Auch Kennzeichnung bei den Bayreuther Stadtwerken "widersprüchlich" Etikettenschwindel beim Ökostrom?

Von Katharina Wojczenko
Ist Ökostrom drin, wo Ökostrom draufsteht? Zum Beispiel Strom aus dem Windpark Alladorf? Der Kunde wird dabei mitunter in die Irre geführt, kritisiert die Verbaucherzentrale. Symbol-Archivfoto: Ute Eschenbacher Foto: red

Wo Ökostrom drauf steht, ist Ökostrom drin? Stimmt nicht, sagen Verbraucherschützer. Die Angaben der Erzeuger seien teils irreführend - und trotzdem erlaubt, belegt eine Studie. Das gilt auch für die Bayreuther Stadtwerke, sagt Christian Maaß vom Hamburg Institut.

 
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Jedes Jahr zum 1. November müssen alle Stromanbieter angeben, aus welchen Quellen ihr Strom stammt. Bisher verstehe aber kaum ein Kunde das Wirrwarr von bunten Tortendiagrammen in der Stromrechnung, sagt Udo Sieverding, Energieexperte der Verbraucherzentrale Nordrhein-Westfalen. Die Verbraucherzentrale fordert deshalb eine klarere Kennzeichnung von Ökostrom.

Problem: Zwei Dinge werden vermischt

Das Problem der derzeitigen Kennzeichnung aus Sicht der Verbraucherzentrale: Sie vermischt zwei Dinge.

1. Der Strom-Mix des Anbieters

Erstens: Die EU verpflichtet den Anbieter auszuweisen, welche Anteile an Strom aus Atom, Kohle, Gas oder erneuerbaren Energien einkauft. In der Regel gibt er neben dieser Anbieter-Stromkennzeichnung für jeden Tarif eine Produkt-Stromkennzeichnung heraus. Damit der Kunde sieht, ob sein Anbieter überdurchschnittlich öko ist, muss er zudem den deutschen Strommix angeben.

2. Die EEG-Umlage

Zweitens: Der deutsche Gesetzgeber hat das damit verquickt, dem Verbraucher mitzuteilen, dass er mit jeder Rechnung automatisch die Erneuerbare-Energien-Umlage bezahlt. Mit dieser fördert er die Energiewende. Das hat aber überhaupt keinen Einfluss auf den Strom, den der Anbieter für den Kunden einkauft.

"Staatlich verordneter Etikettenschwindel"

„Die Umlage wird lediglich über die Stromrechnung abgerechnet“, schreibt der Ökostrom-Anbieter Lichtblick, der dazu beim Hamburg Institut eine Studie in Auftrag gegeben hat. „Genauso gut könnte der EEG-Beitrag auch separat über eine Steuer erhoben werden.“ Lichtblick spricht von „staatlich verordnetem Etikettenschwindel“.

Torten, die täuschen

Um diese zwei Dinge darzustellen – den realen Ökostromanteil und die fiktive finanzielle Belastung durch die Umlage – benutzen die Anbieter nämlich ein einziges Mittel: die Torte. Für den Kunden, der auf seine Rechnung blickt, schaut diese mitunter mehr öko aus, als sie ist.

46 EEG-Umlage ist bei Privathaushalten Pflicht

Denn bei einem normalen Haushaltskunden beträgt der fixe EEG-Anteil in der Rechnung bereits 46 Prozent. In der Ökostrom-Torte der Stadtwerke gibt es also zwei Farben: grün für die 46 Pflicht-Prozent „Erneuerbare Energien, gefördert nach dem Erneuerbare-Energien-Gesetz“ und blau für die 54 Prozent „Sonstige Erneuerbare Energien“.

Besonders krass: die Stadtwerke Schweinfurt

Ein besonders krasses Beispiel dafür, wie sich mit Hilfe der Kennzeichnung die Verbraucher täuschen lassen, sind die Stadtwerke Schweinfurt, sagt Sieverding dem Kurier. Diese werben damit, dass sie insgesamt 45,14 Prozent ihres Stroms Erneuerbare Energien gefördert nach dem EEG sind. Hinzu kommen 2,63 Prozent aus sonstigen Erneuerbaren Energien.

Die Stadtwerke lägen damit in Bezug auf Grünstrom über dem bundesweiten Durchschnitt von 31,8 Prozent, heißt es in einer Pressemitteilung. Was die Stadtwerke Schweinfurt nicht sagen: Im Deutschland-Schnitt wird der tatsächliche Ökostrom angegeben, nicht der EEG-Anteil. Mit 2,63 Prozent ist Schweinfurt also alles andere als besonders öko. „Das ist eine Frechheit“, sagt Sieverding.

Bayreuth: 100 Prozent Ökostrom doch nicht für alle

Was die Stadtwerke Bayreuth betrifft, findet Christian Maaß vom Hamburg Institut ebenfalls Angaben, die zumindest „widersprüchlich“ sind. Die Stadtwerke werben mit 100 Prozent Ökostrom „mit allen Stromtarifen automatisch und ohne Aufpreis“. In der Torte mit der Gesamtstromlieferung sind aber immer noch elf Prozent Kohlestrom sowie sechs aus Atom und zwei aus Erdgas verzeichnet.

Bayer: Manche Industriekunden wollen nicht öko zahlen

Stadtwerke-Chef Jürgen Bayer erklärt dies so: Die Stadtwerke haben zwei Kundengruppen: Haushalts- und Gewerbekunden, die grundsätzlich mit 100 Prozent Ökostrom beliefert werden. Und ein Teil der industriellen Kunden, die keinen Ökostrom kaufen wollen. „Ansonsten würden wir Gefahr laufen, den Kunden zu verlieren“, sagt Bayer. Was dazu kommt: Großkunden zahlen eine reduzierte EEG-Umlage von unter 46 Prozent.

„Grundlage für dieses Vorgehen sind die Verpflichtungen aus dem Energiewirtschaftsgesetz“, sagt Bayer. „Auch wir würden uns über eine klarere Kennzeichnung freuen. Vielleicht kann es auf anderem Weg gelingen, dem Kunden darzustellen, was die von ihm bezahlte EEG-Umlage im deutschen Strommix bewirkt hat.“

Die Studie schlägt eine Rechtsänderung und die Abbildung der EEG-Umlage an anderer Stelle vor. In die Rechnungen der Versorger sollten dagegen nur noch die realen Quellen.

Mit Material von dpa

Mehr zum Thema:

Hier ist die Studie.

Hier die Zusammenfassung von Lichtblick.

Hier sind die Torten der Bayreuther Stadtwerke

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