass das Gericht im Zuge einer Justizreform aufgelöst werden sollte, wurde 1924 bekannt und rief einen heftigen Proteststurm hervor. Dennoch waren der Verlust des Amtsgerichts samt Notariat und Grundbuchamt ab 1. Juli 1929 nicht aufzuhalten. In den 30er und 40er Jahren bis zum Ende des Zweiten Weltkriegs nutzte der Deutsche Frauenarbeitsdienst das Gebäude. Auf einer Schwarz-Weiß-Fotografie trägt es den Schriftzug "Führerschule der Gruppe Bayerische Ostmark". Weigel besitzt eine Reproduktion davon, weiß jedoch nicht, aus welchem Jahr die Aufnahme stammt. Eine andere Fotografie zeigt eine Gruppe Männer jeden Alters in Arbeitskleidung und einige wenige Frauen im Garten hinter dem Haus. "Das waren wohl Arbeiter", sagt Weigel, ohne deren Herkunft genauer zu kennen.
Verwilderten Garten neuangelegt
In den Garten gelangt man über das Obergeschoss. Er ist 250 Quadratmeter groß - und war wegen des Zugangs nicht ganz einfach anzulegen. "Er war verwildert und alles war voller Brombeergestrüpp", erinnert sich Weigel. Um nicht durchs Treppenhaus zu müssen, wurden die Materialien mit einer Seilwinde von der Sandsteinterasse nach oben befördert.
Immer irgendwie im Dienst
Als einziges Manko des Gebäudes fällt dem Zahnarzt die Verkehrslage ein. Denn die über das Pflaster rollenden Fahrzeuge hört man überall im Haus. Weil alle Wohnräume in Richtung Straße ausgerichtet sind. Übrigens hat er von da aus stets seine Praxis auf der anderen Straßenseite im Blick. "Ich bin also immer mit einem Fuß auf der Arbeit", sagt er schmunzelnd. "Selbst wenn ich nicht im Dienst bin, weiß jeder, wo meine Haustürklingel ist."