In Oberfranken geben immer mehr Landwirte auf Wenn das Konto des Bauern überzogen ist

Von Elmar Schatz
Foto: dpa Foto: red

Viele Landwirte sind in Zahlungsnot, "die Girokonten sind überzogen", so Bauernverbandssprecher Dieter Heberlein (Bamberg) - der befürchtet, dass sich das Höfesterben in Oberfranken beschleunigen wird. Fast jeder dritte Bauernhof in Deutschland ist in den vergangenen Jahren aufgegeben worden.

 
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Bundesweit hat fast jeder dritte Bauer aufgehört; die Zahl der landwirtschaftlichen Betriebe sank zwischen 2003 und 2013 um knapp 31 Prozent auf 285 000, wie das EU-Statistikamt in Luxemburg mitteilte.

In Oberfranken war der Rückgang im Zeitraum von 2010 bis 2013 in der Region Forchheim am höchsten, mit minus 8,6 Prozent auf 1571 Betriebe. Und in der Region Kulmbach mit minus 7,4 Prozent auf 850 Betriebe. In der Region Bayreuth waren es 5,7 Prozent weniger (noch 1772 Betriebe).

Heberlein sagt, eine Reihe von Betrieben sei in Geldnot. Am Ende des Jahres warteten die Landwirte stets auf die Betriebsprämie von 300 Euro je Hektar, die aus EU-Subventionen gezahlt wird.

Sollte diese Prämie weiter gekürzt werden - Bestrebungen dafür gibt es -, dann „können wir mit unseren hohen Produktionskoten nicht mehr mithalten“, so Heberlein.

Erlöse aus Viehverkauf um 30 Prozent eingebrochen

Die Erlöse aus dem Viehverkauf seien um 30 Prozent gesunken - bei gleichgebliebenen Kosten. Bauern mit hohen Schulden müssen zudem die entsprechenden Zins- und Tilgungszahlungen  aufbringen.

Viele bauten auf das Liquiditätsprogramm mit Sonderdarlehen für vier bis sechs Jahre. "Verschuldete schieben ihre Misere damit aber nur in die Zukunft", so Heberlein: „Wir brauchen eine Stabilisierung der Marktpreise.“

Aber werden denn bei rund einer Million Flüchtlingen in diesem Jahr in Deutschland nicht deutlich mehr Nahrungsmittel konsumiert? Heberlein schränkt ein: "Muslime dürfen kein Schweinefleisch essen, und sie haben vermutlich nicht das Geld für das teurere Rindfleisch."

Landwirtschaft - ein "teurer Luxus"

„Der Strukturwandel wird noch schneller, getrieben durch die schlechten Schweine- und Milchpreise“, so Heberlein. Bislang investierten viele Nebenerwerbsbauern ihr außerhalb der Landwirtschaft verdientes Geld in den Hof, das wolle die junge Generation nicht mehr tun. Der Nachwuchs empfinde diese Art von Landwirtschaft als „zu teures Hobby“.

Junge Frauen machen nicht mehr mit

Vor allem die jungen Frauen machten da nicht mehr mit. Sie seien gut ausgebildet und nicht bereit, um fünf Uhr früh aufzustehen, um die Kühe zu melken, dann auf ihre Arbeit zu gehen, um am Abend noch einmal Stallarbeit zu leisten. So werde die Viehhaltung bei kleineren Betrieben wohl überall auslaufen.

Kleine katholische und große evangelische Höfe

Heberlein macht auf einen Unterschied aufmerksam: In katholisch geprägten Gegenden wie Bamberg, Forchheim oder Teilen des Kreises Bayreuth seien die Bauernhöfe oft klein und kaum überlebensfähig, in evangelisch dominierten Regionen wie Coburg oder Teilen des Kreises Kulmbach deutlich größer.

Der Grund sei die Realteilung unter den Nachkommen bei Katholiken und das ungeschmälerte Vererben des kompletten Betrieben an einen Hoferben bei den Protestanten. Zudem habe die Flurbereinigung in evangelischen Gebieten oft besser funktioniert.

Der Bauernverbandssprecher nennt noch ein anderes Problem: Nicht wenige Betriebe seien schnell gewachsen, besäßen jedoch nur wenig eigenes Land. Die hätten zum Beispiel auch hundert Hektar, zum größten Teil jedoch gepachtete Flächen.

Die Landwirte mit viel eigenem Bestand seien nicht dem starken Rückgang unterworfen wie Bauern mit wenig Eigentum. „Umfangreiche Feldstückgrößen sind ein großer Vorteil“, erklärt Heberlein.

Er geht davon aus, dass die Landwirtschaft in sogenannten Gunstlagen noch intensiver betrieben werden wird, weil dort auf besseren Böden bei weniger Aufwand höhere Erträge erwirtschaftet werden können.

Die Landwirte in der Bamberger Gegend hätten zudem einen Vorteil, ihre Erzeugnisse der Vermarktung zuzuführen, weil der Hafen in der Nähe liegt. Dort kann Getreide aufs Schiff verladen werden,  Kunstdünger wird auf dem Wasserweg herangebracht. Bauern in der Umgebung von Hof hätten es schwerer, ihre Produkte zu den Märkten zu schaffen.

Die überlebenden Höfe in Deutschland werden immer größer: Die durchschnittliche Fläche pro Betrieb wuchs von 41,2 auf 58,6 Hektar.

Viele Bauern in Europa sind vergleichsweise alt, wie aus der Statistik weiter hervorgeht. Gut 31 Prozent der Betriebsleiter seien 65 Jahre und älter.

Unter 35 Jahre sind demnach nur sechs Prozent der Betriebsleiter. In Deutschland lag die Zahl der über 65-Jährigen bei nur 6,5 Prozent. Im Gegenzug waren es bei den sehr jungen Betriebsleitern hierzulande 2013 knapp sieben Prozent und damit etwas mehr als im europäischen Durchschnitt.

Gemessen an der landwirtschaftlichen Fläche in der gesamten EU beträgt Deutschlands Anteil laut Eurostat knapp ein Zehntel. Europaweit gab es demnach 2013 rund 10,8 Millionen landwirtschaftliche Betriebe, die fast 175 Millionen Hektar Boden bewirtschafteten.

Große Betriebe gibt es in der Tschechischen Republik. Dort bewirtschaftete ein Hof im Stichjahr 2013 durchschnittlich 133 Hektar. In Großbritannien waren es rund 94 Hektar. Kleinere Höfe sind demnach zum Beispiel für die Mittelmeerländer Malta, Zypern und Griechenland typisch; in Griechenland etwa betrug die Durchschnittsgröße nur 6,8 Hektar.                                                                               afp

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