Weißbierfest mit Alphaville und Nena

Von Wolfgang Karl (Text) und Peter Kolb (Foto

Der Samstag lockt am Maisels Weißbierfest auch 2017 mit echten Stars früherer Tage. Ein Abend, an dem trotz Bierfestes echte Konzertstimmung aufkommt – was nicht zuletzt an zwei junggebliebenen Bands liegt.

 
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Die Vorfreude auf die Bands steigt bei den Besuchern mit jedem Bier. Fans der 80er gibt es hier, optisch und gefühlt, ja genug. Die sollen heute voll auf ihre Kosten kommen:

Alphaville eröffnen den Abend. Die Herren um Marian Gold sind sichtlich in die Jahre gekommen, was witzig ist, heißt ihr bekanntestes Lied doch „Forever young“. Sonst scheint sich nicht viel geändert zu haben: Sie werden gefeiert wie vor dreißig Jahren – nur, dass statt Feuerzeugen die Smartphones in den Händen leuchten.

Auf ewig jung

Die Band hüpft und springt wie in jungen Tagen, fühlt sich immer noch „Big in Japan“ und das Publikum fühlt sich wohl. Der Höhepunkt des Auftritts ist natürlich „Forever young“. Das Lied kennen Jung und Alt. Erstaunlich dabei die Textsicherheit der Generation Y.  Bei geschätzt 2000 Leuten singen da gut 8000 Weizen (grob geschätzt) selig strahlend zusammen mit Sänger Marian Gold.

An dieser Stelle fällt einem auf, dass wieder erwarten keine Bierzelt-Atmosphäre im Publikum herrscht. Das Publikum freut sich und feiert genauso, als ob es die Karten teuer im Vorverkauf erworben hätte. Echte Konzert-Stimmung mit Weißbier in der Hand. Schön.

Bis zum Rotmaincenter

Wer zu diesem Zeitpunkt noch kein Weizen hat, steht wahrscheinlich draußen an: Die Schlange vor dem Einlass zieht sich zwischendurch vom Brauereigelände bis ans Rotmaincenter vor. Der großartigen Stimmung tut das keinen Abbruch: „Herrlich, wenn man mal wieder die Lieder von früher hört“, ist ein Satz, den man öfter aufschnappen kann.

Es ist schon eine Besonderheit des Weißbierfestes, dass hier nicht nur Coverbands spielen, sondern die Original-Interpreten. Ist bei Alphaville noch gutes Reinkommen in die Halle, hört das vor Nena schon auf. Die Leute drängen sich an den Eingängen, teilweise nur, um ein Foto machen zu können.

Man ist bei Nena

Drin herrscht Schwitzbude, verzücktes Mitsingen, Bewegungsnot – und richtig gute Stimmung. Wieviele Menschen es jetzt sind, lässt sich nicht mehr abschätzen. Man drängt, man schiebt. Wer sich seines Platzes behaupten kann, jubelt. Nena packt die Gitarre aus und spielt ihre neuen Stücke. Kaum einer singt bei diesen mit, aber das interessiert auch niemanden: Man ist bei Nena. Man hat sie gesehen. Das zählt. Ein verschwitztes Erlebnis.

Bei den Klassikern aber explodiert die Halle: Nena singt nur in Klavier- und Schlagzeug-Begleitung, der übrige Sound kommt vom Publikum: „ich lass dich nieeee mehr alleineee, das ist dir hoffentlich klar!“ Hände hoch, mitgeklatscht, „ahhhh ah a“. Jubel. Wer die Hits hat, hat das Lachen. Wer noch sein Weizen hat, ist offenbar nüchtern genug. Es lässt uns hier nie alleine. Das ist uns – hoffentlich – klar.

Die Zukunft der Vergangenheit

Zum Solo von „Leuchtturm“ erklingt noch das Riff von „Jumpin`Jack flash“ dazu. OK. Passt erstaunlicherweise sogar. Was auf der Bühne passiert ist großes Entertainment: Eine Band mit Frontdame, alle in gesetztem Alter, wirken jünger als manch ein Vertreter meiner Generation. Fantastische Fitness, hohe Professionalität, aber eben auch über die Jahre unverändert gutes Songwriting. „Wir sind die Zukunft der Vergangenheit“, ist eine Textzeile, die diesen Kontrast gut aufklärt.

Der Weizenfaktor (Weizen pro Kopf) ist bis zum Ende des Konzerts spürbar gestiegen. Die Stimmung gleicht einer Oldie-Party – und passt damit perfekt zu einem Lied, das als Protestsong geplant war, aber zur Hymne einer Generation wurde: „99 Luftballons“ fliegen für uns durch die Nacht. Die Probleme des Alltags sind vergessen, spätestens jetzt. Der Rest ist Feiern. Man baut sich Schlösser aus Sand und genießt einen Abend, der mit Nena ganz unironisch wundervoll ausklingt.

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