Gustl Mollath dachte nicht daran, mit dem Gutachter zu sprechen
Als Alfred Huber (53) Gustl Mollath erlebte, fasste er einen Entschluss. Oder eher: einen Beschluss. Den seltsamen Mann, der ihm gerade einen 106 Seiten starken Ordner mit teils wirrem Inhalt auf den Richtertisch am Amtsgericht in Nürnberg gelegt hatte, der angeklagt war, weil er seine Frau misshandelt haben soll, diesen seltsamen Mann wollte er nicht verurteilen. „Ich hatte ernsthafte Zweifel.“ Denn im Raum stand eine zumindest eingeschränkte Schuldunfähigkeit, sagt der Jurist heute. Ansonsten wäre es „der einfache Weg“ gewesen, das Verfahren mit einem schnellen Urteil zu beenden. Doch als Richter musste er sogar helfen, musste Mollath vor einem falschen Urteil bewahren. Doch der dachte nicht daran, mit dem Gutachter zu sprechen. Seine Hilflosigkeit endete in Handschellen. Er wurde verhaftet. Und landete in der Psychiatrie, freigesprochen, aber zum psychisch Kranken verurteilt.
„Da hat er eine Weiche gestellt, die ich immer noch nicht nachvollziehen kann, aber das ist seine eigene Entscheidung.“ Immer noch versteht Mollaths Pflichtverteidiger Dolmany nicht, warum. Warum hat Mollath nie mit ihm gesprochen? Weil er ihn für einen hielt, der mit Staatsanwalt und Richter gemeinsame Sache macht. Das sei verständlich, aber hätte sich mit einem Gespräch ausräumen lassen, sagt Dolmany. „Ich würde neben dem Staatsanwalt sitzen? Gaga!“, sagt Dolmany. Hätte Mollath ihm gesagt, er wolle freigesprochen werden, „ich hätte es 100 Prozent versucht“. Stattdessen Schweigen. Und viele Briefe, auch solche mit Beleidigungen. Dolmany riet Mollath, der schon untergebracht war, doch mit den Ärzten zu reden. Nach sechs Monaten wäre er freigekommen. Doch Mollath sprach nicht. Nur in Gerichtssälen haben die beiden sich „höflich“ begrüßt und miteinander gesprochen, ganz kurz. Mehr nicht. So wie am Mittwoch im Landgericht Regensburg, als es um die Beschreibung des Gerichtssaales 619 in Nürnberg ging. „Da war die Anhörung, wo Sie nicht da waren“, giftete Mollath. Und Dolmany seufzte: „Sehen Sie, er macht einfach weiter.“ Und hilflos klangen beide.
Lesen Sie auch: