Interview mit dem Pegnitzer Jakob Bauer Pegnitz: So wird Waldstock 2015

 Foto: red

Waldstock rückt wieder näher. Am zweiten Juliwochenende, am 10. und 11., steigt die 22. Auflage dieses „Woodstock“ im Kleinformat. Wer tritt auf, wie sieht es in der Vorbereitungsphase hinter den Kulissen aus? Zweiter Vorstand Jakob Bauer, der die künstlerische Leitung hat, gibt Antworten.

 
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Der Buschfunk meldet, dass sie gute Bands eingekauft haben. Wer kommt?
Jakob Bauer: Der Buschfunk liegt richtig. Wir haben wieder Bands aus aller Welt, diesmal sogar aus Australien. Das sind die „Puta Madre Brothers“. Die sind mit unsere größten Hingucker dieses Jahr. Mit Alex Banks aus Großbritannien haben wir aber auch experimentelle elektronische Musik am Start. Als Headliner spielen die belgischen Blues-Recken „The Sore Losers“. Was die an Blues-Garage-Rock raushaun, ist brutal stark. Also, da denkt man gar nicht an Retro-Sound oder so. Das ist einfach so in der Jetztzeit, dass es echt jeden umhaut. Außerdem haben wir am frühen Abend noch die wunderbaren Disco-Rocker „Pollyester“ aus München und „The Wave Pictures“ aus England. Die sind so, wie man sich eine Indieband wünscht: unkompliziert, innovativ, liebenswert. Und mit „The Rolling Chocolates“ aus Bayreuth, „William’s Orbit“ aus Weiden und „van hazy“ aus Bamberg haben wir auch für Lokalkolorit gesorgt. Superbands!

Wie sieht das Vorprogramm am Freitag aus?
Bauer: Vorprogramm nennen wir das nicht mehr. Das ist schon ein fester Bestandteil. Wir geben uns da genauso viel Mühe wie am Samstag. Musikalisch haben wir uns wieder in Richtung Liedermacher umgeschaut und da Wunderbares gefunden. Aus London kommt Merz, der in den 90ern schon auf dem Glastonbury gespielt hat; aus Nürnberg die Indie-Folker „The Apartment Orchestra“, aus Karlsruhe das eher elektronische Duo „Touched By T.Lo“ und aus München die beste Stimme dieses Jahrzehnts, glauben wir, Pete Hubson.

Ist es schwierig, Bands zu finden?
Bauer: Ja und nein. Wir haben ein sehr, sehr anspruchsvolles Publikum, was wir auch außerordentlich schätzen. Keiner will hier Mainstream hören, aber keiner will sich auch irgendwie hochtrabend mit irgendwas befassen müssen. Waldstock ist immer noch ein Sich-treiben-lassen in dieser unglaublichen Stimmung. Und das ist genau richtig. Aber Bands zu finden, die da reinpassen, ist schwer. Und wenn wir sie dann gefunden haben – tja, wir haben halt echt nicht viel Geld. Und dann muss man schon bitten, betteln, unglaublich viel kommunizieren und hoffen, dass die Bands vielleicht zufällig zu der Zeit sowieso in der Gegend sind.

Haben sich bleibende Freundschaften zu Musikern entwickelt?
Bauer: Doch. Mit den Boys „In A Band“ von den Färöer Inseln, die hier 2009 und 2013 gespielt haben, gibt es eine intensive Freundschaft. Wir vom neuen Vorstand haben es zwar noch nicht geschafft, mal hinzufliegen, aber wir wissen, dass unsere Vorgänger um Andi und Bene da versuchen, regelmäßig was zu starten. Und auch mit den Wienern von „Mile Me Deaf“ und „Sex Jams“ sind wir befreundet. Genauso wie zu Teilen von „Die Nerven“ aus Stuttgart, was vielleicht daran liegt, dass zwei Drittel von unserem Vorstand in Stuttgart und Karlsruhe studieren.

Wie groß ist Ihr Helferstab alles in allem?
Bauer: Bei Waldstock sind schätzungsweise um die 200 Leute am Werk.

