Von Bayreuth in die Republik
Was vor 12 Jahren mit zehn Mannschaften begann, ist eine echte Erfolgsgeschichte geworden. Der Name Wilde Liga ist längst ein geschützter Begriff. Sponsoren geben sich die Klinke in die Hand. Wer sich mit einem gelungenen Video bewirbt, dessen Spiel wird live ins Internet übertragen. Dazu gibt es Freibier, zum Saisonauftakt treffen sich Hunderte Menschen im Herzogkeller und einmal im Jahr wird auf einem richtigen Fußballplatz ein Pokalturnier ausgespielt. Längst werden Wilde Liga-Spiele nicht mehr nur in Bayreuth ausgefochten. Von hier aus hat Liebeton nur Anlauf genommen. Hat sich und seinen Traum von der Rückkehr zum nicht kommerziellen Fußball in vielen anderen Städten vorgestellt. Die Wilde Liga gibt es heute auch in Würzburg, Nürnberg und Erlangen. In weiteren Städten, darunter Ulm, Weimar, Passau und Augsburg ist der Spielbetrieb in Planung.
Pause!
Mit 1:0 für Rasenballküre geht es in die Pause. Die Fouls und der tiefe Rasen haben Wirkung gezeigt. Die, die führen, wollen jetzt aus Trotz noch einen Gang höher schalten. Die, die hinten liegen versprechen den baldigen Ausgleich. „Für die Stiftung und auf den Sieg“, sagt Torhüter „El Wago“ noch, aber es soll anders kommen. Nur Sekunden nach Wiederanpfiff schenken die Orangenen den Dunkelblauen das zweite Tor ein. Bierflaschen klirren, es wird angestoßen, Fahnen werden geschwenkt. Am Fangzaun hängen Werbebanner und die Wappen der Mannschaften. RB hat ein Maskottchen dabei. Freddy, eine Frau im Elchkostüm, die Räder schlagen und Handstände machen kann. Der Spielfeldrand ist mit losen Schuhen markiert. Eine Familie aus der benachbarten Siedlung ist auf das bunte Treiben aufmerksam geworden und zur 2. Halbzeit gekommen.
Wäre sie drei Wochen früher aufmerksam geworden, hätte sie mitspielen können. Denn das können beileibe nicht nur Studenten. Etwa jeder fünfte Kicker in der Wilden Liga ist berufstätig. Die Rasenballküre besteht größtenteils aus Juristen, die als Hilfswissenschaftler an der Uni ihr Geld verdienen. Matthias Liebeton, der selbst bei der Stiftung Wadentest gegen das Leder tritt, ist längst mit der Uni fertig, hat in Bayreuth Betriebswirtschaft studiert und als Werkstudent bei Maisels gejobbt. Mittlerweile hat er sich als Veranstalter von Sportereignissen in Nürnberg selbstständig gemacht. Liebeton nennt sich selbst einen leidenschaftlichen Fußballfan, dem Bundesliga und Champions-League aber eines Tages zu kommerziell geworden seien. Auf dem Bolzplatz, schwärmt Liebeton, könne man den Grundgedanken des Sports noch spüren.
Dann patzt der Torwart
Der Torwart von Rasenballküre kann ihn sogar schmecken. Bisher solide gehalten, landet er unsanft, lässt den Ball durch die Hosenträger rutschen und die Stiftung bejubelt den Anschlusstreffer. Dann kommt, was kommen muss: Ein langer Ball nach vorne, im Gewusel hält irgendwer das Bein dazwischen – drin. Einer der Zuschauer ist sich jetzt sicher, dass die zwei mal 30 Minuten Spielzeit dann auch vorbei sein müssten und die sechs Feldspieler auf beiden Seiten einigen sich darauf, es für heute beim Spielstand von 2:2 zu belassen. In wenigen Wochen sieht man sich zum Rückspiel schließlich wieder.
Wo, das entscheiden die Spielführer. Ein Spieltag dauert von Montag bis Samstag. Solange haben die Kapitäne Zeit, sich auf einen Tag, eine Zeit zwischen 17 und 20 Uhr und einen von 24 Bolzplätzen im Stadtgebiet zu einigen. Auf der Internetseite der Wilden Liga wird verzeichnet, wer wo antreten will. Wenn dort dann bereits andere kicken, hat die Wilde Liga keinen Vorrang. Auch dann gilt es, sich irgendwie zu einigen. Häufig sei das aber noch nicht vorgekommen. Die Bayreuther seien selten auf den Plätzen anzutreffen, heißt es.
Müll sammeln und Bier trinken
Es wird dunkel. Schnell noch ein paar gemeinsame Erinnerungsfotos geknipst, dann machen in beiden Mannschaften drei Liter fassende Weißbiergläser die Runde. Die Kapitäne gehen unterdessen den Platz ab, räumen Müll und Leergut zusammen. So gute Bolzplätze wie hier, gebe es schließlich sonst nirgends, sagt Liebeton. Auch deshalb sei Bayreuth als Keimzelle des Wilde-Liga-Projekts prädestiniert gewesen. Und das soll auch so bleiben.