Wenn Omas das Jesuskind klauen

Von Andrea Pauly

Wenn sich an den Adventswochenenden oder nach Feierabend besonders viele Besucher auf den Weg zum Christkindlesmarkt machen, ist das für die Marktbeschicker nicht nur ein Grund zur Freude, sondern auch für erhöhte Aufmerksamkeit. Je voller es ist, desto größer ist die Gefahr, dass sich jemand an der Auslage bedient - oder am Geldbeutel der Besucher. Und die dreistesten Diebe sind manchmal die, die besonders harmlos wirken.

 
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"Man kriegt einen Blick dafür, wenn jemand etwas klauen will", sagt Iliane Ihl. Sie verkauft seit Jahren Schmuck und Papiersterne auf Märkten - auch in Bayreuth beim Christkindlesmarkt ist sie vertreten. "Gerade auf Weihnachtsmärkten ist das Gedränge oft größer." Und in diesem Gedränge versuche öfter mal jemand, einen Ring nach der Anprobe einfach nicht wieder abzunehmen und in der Tasche verschwinden zu lassen. Aber nur selten bliebe das unbemerkt.

"Ältere Damen sind am schlimmsten"

Brigitte Korn verkauft an ihrem Stand auf dem Christkindlesmarkt Krippenfiguren aus Holz. Und es sind ausgerechnet die harmlos wirkenden, freundlichen Omas, die gerne mal einen Hirten oder das Jesuskind in der Manteltasche verschwinden lassen, sagt Korn. "Ältere Damen sind am schlimmsten", sagt die Standbetreiberin. "Die erwische ich immer wieder." Wenn sie dann darauf verzichte, die Damen anzuzeigen, kämen diese zum Dank mit einer Schachtel Pralinen aus dem Kaufhaus gegenüber zurück. "Und dann frage ich mich: Haben sie die wohl bezahlt?"

Mehr Diebstähle als früher

Auch am Stand von Emil Nitzl, der Mützen und Handschuhe anbietet, kennen die Mitarbeiter die Tricks der unehrlichen Besucher mittlerweile. Der Klassiker sei es, wenn ein Kunde versuche, den Verkäufer abzulenken. Trotzdem werde heute mehr gestohlen als früher. Diebe nutzen es aus, wenn die Betreiber nicht alle Angebote ununterbrochen im Blick haben können. "Aber die Alternative wäre, weniger Ware auszustellen. Das müssen wir in Kauf nehmen."

Bisher keine größeren Einsätze in der Innenstadt

Die Polizei konzentriert sich während der Märkte vor allem auf die Kundschaft. Die städtische Polizei betreut den Christkindlesmarkt in Zusammenarbeit mit der Sicherheitswacht im Rahmen der üblichen Streifen. Der Markt laufe "relativ selbstständig", sagt Reinhard Eber, Sachbearbeiter für Ordnungs- und Schutzaufgaben, dem Kurier. Auch im Winterdorf seien bisher keine größeren Einsätze notwendig gewesen.

Bei unbeobachteten Taschen: Polizei anrufen

Besucher sollten sich aber nicht davor scheuen, die Beamten zu Hilfe zu rufen. "Wenn abgelegte Taschen oder Rucksäckenicht auffallen und nicht zuzuordnen sind, dann wäre es angebracht, die Polizei zu rufen", sagt er. Auch bei Schlägereien sei es richtig, die 110 zu wählen, wenn es zu Körperverletzungen komme.

Taschendiebe suchen das Gedränge

Adventsmärkte sind auch bei Taschendieben sehr beliebt. „Taschendiebe suchen die Enge, da bieten sich die Gänge zwischen den Buden auf dem Weihnachtsmarkt geradezu an“, erklärt Gerhard Klotter, Vorsitzender der Polizeilichen Kriminalprävention der Länder und des Bundes. "Einer lenkt das Opfer ab, der zweite stiehlt die Beute und gibt sie an einen Dritten weiter, der damit verschwindet." Werden die Diebe nicht auf frischer Tat ertappt, sind sie meist nur schwer ausfindig zu machen, "zumal die Opfer den Verlust meist erst spät bemerken und die Täter in vielen Fällen nicht beschreiben können“, sagt Klotter.

Professionell und international agierend

Taschendiebe sind oft professionelle, international agierende Täter, die grenzüberschreitend in ganz Europa aktiv sind. Manchmal lassen sie sich schon am typisch suchenden Blick erkennen: Sie meiden den direkten Blickkontakt zum Opfer und schauen eher nach der Beute, wie beispielsweise eine Hand- oder Umhängetasche. Beliebt ist  der Drängel-Trick, gerade in den engen Gassen zwischen den Weihnachtsmarktständen. Ein Dieb rückt unangenehm dicht an das Opfer heran, bis es sich ärgerlich abwendet und dadurch eine umgehängte Tasche oder die in der Manteltasche befindliche Geldbörse quasi „griffbereit“ anbietet. Innerhalb von wenigen Sekunden sind Brieftasche, Kreditkarten oder das Handy verschwunden.

Das Opfer mit Senf beschmieren

Eine weitere immer wieder erfolgreiche Masche der Diebe ist, die Kleidung des potenziellen Opfers mit Ketchup, Senf oder einer Flüssigkeit zu beschmutzen, um beim Abwischen vom Diebstahl der Wertsachen abzulenken. Laut Kriminalstatistik wurden im Jahr 2015 in Oberfranken insgesamt 242 Taschendiebstähle angezeigt, das entspricht etwa dem Vorjahresniveau. Im vergangenen Jahr  entstand dadurch ein Schaden von gut 75.500 Euro (2014: 67.500 Euro).  

Das rät die Polizei

- Nur so viel Bargeld zum Weihnachtsmarkt mitnehmen, wie auch benötigt wird.

- Geld, Zahlungskarten, Papiere und andere Wertgegenstände immer in verschiedenen verschlossenen Innentaschen der Kleidung und möglichst dicht am Körper tragen.

- Hand- und Umhängetaschen immer mit dem Verschluss zum Körper tragen.

- Taschen und Jacken niemals unbeaufsichtigt lassen.

-  Im Gedränge verstärkt auf die Wertsachen achten und misstrauisch werden, wenn jemand rempelt.

- Geheimnummer niemals im Portemonnaie und schon gar nicht auf der Zahlungskarte notieren.

- Wenn es doch zum Diebstahl gekommen ist, den Vorfall der Polizei melden, Zahlungskarten sofort telefonisch über den die bundesweite Telefonnummer 116116 sperren lassen.

Weitere Informationen gibt es auf der Klappkarte „Schlauer gegen Klauer!“ mit Piktogrammen und einem Notfallpass zum Heraustrennen mit allen wichtigen Telefon- und Sperrnummern von Debit- und Kreditkarten. Dazu gehört auch eine Checkliste mit Sofortmaßnahmen für Opfer und Zeugen, damit diese nach einem Diebstahl richtig reagieren können. 

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