Und nun: Die Sänger
Thomas Mohr ist ein Wagner-Tenor mit hoher baritonal gefärbter Durchschlagskraft und strahlender Höhe. Für den Siegmund muß er noch an der Verständlichkeit und an der Phrasierung arbeiten. Renatus Meszar ist ein strahlender Baß-Bariton mit großer Spielfreude und sicherer Technik. Viele Opernfreunde erinnern sich positiv an seinen Auftritt im "Ring" in Weimar. Allerdings fehlt ihm mittlerweile das Durchhaltevermögen und die Leuchtkraft. So spricht er Wotans Abschied eher mit verhaltener Stimme. Bewegend ist das dennoch.
Tijl Faveyts ist ein Baß mit einer sehr sicheren leuchtenden Tiefe und kann so die Härte Hundings verständlich machen. Sein Hunding bleibt aber stets menschlich. Eine Entdeckung ist Dara Hobbs als Brünnhilde. Ein dramatischer Sopran mit eleganter beweglicher Stimmführung: Dass sie ihre Meinung aus Mitleid für das Wälsungen-Paar wechselt, wird für jeden hör- und fühlbar.
Verzweiflung hingegen ist das Kennzeichen die Rolle der Sieglinde im zweiten Akt. Magdalena Anna Hofmann überzeugt mit den leiseren Tönen und mit viel Einfühlungsvermögen. Den strahlenden Momenten des ersten Aktes fehlt ein wenig die Leuchtkraft. Etwas mehr Durchschlagskraft möchte man auch Kathrin Göring wünschen. Ihre Fricka ist durch Häme und Spott gegenüber ihrem sich windenden Gatten mehr als deutlich gekennzeichnet. "Deiner ew'gen Gattin heilige Ehre" wird zum Menetekel des Untergangs Siegmunds und Wotans.
Zurück zur Urform
Man tut sich schwer diese Produktion als halbszenisch zu bezeichnen, die Personenführung gleicht den Mangel an Bühnentechnik eindeutig aus. Gerd Heinz, dessen Inszenierung von Thomas Bernhards "Der Ignorant und der Wahnsinnige" dieses Jahr bei den Salzburger Festspielen als Überraschungserfolg gefeiert wurde, gilt nicht erst seit seinem "Parsifal" in Meiningen als Hoffnungsträger der Anhänger werkgetreuer Inszenierungen. Man kann auch sagen, er zeige, wie man Musiktheater gegen den vorherrschenden Strom des Regietheaters auch ohne kontraproduktive Regieeinfälle auf die Bühne bringt. Er genießt das Arbeiten mit kargen Mitteln. Sich beschränken zu müssen, sei der Reiz, sagte er dem "Mindener Tagblatt": „Wir gehen zurück zur Urform des Theaters.“
Zu Recht spendeten die Zuschauer - nur wenige mehr als 500 passen in das Haus - euphorisch Applaus. Ist schon ein Ding, wie die Mindener regelmäßig Wagner stemmen, in einem Stadttheater mit etwas mehr als 550 Plätzen, das über kein Orchester verfügt. Bis vor wenigen Jahren gab's den "Ring" eigentlich nur an den großen, nahmhaften Häusern. Und so kann man sich nur wundern, wie in Minden, einem kleinen Haus ohne den riesigen Mitarbeiterstab und den Etat eines Opernhauses, mit den geringen Mitteln einer Privatinitiative ein "Ring" geschmiedet wird: Da kann man durchaus vom Wunder von Minden sprechen.