Elfjähriger Aktivitätszyklus
Die Sonne durchläuft regelmäßig einen etwa elfjährigen Aktivitätszyklus, in dem sich Zeiten hoher Sonnenaktivität mit Phasen geringer Aktivität abwechseln. In ausgedehnten Aktivitätsminima wie dem Maunder-Minimum verharrte die Sonnenaktivität Jahrzehnte auf niedrigem Niveau.
„Der aktuelle Sonnenzyklus ist ein sehr schwacher, man muss fast 100 Jahre zurückblicken, um so einen schwachen Zyklus zu finden“, berichtet Solanki. „Danach folgte damals allerdings direkt ein sehr starker Zyklus. Man kann auf dieser Grundlage also keine Prognose machen.“
Verbesserte Einblicke erhoffen sich die Physiker unter anderem vom Satelliten „Solar Orbiter“ der europäischen Raumfahrtagentur Esa, der erstmals auch die Pole der Sonne beobachten soll, die für das solare Magnetfeld und damit für die Aktivität unseres Sterns von zentraler Bedeutung sind. Zu dem Satelliten, der nach derzeitigem Plan im Februar 2019 starten soll, steuert das Göttinger Institut eines der Hauptinstrumente bei.
Andere Sterne angeschaut
Um abschätzen zu können, wie viel schwächer die Sonne in einem großen Minimum strahlt, haben Lubin und seine Kollegen sich mehr als 30 andere Sterne angeschaut, die der Sonne ähneln und die sich gerade in einem ausgedehnten Aktivitätsminimum befinden. Ergebnis: Die Forscher erwarten, dass die ultraviolette (UV) Strahlung der Sonne um etwa sieben Prozent zurückgeht, wie sie im Fachblatt „Astrophysical Journal Letters“ berichtet haben.
„Wir haben jetzt einen Orientierungswert, mit dem wir bessere Klima-Modellrechnungen machen können“, erläutert Lubin. „Somit erhalten wir eine bessere Vorstellung, wie Änderungen in der solaren UV-Strahlung den Klimawandel beeinflussen.“
Die Änderung in der gesamten Sonnenstrahlung wäre viel kleiner als im UV-Bereich. Aber: „Die UV-Strahlung spielt eine Schlüsselrolle für das Klima, da sie nicht nur weitgehend in der Atmosphäre geschluckt wird, sondern auch für die Atmosphärenchemie ein entscheidender Faktor ist“, erläutert Solanki, der nicht an der Untersuchung beteiligt war.
Menschliche Eingriffe deutlich stärker
Wie stark das Maunder-Minimums - benannt nach dem britischen Astronomenpaar Annie und Edward Walter Maunder - im 17. Jahrhundert zur ohnehin bereits herrschenden „kleinen Eiszeit“ beigetragen hat, ist unter Forschern umstritten. „Wenn über viele Jahrzehnte eine geringere Sonnenaktivität herrscht, kann sich dieser Effekt durchaus zu messbaren Auswirkungen ansammeln“, sagt der Helioseismologe Markus Roth vom Kiepenheuer-Institut für Sonnenphysik in Freiburg. Die Eingriffe des Menschen ins Klimasystem seien jedoch deutlich stärker.
Entsprechend würde es auch durch ein erneutes Maunder-Minimum heute nicht kühler, erläutert die Scripps Institution mit Verweis auf eine entsprechende Simulation. Demnach könnte die globale Durchschnittstemperatur am Boden zunächst um „bis zu einige Zehntel Grad“ sinken, werde aber zum Ende des Minimums den bei normaler Sonnenaktivität erreichten Wert wieder nahezu einholen. „Der Einfluss der Sonne aufs Klima wird immer kleiner und unbedeutender gegenüber dem des Menschen“, betont auch Solanki.
Schonzeit für Satelliten und Astronauten
Einen Vorteil hat eine niedrige Sonnenaktivität: Sie schont Satelliten und Astronauten im Erdorbit. „In Zeiten des Aktivitätsmaximums der Sonne ereignen sich mehr Sonnenstürme, die Einfluss haben auf unsere Technologie im Weltall“, erläutert Roth. Die Sonne sendet einen beständigen Strom elektrisch geladener, subatomarer Teilchen ins All, die als Sonnenwind bezeichnet werden.
Durch Ausbrüche auf der Sonne kann sich dieser Wind zu einem Sturm entwickeln, der nicht nur Satelliten und Astronauten gefährdet, sondern auch Navigation, Flug- und Funkverkehr sowie Stromnetze beeinträchtigen kann. „Wir hatten im 20. Jahrhundert ein ausgeprägtes Maximum der Sonnenaktivität. Jetzt kehrt die Sonne eher in ihre gemütliche Phase zurück“, sagt Roth.
Der deutsche Astronaut Alexander Gerst und seine Kollegen können also in dieser Hinsicht relativ entspannt zur Internationalen Raumstation ISS fliegen.