Fremden beschreibt er seinen Job heute so: "Wir verknüpfen Business-Prozesse mit Daten, um daraus Mehrwerte zu generieren." Klingt sperrig, hat aber zahlreiche praktische Anwendungen. Ein Logistiker kann zum Beispiel seine Produktionsabläufe optimieren, wenn ein Data Scientist herausfindet, wo es noch hakt. Und ein Webmaster kann die Besucherströme auf seiner Seite besser lenken, wenn er weiß, was die Nutzer typischerweise wollen. Dazu kommen Jobs, die man zunächst eher in der Marktforschung vermuten würde. "Wir haben zum Beispiel mal eine Big-Data-Analyse für einen Nahrungsmittelhersteller gemacht", erzählt Bollhoefer. "Der wollte wissen, ob und wie er online im Bereich Kochen oder Rezepte erwähnt wird. Dafür muss man also eigentlich das ganze Internet absuchen - Rezeptplattformen, Blogs, Social Media und so weiter." Dafür ein funktionierendes Modell zu entwickeln, gehört für Data Scientists zum Alltag. Dafür braucht es Computerkenner - aber Fachwissen ist nicht alles, sagt Bollhoefer: "Für mich ist das immer erst einmal eine Typfrage. Man muss natürlich enormes technisches Verständnis mitbringen, aber auch Neugier und Offenheit für neue Technologien. Und man muss darüber erzählen können." Denn natürlich gehört die Präsentation der eigenen Ideen zum Job, genau wie das ständige Suchen nach neuen Ansätzen: "Bei uns im Team sind alle irgendwie kreativ, fotografieren zum Beispiel viel oder begeistern sich für Filme." Ähnlich sieht das Stephan Pfisterer, der beim IT-Verband Bitkom den Bereich Bildungspolitik und Arbeitsmarkt leitet: "Es ist kein reiner Informatikerjob. Data Scientists müssen zum Beispiel auch Diplomaten sein." Gerade in großen Unternehmen können die Erkenntnisse und Ideen aus den Datenbergen dafür sorgen, dass getrennte Unternehmensbereiche plötzlich zusammenarbeiten müssen oder sich Aufgabenfelder verändern. "Sich da durchzusetzen, gehört definitiv auch zu den erforderlichen Fähigkeiten", so Pfisterer. Bollhoefer geht davon aus, dass heute in Deutschland etwa 500 Data Scientists arbeiten, entweder bei großen Firmen oder als Freiberufler. Für Schulabgänger oder Studienanfänger, die sich heute für den Job interessieren, gibt es also noch reichlich Platz auf dem Arbeitsmarkt. Die Auswahl an Ausbildungsorten sei allerdings noch eher klein, sagt Pfisterer. Es gibt sie vor allem an privaten Hochschulen und außeruniversitären Forschungsinstituten, weniger an staatlichen Hochschulen. Das könnte sich in den kommenden Jahren aber ändern. Bereits jetzt gibt es entsprechende Bachelor- und Masterstudiengänge zum Beispiel in Dortmund, Magdeburg und Konstanz. Bei der Suche ist genaues Hinsehen gefragt: Längst nicht immer taucht der Begriff Data Scientist in der Beschreibung des Studienplatzes auf, häufig ist hier auch von Datenanalyse oder Datenwissenschaft die Rede. Ein genauer Blick in den Studienplan verrät aber meistens schnell, worauf der Schwerpunkt im Studium tatsächlich liegt. Deutlich größer ist das Studienangebot in den USA, wo der Begriff Data Scientist schon etwas länger bekannt ist. "Da muss man aber auch genau hingucken", sagt Pfisterer. "Oft ist das nur geringfügig angepasste Wirtschaftsinformatik." Das sei zwar für Data Scientists eine gute Grundlage. Nach Ansicht von Fraunhofer-Experte Mock gibt es aber schon ein paar Unterschiede zum klassischen Informatik-Studium: "Der Anteil an Statistik und Mathematik müsste in einer Ausbildung zum Data Scientist sicher größer sein." Jobs finden die Absolventen dann vermutlich vor allem bei großen Konzernen oder Unternehmensberatungen, sagt Pfisterer. "Dass ein kleiner Mittelständler mit 50 Angestellten einen eigenen Data Scientist beschäftigt, halte ich für unwahrscheinlich", sagt der Bitkom-Bereichsleiter. "Das hängt aber auch sehr vom jeweiligen Geschäftsfeld ab." dpa