Verteidigung entschuldigt sich nicht und glaubt Hauptzeugin der Lüge überführt Waffenruhe in NKD-Prozess

Von Manfred Scherer
Foto: Ritter Foto: red

Erstaunliches tut sich im NKD-Prozess: Zwischen Verteidigung und Staatsanwaltschaft scheint der Grabenkampf beendet. Die Beweisaufnahme ergibt am 22. Verhandlungstag zudem: Die Hauptbelastungszeugin hat in ihrer Aussage vor Gericht vermutlich gelogen und auch der ehemalige NKD-Eigentümer Claas Daun könnte das Gericht nicht mit der Wahrheit bedient haben.

 
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Vor der 3. Strafkammer des Hofer Landgerichts sind der ehemalige NKD-Geschäftsführer Michael Krause und sein damaliger Prokurist Uwe K. wegen schwerer Untreue angeklagt: Insgesamt 3,7 Millionen Euro flossen im Jahr 2012 vom NKD-Konto auf das der in Hongkong sitzenden Auslandstochter Sunfortune und von dort weiter an eine in Zypern sitzende Beratungsfirma namens „Zarando“. Angeblich ohne Gegenleistung und zumindest zugunsten Dritter, meint die Staatsanwaltschaft. Als „Mastermind“ der ausgeklügelten Untreue sieht die Anklage Michael Krause an. Er sitzt schon über ein Jahr in Untersuchungshaft. Vor allem Krauses drei Verteidiger gehen mit allen Mitteln gegen die Anklage vor: Die Anwälte sehen weder den für einen Untreuetatbestand relevanten Vermögensschaden bei der NKD gegeben, noch den Nachweis erbracht, dass es keine Gegenleistungen für die 3,7 Millionen Euro gegeben hat. Krause reklamiert für sich, er habe für das Geld brisante und für NKD überlebenswichtige Informationen über Herstellerpreise erhalten und somit die Einkaufspreise um 40 Millionen Euro drücken können.

Anfang Juli hatte der Kleinkrieg zwischen den Verteidigern und den Staatsanwälten seine heiße Phase erreicht: Oberstaatsanwalt Peter Glocker forderte damals von den Verteidigern eine öffentliche Entschuldigung, ansonsten drohe den Verteidigern ein Verfahren wegen übler Nachrede. Die Krause-Verteidiger hatten rüde moniert, dass der zweite Ankläger, Staatsanwalt Uwe Demuth, im Prozess den Aufenthaltsort eines für die Anwälte wichtigen Zeugen nicht genannt habe.

Die öffentliche Entschuldigung kam nicht: Die Staatsanwälte Demuth und Glocker waren am Mittwoch damit einverstanden, dass die Anwälte ihnen schriftlich eine Erklärung zu ihren damaligen Vorwürfen überreichten. Verlesen wurde das Schriftstück nicht.

Nur eine Waffenruhe, oder gar Anzeichen für einen Frieden? Weil sich die Anklage möglicherweise nicht halten lässt? „Wir geben erst in den Plädoyers Erklärungen ab“, betonte Oberstaatsanwalt Glocker am Mittwoch. Wozu Glocker sich schon mehrfach erklärt hat: Die Ankläger glauben nicht an die vom Gericht mittels eines rechtlichen Hinweises ins Spiel gebrachte Tatvariante des Betruges. Der Hinweis fußt auf der Aussage, die die Geschäftsführerin der NKD-Tochter Sunfortune Ende Juni im Prozess gemacht hatte. Die Frau hatte die 3,7 Millionen vom Konto der Sunfortune nach Zypern weiter transferiert und erklärte vor Gericht, sie habe dies getan, weil sie an die von Geschäftsführer Krause behaupteten geheimen Preisinformationen geglaubt habe. Das Gericht sah darin betrugsrelevantes „Vorspiegeln falscher Tatsachen“.

Für das Gericht wäre Betrug der Ausweg aus einem juristischen Dilemma gewesen: Anders als bei der Untreue, wo der Schaden durch den möglichen Missbrauch von Geschäftsführerbefugnissen bei NKD in Bindlach entstanden sein muss, würde für Betrug ein Telefonat Bindlach – Hongkong ausreichen. Zahlreiche Zeugenaussagen sprechen gegen Untreue: Die 3,7 Milllionen wurden mit Provisionsforderungen der Sunfortune verbucht– in den NKD-Bilanzen steht kein Schaden zu Buche.

Die Aussage eines Firmenjuristen am Mittwoch gab Glocker recht und brachte das Betrugskonstrukt ins Wanken. Der Mann erinnerte sich als Zeuge, dass die Geschäftsführerin ihm Folgendes gesagt habe: Die Zahlungen an „Zarando“ seien ihr von Anfang an verdächtig vorgekommen – Betrugsopfer müssen jedoch arglos sein. Der Firmenjurist machte durch eine weitere Aussage die Verteidigung hellhörig. Auf die Frage, was er weiter über die Erzählungen der Geschäftsführerin zum „Fall Zypern“ berichten könne, erklärte er: „Nichts, was sie hier vor Gericht nicht auch gesagt hat.“ Nachfragen der Anwälte ergaben: Das Gespräch des Juristen mit der Geschäftsführerin aus Hongkong hatte vor der Zeugenaussage der Frau stattgefunden. Für die Verteidiger ist die Geschäftsführerin damit unglaubwürdig. Der NKD-Jurist berichtete auch, dass die Geschäftsführerin aus der „Sunfortune“ ausscheiden werde und mit einer sechsstelligen Summe abgefunden werden soll.

Der Zeuge erschütterte mit weiteren Details auch die Glaubwürdigkeit des damaligen NKD-Eigentümer Claas Daun, der sich Mitte Mai schwer enttäuscht über den Hauptangeklagten Krause, seinen ehemaligen Hoffnungsträger geäußert hatte. Daun hatte behauptet, erst nach einem anonymen Schreiben mit Vorwürfen gegen Krause vom Kauf des Jagdschlösschens „Falkenhaube“ als Domizil für die geplante NKD-Akademie erfahren zu haben. Tatsächlich hatte der Firmenjurist Daun schon lange vorher das Akademieprojekt in einer Präsentation vorgestellt.

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