Wenn sich jetzt ein Rentner überlegt, mitzumachen, hätten Sie einen Job?
Bauer: Natürlich. „Verein für Jugendkultur“ heißt ja nicht, dass da keine Nicht-Jugendlichen mitmachen können. Im Gegenteil, unser Verein lebt von einer intensiven Diskussionskultur, und da ist jeder Input aus allen Altersklassen hilfreich. Ganz konkret: Rentner können sich genauso um die Kalkulation der Getränke oder die Organisation des Aufbaus kümmern.

Gibt’s irgendeine Idee gegen Regen? Eine Mammutplane?
Bauer: Die Idee gegen Regen ist die Idee vom Zuschauer, der Waldstock liebt und auch Regenschauer hinnimmt. Open Airs sind halt mal anfällig für so was. Aber wenn am Ende die Leute dableiben und sich im Freudentaumel im Schlamm zur Musik wälzen – so unsere naiv hoffende Vorstellung –, dann ist das doch ein ikonisches Bild von Festival und Waldstock.

Ist noch ein alter Gründervater dabei?
Bauer: Ja, da wir sind unglaublich happy drüber. Weil wir als Vorstände – wir sind Jahrgang 1991 plus – auch erst mal Kontakt zu diesen Gründervätern aufbauen mussten und uns halt auch Sorgen gemacht haben, ob wir da wirklich die Erwartungen erfüllen können. Aber das war nie ein Problem, weil ja eh alles auf Augenhöhe funktioniert. Mit dabei sind immer noch der Uli Digmayer, der Andy Conrad und der Harry Bauer, der unbeirrbar seit Ewigkeiten unser Catering schmeißt. Fast schon Urväter würde ich auch Hans Frank und Bernd Kaiser nennen, die seit Jahren den Bierstand beackern. Die sind uns Stützen, wenn mal die Hutschnur reißt oder der Druck kaum mehr auszuhalten ist. Die sind wirklich Felsen in der Brandung.

Blickt der Nachwuchs immer durch, wie alles laufen muss?
Bauer: Das Schöne ist, dass das meiste ja nicht in Stein gemeißelt ist. Sondern, dass wir von Partizipation leben. Insofern ist ein erst mal fehlender Durchblick eher eine wichtige Kritik für alle.

Sie alle studieren weit weg. Sie brauchen also zur Planung wahrscheinlich unzählige Mails, Facebook-Nachrichten, SMS?
Bauer: Wir wohnen in Erlangen, Stuttgart, Karlsruhe, Hamburg, München, Bayreuth, Magdeburg, Würzburg, Wismar – das ist ein Eck. Aber wir versuchen immer, bei allen Stocks da zu sein. Dann gibt’s auch immer Besprechungen. Überhaupt ist der Freundeskreis von uns Organisatoren so eng, dass wir versuchen, uns oft zu sehen.

Gibt es jemals Krach in der Führungsriege?
Bauer: Eigentlich dauernd. Das liegt in der Natur der Sache, wenn man so ein Großevent veranstaltet oder so viele Events. Zum Glück können wir aber zwischen dem Persönlichen und dem Beruflichen trennen. Und es hilft meistens sehr, dass nach einer harten Diskussion einfach klar ist, dass es jetzt eben nur um verschiedene Vorstellungen bei Waldstock ging, wir uns aber an sich echt grün miteinander sind.

Wie steht es mit der Frauenquote: Sie sind ja im Team eher männlich?
Bauer: Das ist ein Wermutstropfen, den wir aber mehr bei der Bandauswahl als bei uns im Verein sehen. Bei den Bands versuchen wir ganz klar, gegen ein zu männerlastiges Programm zu kämpfen. Aber wir können auch nur mit den Bands und mit den Agenturen arbeiten, die wir finden. Und da geht die Promotion halt leider ganz klar in Richtung „Jungs“. Und da hört unsere Macht halt auf. Im Vorstand sind wir sechs Männer und nur eine Frau.

Sie haben schon sechs „Stocks“, bis zu Guerilla und Film. Kommt noch einer?
Bauer: Nee, momentan sind wir echt gut ausgelastet. Wir kommen auf zehn bis 14 Veranstaltungen pro Jahr. Es geht natürlich immer mehr und wir sind offen für neue Macher. Nur wir als Stammteam haben eben nicht mehr Kapazitäten. Aber wir bieten gern unser Know-How für alle an, die spannende Ideen für die Pegnitzer Kultur haben.

Die Fragen stellte Thomas Knauber

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