Was ist eigentlich «typisch fränkisch»?

Von Christiane Gläser,
Seit Samstag mit dem Frankenwürfel ausgezeichnet: Nora Gomringer. Foto: red Foto: red

Seit mehr als 30 Jahren bekommen jährlich drei Menschen von den fränkischen Regierungspräsidenten einen kleinen Würfel. Dieser extravagante Preis soll zeigen, dass der Ausgezeichnete ein klasse Franke ist. Aber was ist für den Franken eigentlich typisch?

 
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Die Franken gelten für Auswärtige gern als sonderbares Völkchen. Und sie legen Wert auf ihre Identität. So begehen sie ganz offiziell einmal im Jahr den «Tag der Franken», bei dem Bayerns Ministerpräsident meist ein Loblied auf die Ober-, Unter- und Mittelfranken singt. Außerdem gibt es eine Auszeichnung der Franken, die nur Menschen bekommen, die als typisch fränkisch gelten - den Frankenwürfel.

Notgedrungen Weltoffen

Am Samstag gingen die kleinen Porzellanwürfel an Poetry-Slammerin und Kulturdirektorin Nora Gomringer aus Oberfranken, Bezirksheimatpflegerin Andrea Kluxen aus Mittelfranken und das Kabarettisten-Duo Gerlinde Heßler und Werner Hofmann aus Unterfranken. Im Rahmen eines traditionellen Gansessens im unterfränkischen Sonderhofen (Landkreis Würzburg) wurden die undotierten Preise zum bereits 33. Mal verliehen. Aber was ist «typisch fränkisch»?

Klaus Reder ist Heimatpfleger beim Bezirk Unterfranken. Er ist davon überzeugt, dass die Franken entgegen aller Vorurteile innovativ, weltoffen und integrativ sind. «Vielleicht auch notgedrungen», sagt der promovierte Historiker und Volkskundler. Das liege in der langen Geschichte der Region begründet. «Durch die ständige Grenz- und Durchgangslage und auch durch die Bereitschaft, Fremde mit offenen Armen aufzunehmen, ist die Identität der Franken zusammengewürfelt.» Heimatvertriebene und Glaubensflüchtlinge seien in Franken immer präsent gewesen, zum Beispiel die jüdische Landbevölkerung, die nirgendwo sonst in Europa so dicht besiedelt hat wie in Franken.

Wissbegierig und lernbereit

Davon habe die Region profitiert. «Die Franken waren deshalb immer offen für Innovation und verrückte Ideen. Sie sind wissbegierig, offen und wollen lernen.» Als Beispiel dafür nennt er den «exorbitant hohen» Erfindergeist in Nordbayern. So sei der Erfinder der Jeans, Levi Strauss, bei Bamberg geboren.

Die Investmentbank Lehman Brothers wurde von einem unterfränkischen Brüder-Trio gegründet. Das weltweit beliebte Playmobil-Spielzeug kommt aus Mittelfranken. In der Rhön gebe es Weltmarktführer, ohne die so manche Produktionsstraße nicht laufen würde. Die Liste sei beliebig erweiterbar.

Eigensinnig, stur und unkommunikativ

Der Franke sei außerdem überaus gesellig und möge spontane Zusammentreffen. Ein Beispiel dafür sei der Brückenschoppen auf der Alten Mainbrücke in Würzburg. Zudem hätten Kabarettisten wie Urban Priol und Frank-Markus Barwasser («Erwin Pelzig») sowie die Vertreter der Fränkischen Fastnacht auch der Präsenz der fränkischen Sprache einen überregionalen Schub gegeben.

Ja, es gebe die Vorurteile, dass der Franke eigensinnig, stur und nicht kommunikativ sei. «Aber das kann man letztlich von jedem sagen», sagt Reder dazu. Der Franke an sich ist für Reder deshalb vor allem einer, der über den Tellerrand schaut und sich inspirieren lässt - in welchem Bereich auch immer. «Und nicht ,Mia san Mia'. Sie sind deshalb nicht die besseren Bayern. Sondern einfach andere Bayern.»

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