Schwierige Suche nach Fachkräften
Das Geschäftsmodell funktioniere - auch wenn es „total schwierig“ sei, gutes Personal zu gewinnen, sagt sie. Von ihren 78 Angestellten seien rund 90 Prozent examinierte Pflegekräfte. Das Personal setze sie möglichst effektiv ein: in Wohngruppen. Für eine Einzelbetreuung rund um die Uhr bräuchte sie sie einschließlich Ausfallzeiten bei Urlaub und Krankheit 5,5 Pflegekräfte – mit dem gleichen Personalschlüssel könne sie in einer Wohngruppe zwei Intensivpatienten 24 Stunden am Tag betreuen.
Man kann in Ruhe pflegen
Cathrin Hofmann sagt, sie kann nicht mehr bezahlen als ein staatliches oder kommunales Krankenhaus, der Lohn werde ausgehandelt. Dass sie dennoch über viele Fachkräfte verfüge, sei vor allem eine Folge von Mund-zu-Mund-Propaganda. „Bei uns gibt es nicht die Hektik von Pflegestationen, man kann in Ruhe pflegen und ruhigen Gewissens nach Hause gehen.“
Betrug bei der Abrechnung
Abrechnungsbetrug, das Thema kenne sie aus ihrer AOK-Zeit. „Ich habe erlebt, dass Pflegedienste Leistungen abgerechnet haben, die in Wahrheit die Angehörigen erbracht hatten.“ Oft seien ihr die Hände gebunden gewesen, auch wenn sie gewusst habe, „dass da was nicht stimmen kann“. Die Kontrollen des Medizinischen Dienstes seien zu lasch. „Wenn einer betrügen will, dann kann er das.“ Schärfere Kontrollen in ihrer Branche würde sie sehr befürworten, auch weil schwarze Schafe den Ruf seriöser Anbieter beschädigten. Hofmann gehört zu den Gründungsmitgliedern des bundesweit tätigen ambulanten Intensivpflegeverbandes Deutschland mit Sitz in Berlin, der unter anderem auch Qualitätskontrollen bei seinen Mitgliedsunternehmen durchführe.
Billigkräfte aus dem Ausland
Eine frühere Mitarbeiterin eines konkurrierenden Intensivpflegedienstes (Name der Redaktion bekannt) sagt: „Der Preisdruck in der Branche ist extrem.“ Je größer das Unternehmen, desto teurer der Verwaltungsapparat. Fachkräfte seien schwer zu bekommen, die Versuchung sei groß, Billigkräfte aus dem Ausland zu holen, die dann zu schlechten Konditionen beschäftigt würden. Unter Umständen müssten die sogar ihre Deutschkurse selber bezahlen und arbeiteten für weniger als den Mindestlohn.
Die Gesundheitsministerin: Bayerns Gesundheitsministerin Melanie Huml (CSU) bleibt zu diesem Thema vage. Sie hat zwar eine Überarbeitung des Pflege und Wohnqualitätsgesetzes für den Beginn der nächsten Wahlperiode ab 2019 angekündigt. Intensiv-Pflege-WGs seien besonders im ländlichen Bereich eine „wichtige und geeignete Versorgungform“, wird Huml in einer Mitteilung zitiert. Aber Konkretes gibt es nicht: Das Ministerium prüfe gerade, ob bei den Qualitätskontrollen Änderungsbedarf bestehe, heißt es auf Anfrage. Die AOK, die die die Gelder der Versicherten ausbezahlt, würde bessere Kontrollmöglichkeiten ausdrücklich begrüßen.
Kommentar: Transparenz schaffen
Kontrollen im Pflegebereich sind eine zweischneidige Sache. Einerseits lähmen Bürokratie und Vorschriften schon jetzt die Pflegekräfte und rauben ihnen viel Zeit, die eigentlich den Patienten gehören sollte. Andererseits geht es um den Schutz der Patienten und viel Geld der Versicherten - darauf müssen Staat und Krankenkassen ein scharfes Auge. Der Boom der Pflegebranche lockt auch unseriöse Anbieter, denn hier ist durchaus Geld zu verdienen. In der Intensivpflege ist der Spagat zwischen Freiheit und Kontrolle besonders schwierig: Viele Patienten sind selber hilflos, leben aber in privaten Wohngruppen, in die Kontrolleure nicht einfach eindringen dürfen.
Wer nur nach dem Staat als Aufpasser ruft, macht es sich zu einfach. Angehörige von Patienten stehen in erster Linie selber in der Verantwortung, sich zu kümmern. Der Staat wiederum kann sich auch nicht rausreden, man könne ja nicht mehr machen. Das Mindeste, was er tun muss: Endlich mehr Transparenz schaffen und Versicherten ermöglichen, sich über die Qualität von Pflegeeinrichtungen im Internet zu informieren. Die bisherigen Pflegenoten jedenfalls taugen dazu nicht.
Peter Rauscher