Vor 50 Jahren starb Konrad Adenauer

Von Christoph Driessen
Konrad Adenauer war von 1949 bis 1963 der erste Bundeskanzler der Bundesrepublik Deutschland und von 1951 bis 1955 zugleich Bundesaußenminister. Vor 50 Jahren starb er. Foto: Roland Witschel/dpa Foto: red

Am 13. April war Konrad Adenauer noch einmal zu Bewusstsein gekommen. „Do jitt et nix zo kriesche“, sagte er auf Kölsch zu seinen sieben Kindern: kein Grund zum Weinen. Am 19. April 1967 – an diesem Mittwoch vor 50 Jahren – starb der erste Kanzler der Bundesrepublik Deutschland im Alter von 91 Jahren.

 
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Wenn heute Schulklassen sein Haus in Rhöndorf bei Bonn besuchen, in dem er 30 Jahre gelebt hat und dann auch gestorben ist, hört man oft die Überraschung heraus: „So einfach hat der gewohnt?“ Alles ist schlicht und durch die kleinen Fenster auch etwas düster. Vor allem in der Küche hängt noch ein undefinierbarer Geruch, den ältere Besucher aus ihrer Kindheit kennen mögen. Vermutet wird, dass es die alten Möbel sind, die das Aroma der Nachkriegszeit verströmen.

50 Jahre nach seinem Tod ist Adenauer zum Denkmal erstarrt. Der Flughafen Köln/Bonn trägt seinen Namen, die Parteizentrale der CDU ebenso und mindestens 437 Straßen, so schätzt die Konrad-Adenauer-Stiftung. Maskenhaft erscheinen die Züge Adenauers. Das Gesicht mit der platten Nase und den hohen Wangenknochen hat immer wieder wilde Vergleiche herausgefordert.

Adenauers Biografen stimmen in einem überein: Er war eine starke Persönlichkeit. Ein ganz wesentlicher Charakterzug war seine Schlitzohrigkeit. Das berühmteste Beispiel dafür lieferte er an einem heißen August-Sonntag des Jahres 1949, eine Woche nach der ersten Bundestagswahl. Es ging um die Frage: Welcher CDU-Politiker wird erster Bundeskanzler?

Der junge Franz-Josef Strauß zu Gast bei Adenauer

Adenauer hatte starke Konkurrenz, mehr noch: Kaum jemand rechnete mit ihm, er war schließlich schon 73. Sein erster Schachzug war, dass er die Parteispitze zu sich nach Rhöndorf einlud. Dadurch hatte er als Hausherr automatisch die Fäden in der Hand.

Einer der Gäste, der junge Franz Josef Strauß, erinnerte sich später: „Überwältigender Eindruck für uns ausgehungerte Großstädter war ein Buffet von einer Reichhaltigkeit, wie ich es auf Privatkosten Adenauers weder vorher noch nachher jemals erlebt habe.“ Dazu entkorkte der Gastgeber „Weine, wie ich sie in meinem ganzen Leben noch nie getrunken hatte“.

Anschließend, als alle von einem Gefühl der Dankbarkeit erfüllt waren, verkündete Adenauer unvermittelt, „aus Parteikreisen“ sei der Wunsch an ihn herangetragen worden, sich als Kanzler zur Verfügung zu stellen. Welche Parteikreise das gewesen sein sollten, blieb sein Geheimnis. Doch ehe man groß darüber nachdenken konnte, erklärte er schon: „Ich bin trotz meiner Jahre grundsätzlich hierzu bereit.“

Angesichts seines Alters könne er allerdings höchstens ein bis zwei Jahre im Amt bleiben. Es wurden dann 14 Jahre daraus. Ebenso kennzeichnend für den Katholiken Adenauer war sein unerschütterlicher Glaube daran, dass er – und nur er allein – recht hatte. Dies konnte in Sturheit und Arroganz, ja sogar in Skrupellosigkeit ausarten. Bei der Bekämpfung seiner politischen Gegner schreckte Adenauer vor kaum einem Mittel zurück. Nach neuen „Spiegel“-Recherchen ließ er sogar SPD-Chef Willy Brandt bespitzeln.

Politischer Revolutionär

Sein übersteigertes Selbstbild konnte sich aber auch in bewundernswerter Standhaftigkeit äußern. So zog sich Adenauer 1933 den Hass der Nazis zu, indem er sich als Kölner Oberbürgermeister noch zweieinhalb Wochen nach Hitlers Machtübernahme weigerte, den Führer am Flughafen zu empfangen und zu seinen Ehren die städtischen Gebäude zu beflaggen. Nach dem Hitler-Attentat vom 20. Juli 1944 wurde der überzeugte Republikaner verhaftet.

Nach dem Krieg legte Adenauer erst richtig los. Er wurde zum Glücksfall für die junge Bundesrepublik. Historiker wie die Adenauer-Biografin Marie-Luise Recker betonen: Durch sein Image als „Macher“ habe er der Demokratie erstmals breite Akzeptanz bei den Deutschen verschafft.

In der Außenpolitik brach Adenauer grundlegend mit der nationalistischen deutschen Tradition und band erstmals einen deutschen Staat in ein Bündnissystem westlicher Demokratien ein. Damit lenkte er die deutsche Geschichte auf Dauer in eine andere Richtung. Für den Politikwissenschaftler Christian Hacke ist Adenauer aus diesem Grund ein „politischer Revolutionär“.