Wenn der November depressiv macht

Von Peter Rauscher
Behandelt Depressionspatienten: Dr. Johannes Kornacher. Foto: Andreas Harbach Foto: red

Die Tage sind grau und trüb, das Totengedenken prägt den November. Diese Stimmung drückt manche Menschen nieder. Dr. Johannes Kornacher, Leitender Oberarzt am Depressionszentrum Bayreuth, erklärt den Unterschied zwischen jahreszeitlicher und schwerer Depression.

 
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November und Dezember gelten als Hochsaison für Depressionserkrankungen. Woran liegt das?

Johannes Kornacher: Es gibt tatsächlich so genannte Winterdepressionen. Das ist aber nur ein kleiner Teil der Erkrankungen. Für den größeren Teil, vor allem die schweren Depressionen, gibt es keine jahreszeitlichen Schwankungen. Die Winterdepressionen sind Sonderformen, die oft einen leichteren Verlauf nehmen. Diese Form der Depression wird durch Lichtmangel verursacht.

 

Woran merkt man selber und woran merken andere Personen, ob man es mit einer jahreszeitlich bedingten oder einer schweren Depression zu tun hat?

Kornacher: Leichtere Depressionen, die nur in der dunklen Jahreszeit auftreten und im Sommer wieder spontan abklingen, sind sicherlich jahreszeitlich bedingt. Depressionen, die ausschließlich auf Lichtmangel zurückzuführen sind, können oft gut mit einem geeigneten Lichttherapiegerät behandelt werden. Grundsätzlich merkt man bei allen Formen der Depression oft selbst nicht, wenn die Erkrankung entsteht und vielfach schleichend fortschreitet. Für Außenstehende ist das schwere seelische Leiden der Krankheit meist nicht zu erkennen oder nachvollziehbar. Eine schwere Depression hat ausgeprägtere Symptome und ist oft mit tiefgreifenden Einschränkungen verbunden. Bei einer schweren Depression, selbst wenn sie durch jahreszeitliche Einflüsse verstärkt wird, reicht Lichttherapie nicht aus. Dann bedarf es der Psychotherapie, der medikamentösen Behandlung oder einer Kombination aus beidem.

 

Was können Außenstehende tun, wenn ein nahestehender an Depression erkrankter Mensch nicht zum Arzt gehen will?

Kornacher: Gegen den Willen des Betroffenen kann man nur dann eine Behandlung einleiten, wenn schwere gesundheitliche Schäden oder Suizid drohen. Das ist aber nicht der Regelfall. Grundsätzlich sollte man Erkrankte, die noch nicht behandlungsbereit sind, unterstützen. Man sollte Verständnis für die Erkrankung zeigen und den Betroffenen begleiten. Man sollte keinen Druck ausüben und den Erkrankten nicht beschämen, sondern sagen: Ich denke, du bist krank und bräuchtest mehr als nur mein Verständnis. Man sollte signalisieren: Ich bin für dich da. Oft wollen die Betroffenen nicht wahrhaben, dass sie krank sind. Hier sollte man eine entschiedene Position einnehmen und zum Beispiel sagen: Ich denke, durch die Erkrankung ist dein Verhalten so verändert, dass du dir gerade schadest.

 

Info: Bei der AOK-Kinotour wird an diesem Mittwoch um 19.30 Uhr im Cineplex in Bayreuth der Dokumentarfilm „Die Mitte der Nacht ist der Anfang vom Tag“ über zwei Depressionskranke gezeigt. Der Eintritt ist frei. Im Anschluss stehen Dr. Kornacher, Claudia Friedel von der Selbsthilfe-Unterstützungsstelle und der Ex-Betroffene Oliver Altendorf für ein Gespräch zur Verfügung.

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