Auch der Konzentrationsprozess in der Landwirtschaft trägt zum Obstbaumsterben bei. Oma und Opa sind vielfach die Einzigen, die für die Pflege der Bäume überhaupt Zeit haben. Außerdem sind Monokulturen wesentlich rationeller zu bearbeiten, Tafelobst wird daher meist nur noch für den Eigenbedarf geerntet. Schließlich ist im Rahmen der Globalisierung über relativ billige Transportwege Obst aus aller Herren Länder in die Regale der Supermärkte und Discounter gelangt. Und auch das Versaften von Apfel und Birne – früher einmal wesentliches Standbein des Streuobstbaus – rentiert sich unter rein ökonomischen Aspekten kaum.
Dabei geht es doch um so viel mehr als den Preis, wissen Fachleute: Es geht auch um Qualität, Geschmack, Lebensmittel aus der Region, Artenvielfalt, geringe Transportkosten, Klimaschutz. Seit Jahren kämpfen Naturschutzverbände und Streuobst-Initiativen gegen die Ignoranz der Verbraucher bezüglich des billigen Apfelsaftes an – mit nur bescheidenem Erfolg. Es mangelt vielerorts an einer konsequenten Marketingstrategie für das Streuobst.
Doch es gibt auch ermutigende Nachrichten. Nicht nur in Weidenberg haben sich Streuobstinitiativen gebildet und wurden Lehrpfade eingerichtet wie im Streuobstdorf Hausen in der Rhön oder in Tiefenthal im Landkreis Main-Spessart. Das Freilandmuseum Fladungen (Landkreis Rhön-Grabfeld) zeigt Interessenten im 1860 in Rothausen erbauten Dörrhäuschen, wie man die Zwetschgen, Äpfel und Birnen aus den üppig bestückten Streuobstwiesen des Museums haltbar macht. Bewusstsein für den Wert der Streuobstwiesen ist wichtig, und es gibt auch Erfolge, was die Wirtschaftlichkeit anbelangt. Mittlerweile stehen Geräte für das Abschütteln des Mostobstes und das Auflesen der Früchte zur Verfügung, die einen wirtschaftlichen Streuobstbau möglich machen. Durch den Anbau moderner Erntetechnik können wesentlich größere Mengen auf einmal angeliefert werden, was den Aufwand der Kelterei gegenüber sackweiser Anlieferung verringert und dem Lieferanten höhere Mostobstpreise sichert.
Der Markenpionier Bionade aus Ostheim vor der Rhön bietet seit einem Jahr „Bionade Streuobst“ an – in limitierter Auflage und ausschließlich im Biofachhandel. In Altenkunstadt (Landkreis Lichtenfels) ist ein „Saftmobil“ des Kreisverbandes für Gartenbau und Landespflege unterwegs. Und der Saft von Apfel-Grips in Weidenberg wird mittlerweile auch zu Apfel-Secco weiterverarbeitet – und neuerdings zu Hugo: mit Apfel-Secco und Holunderblüte.
- Wie prächtig so eine Streuobstwiese aussehen kann, hat Kurier-Leser Uwe Seidel in einem aufwändigen Panorama-Foto festgehalten. Chapeau, Herr Seidel!