Verbot gefordert
2016 hat die Efsa dann eine erste überarbeitete Version der Empfehlung veröffentlicht, auf deren Basis die EU-Kommission vor knapp einem Jahr ein komplettes Freiland-Verbot vorgeschlagen hatte. Ein Bann von den Feldern, Gewächshäuser ausgenommen? Die EU-Staaten wollten für ihre Entscheidung darüber erst den fertigen Bericht abwarten.
Der liegt nun vor. Und die Reaktionen ließen nicht lange auf sich warten. Umweltschutzorganisationen forderten ein Verbot. Die Grünen ebenfalls: „Die Bienengifte müssen jetzt schleunigst vom Acker - der Frühling darf nicht noch stummer werden“, sagte deren Sprecher für Gentechnik- und Bioökonomiepolitik, Harald Ebner, der dpa.
Bundesumweltministerin Barbara Hendricks (SPD) forderte: „Die EU-Mitgliedstaaten sollten über so ein Verbot bald abstimmen, und die Bundesregierung muss dann Ja sagen.“ Sie gehe davon aus, dass das Ja des für die Abstimmung zuständigen Landwirtschaftsministers auch in einer künftigen Bundesregierung Bestand habe. Landwirtschaftsminister Christian Schmidt (CSU) hatte Anfang Dezember in der ARD-Talkshow „Hart aber fair“ gesagt: Wenn sich in der Efsa-Studie herausstelle, dass die Stoffe schädlich seien, „dann müssen sie komplett verboten werden“.
Chemieindustrie kontert
Kritik kam vom Neonicotinoid-Hersteller Bayer. Das Chemie- und Pharmaunternehmen teilte mit, man sei mit den Ergebnissen der Risikobewertung für die Wirkstoffe Imidacloprid und Clothianidin grundsätzlich nicht einverstanden. Die Schlussfolgerungen stünden im Widerspruch zu anderen umfassenden wissenschaftlichen Beurteilungen zur Bienengesundheit.
Mit dem Thema betraute Forscher beurteilen das anders. „Die Efsa gibt aus meiner Sicht die Datenlage der vertrauenswürdigen wissenschaftlichen Literatur ziemlich korrekt wieder“, sagte Randolf Menzel, Neurobiologe von der Freien Universität Berlin. Menzel hat fast sein ganzes Forscherleben Bienen und Hummeln gewidmet. „Diese drei Neonicotinoide sind in der Tat höchst gefährlich für die bestäubenden Insekten“, betonte der emeritierte Professor.
Menzel richtete einige kritische Worte Richtung Industrie. Mit dem Efsa-Report würden manche Berichte, die keine Effekte gefunden hatten, zurückgewiesen - „insbesondere solche, die mit Mitteln der Industrie durchgeführt wurden.“ Das sei ein „bemerkenswertes Ergebnis“, denn die Behörde sei nicht gerade dafür bekannt, besonders kritisch zu sein, wenn es um die Aussagen der Industrie gehe.
Am 22. März wird über Freiland-Verbot debattiert
Wirklich Neues liefert der Efsa-Report laut Alexandra-Maria Klein nicht. Er sei eine gut durchdachte und durchgeführte Zusammenfassung von Studien, alles sei kritisch diskutiert, erklärte die Professorin für Naturschutz und Landschaftsökologie der Universität Freiburg. Klein wies auf die Abhängigkeit der Landwirtschaft von Pestiziden hin und sieht möglichen Handlungsbedarf im Agrarbereich. „Wenn es durch diese und weitere Studien zu immer strikteren Verboten von Pestiziden kommt (...), dann muss die Landwirtschaft mit neuen Anbau- und Managementkonzepten antworten.“
Zunächst reden aber die Politiker in Brüssel. Auf Basis des Efsa-Berichts ist nach Angaben der EU-Kommission geplant, dass die Mitgliedsstaaten am 22. März über den Vorschlag des Freiland-Verbots diskutieren. Ob dabei schon eine Entscheidung fällt, ist unklar.