Siemens-Kulturstiftung erwirbt für Haus Wahnfried eine meisterhafte Zeichnung von Isolde Wahnfried: Heimkehr der verbannten Tochter

Von Michael Weiser
Zeichnung von Isolde von Lenbach. Foto: Richard-Wagner-Museum Foto: red

Isolde Beidler war das erste Kind von Cosima und Richard Wagner. Und fiel doch bei ihrer Mutter in Ungnade. Nun hat die Ernst-von-Siemens-Kulturstiftung eine Zeichnung des Malerfürsten Franz von Lenbach für das Richard-Wagner-Museums erworben. Es ist eine Art später Heimkehr der verbannten Tochter. 

 
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Geboren wurde sie am 10. April 1865 als Isolde Josepha Ludovika, und laut Taufregister der Pfarrei St. Bonifaz in München war sie die "eheliche Tochter" von Hans und Cosima von Bülow. Am 10. April 1872 wiederum vollendete Richard Wagner seine Kompositionsskizze zum dritten Aufzug der Götterdämmerung. Was er mit folgender Randnotiz quittierte: "So geschehen und geschlossen am Tage, da mir vor 7 Jahren mein Soldchen geboren wurde."

Womit zweierlei bewiesen sein dürfte: Erstens, dass Hans von Bülow, Dirigent der "Tristan"-Uruafführung am 10. Juni 1865, nicht der leibliche Vater von Isolde oder "Soldchen" war, sondern Richard Wagner. Zweitens, dass Wagner dem ersten Kind, das ihm Cosima schenkte, innigst verbunden war.

Schon insofern lässt  die Meldung, dass Isolde nach Wahnfried heimkehrt, aufhorchen: als Zeichnung des berühmten Malers Franz von Lenbach. Dank der Ernst-von-Siemens-Kulturstiftung kann Haus Wahnfried die Zeichnung pünktlich zur Neueröffnung am 26. Juli präsentieren: eine meisterhafte Potraitzeichnung, circa 67 mal 50 Zenimeter groß, die Richard Wagners älteste Tochter im Profil zeigt, den Kopf anmutig geneigt.  

Vor wenigen Wochen erst hatte die Oberfrankenstiftung eine Büste Richard Wagners von Gustav Adolph Kietz für das neue Richard-Wagner-Museum erworben. Die Lenbach-Zeichnung aus dem Jahre 1884 ist nicht weniger bemerkenswert. Franz von Lenbach war einer der berühmtesten Malerfürsten des 19. Jahrhunderts und Freund von Richard Wagner. Lenbach bildete gerne schöne Frauen ab, war überhaupt einer der gefragtesten Portraitkünstler seiner Zeit.

Alleine von Otto von Bismarck fertigte Lenbach rund achtzig Portraits. Und mit seiner Fürsprache für Bismarck provozierte Lenbach auch einen der übelsten Wutanfälle Wagners. Von Franz von Lenbach stammt übrigens das Bonmot zu den letzten Worten der "Tristan"-Isolde: Diese Musik sei für den "Lastwagen zum Himmel" komponiert worden. Seine Villa nahe dem Königsplatz in München ist eines der wichtigsten Museen Bayerns. Die Rückfront des Lenbachhauses grenzt an die Richard-Wagner-Straße. Lenbach-Porträts von Richard und Cosima Wagner sowie von Franz Liszt befinden sich im Richard-Wagner-Museum und im Franz-Liszt-Museum.

Streit mit der Familie

Isolde erging es nach dem Tod ihres Vaters nicht gut. Verheiratet mit dem Schweizer Dirigenten Franz Beidler, geriet sie mit der Familie über Kreuz. Vor allem, da die Beidlers sich als Konkurrenten im Rennen um die Leitung der Festspiele herausstellten. Als Isolde vor Gericht die Anerkennung der Vaterschaft Beidlers durchsetzen wollte, stellten sich Familie und Umfeld gegen sie: Sie verlor 1914 den so genannten "Beidler-Prozess" und wurde nicht als Tochter Wagners anerkannt. Fünf Jahre später starb sie in München. Ihr Sohn Wilhelm Franz Beidler, als überzeugter Sozialdemokrat 1933 nach Zürich emigriert, sollte noch einmal in das Ringen um die Festspiele eingreifen: Zusammen mit Thomas Mann als Ehrenpräsident einer Stiftung sollte er nach dem Zweiten Weltkrieg die kompromittierten Festspiele neu ausrichten. Eine Idee, der keine lange Lebensdauer beschieden war. Man kann sagen: Der Clan setzte sich durch, die ältesten Nachkommen des Meisters wurden aus Bayreuth verdrängt.

Das Blatt mit dem Bildnis Isoldes stammt aus dem Privatbesitz von Dagny R. Beidler, der Urenkelin Richard Wagners. Es war bereits im vergangenen Jahr in Bayreuth zu sehen und zwar im Rahmen der Sonderausstellung über ihren Vater und ältesten Enkel Richard Wagners, Franz Wilhelm Beidler, in der Stadtbibliothek. Bereits damals hatte Dagny Beidler den Wunsch geäußert, das Porträt dauerhaft im Richard Wagner Museum Bayreuth zu wissen. „Ich freue mich, dass das Porträt nun im Haus Wahnfried dauerhaft den ihm zustehenden Platz findet, dem Ort, der für Isoldes Leben so bestimmend war“, sagt sie.

Das Porträt Lenbachs zeigt Isolde in einer Zeit vor dem großen Streit. „Mit dem Lenbach-Porträt ist die verbannte Isolde wenigstens symbolisch in ihr Elternhaus Wahnfried zurückgekehrt“, wird Museumsdirektor Sven Friedrich in einer Pressemitteilung der Stadt zitiert.

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red