Janowski erinnert an Petrenko
Nur: Bis dahin sind viele Stunden vergangen, von denen man jede Minute einzeln spürt. Mag sein, dass das Konzept ist - eine Anschaulichmachung der bleiernen Zeit, die überwunden werden muss. Allein: Für die Oper wäre dieser Theatertrick ein bisschen zu billig. Aber in der Kunst, Regie zu führen ohne Regie zu führen, macht Castorf niemand so leicht etwas vor. Da ist dieser „Ring“, und gerade die „Walküre“, ein Musterbeispiel.
Marek Janowski, nach Hartmut Haenchen in dieser Saison schon der zweite in Bayreuth debütierende Wagner-Altmeister, beginnt den Abend mit einer kleinen musikalischen Klarstellung. Kirill Petrenko hatte das Vorspiel in den vergangenen Spielzeiten als impressionistisches Gewitter dirigiert, der pulsierende Rhythmus entstand viel mehr aus dem Laut-Leise-Wechseln in den Streichern als durch den rastlosen Basslauf. Und Janowski, dieses Jahr, macht es beinahe genauso. Natürlich sind die Kanten der Töne nicht so schroff und die Bläserklänge gedämpfter, aber die Aussage ist unüberhörbar: So verschieden sind wir gar nicht.
Bühne und Orchester stimmen sich besser ab
Das zeigt sich auch in der Todesverkündung im zweiten und bei Wotans Abschied im dritten Akt. Andererseits zeigt Janowski schon wenige Takte nach dem Vorspiel, im schwelgerischen Cello-Solo bei der ersten Begegnung des Wälsungenpaars, seinen eigenen Kopf - und die Entschlossenheit zum vorbehaltlosen, fein nuancierten Schwelgen: Petrenko ist vorbei, jetzt weht ein anderer Wind, meist sanft, aber mit heftigen Böen. Und, anders als am Vortrag, weht er nun tatsächlich.
Den Sängern weht dieser Wind meist durchaus aus günstiger Richtung. Die Abstimmung zwischen Bühne und Orchestergraben klappt besser als im „Rheingold“, es sind nicht mehr viele Einsätze, die bedenklich wackeln, allerdings verrutschen nach wie vor viele Töne leicht zwischen den Notenlinien.
Ein guter Abend - mit Luft nach oben
Wotan John Lundgren gelingen zwei souveräne Aufzüge, Fricka Sarah Connolly blüht nach mattem Vorabend nun stimmlich auf. Christopher Ventris ist ein starker Siegmund, Heidi Melton als kurzfristig eingewechselte Sieglinde kommt gut durch den Abend, flackert in der Höhe jedoch bedrohlich. Die beiden Glanzlichter: Catherine Fosters Brünnhilde und Georg Zeppenfeld als Hunding.
Ein guter Abend also, das schon. Aber auch der zweite „Ring“-Teil ist nicht nur geeignet, Lust auf den dritten zu machen. Sondern auch die Vorfreude zu nähren auf die erste wirklich runde Aufführung der Saison.
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