Man muss sich dann durchbeißen und schauen, wo die meiste Arbeit und der beste Markt ist. Da sollte man sich vorstellen und schon zwei, drei Wochen dort bleiben.“ Sein Ziel war aber immer New York. „Da ist der größte Markt, da sind die meisten Agenturen, die besten Produktionen und die renommiertesten Fotografen“.
Fotografen-Legende Bruce Weber hilft
Der Wechsel in die USA klappte nicht problemlos: Horn fand monatelang keine Agentur, die ihn in den Staaten vertreten wollte. Wie so oft in diesem Geschäft halfen ihm Beziehungen weiter, in diesem Fall der amerikanische Fotograf Bruce Weber, bei dem er im Vorhinein ein Shooting hatte. „Mein Booker (Anm. d. Red.: Agent) hat auf der Seite der Agentur ein Foto von mir gepostet, dann kam Weber und wollte ein Shooting mit mir machen.“ In den folgenden Tagen habe er irgendwann eine SMS geschrieben, dass Horn ihn anrufen solle. Schlussendlich hat der Starfotograf, der für Calvin Klein und Abercrombie & Fitch Kampagnen gemacht hatte, den Vorderkleebacher an eine Agentur vermittelt.
Weber ist für den 27-Jährigen eine „lebende Legende mit einer wahnsinnigen Aura und Energie.“ Seitdem Weber ihn im April in Verbindung mit der Agentur gebracht hat, läuft es für das Fotomodel. Dennoch ruht er sich auf seinem Erfolg nicht aus und arbeitet hart an sich. „Ich bin nie zufrieden mit mir selbst, es gibt immer etwas zu verbessern.
Ich will jeden Tag die beste Version von mir selbst sein. Das ist eine Eigenschaft, die mich vorantreibt“, sagt er. Horn macht täglich Work-outs, die 20 bis 30 Minuten dauern und die er sich selbst zusammenstellt. In Los Angeles, seinem Interimswohnort, hat er Gefallen an den Büchern von Luise L. Hay gefunden, die die persönliche Lebenseinstellung hinterfragen. Seitdem meditiert er jeden Morgen 20 Minuten.
Hauptwohnsitz weiter in Vorderkleebach
Auch wenn es keine Pflicht ist, achtet Horn auf seine Ernährung: Er kocht selbst nach Rezepten aus dem Internet und probiert gerne Neues aus – seit einigen Wochen ernährt er sich überwiegend vegan, auch wenn das ein oder andere Mal Fisch oder Ei nicht fehlen dürfen. Zu viele Partys sind tabu, ein verschlafenes Aussehen kann sich das Model nicht leisten. „Aber ich gehe gerne mit meinen Freunden in New York in ein Restaurant oder eine Bar, langweilig wird mir nicht“, erzählt er.
New York biete viele Möglichkeiten, man bekäme immer alles, was man braucht zu Fuß – das schätzt der Vorderkleebacher an seiner neuen Heimatstadt. Der Wahl-Amerikaner muss sich konzentrieren, manchmal sprudelt das Englische im Gespräch mit dem Kurier aus ihm heraus. Horn erzählt, dass er zum Teil sogar auf Englisch träumt.
Seinen Hauptwohnsitz hat er wegen seiner Krankenversicherung weiter in Vorderkleebach angemeldet. Und er freut sich jedes Mal, wenn er zu Hause sein darf, denn dort wartet sein Hund auf ihn, dessen Pflege inzwischen der Vater übernommen hat. „Unser Chihuahua springt mich immer zur Begrüßung an, und danach heißt es für mich meistens drei Tage nichts tun“.
"Freundlich und offen für alles"
Auch wenn er Hunde liebt, hat Horn in den USA kein Haustier. Dafür fehlt ihm einfach die Zeit. Denn an einem normalen Arbeitstag steht er morgens um 7 Uhr auf, muss spätestens um 9 Uhr am Set sein und posiert bis abends vor der Kamera. Egal ob für eine Werbekampagne, für sein Portfolio oder für Magazine, egal in welchen Ländern. Wenn die Agentur ihm einen Kunden vermittelt, muss er als Selbstständiger den Auftrag meist annehmen und sich nach dessen Wünschen richten. „Ich sage es mal so: Der Booker ist meine Tür: Er besorgt mir die Arbeit. Ob ich dann durch die Tür gehe und ich nochmals gebucht werde, hängt ganz an mir. Deshalb versuche ich immer freundlich und offen für alles zu sein. Im Prinzip musst du dein eigener Booker sein, das sagen auch die Branchenkenner.“
Dennoch gibt es Grenzen für Jules Horn: Die Nacktfotografie ist ihm noch fremd, außerdem würde er sich nicht die Haare abrasieren – „außer die Gage stimmt. Spaß beiseite, da müsste ich mir ein komplett neues Portfolio erstellen, das ist zu aufwendig.“ Der Laufsteg ist zudem nicht so sein Ding, dennoch war er an der letzten Fashion Week in zwei Shows aktiv. „Da habe ich nur drei Castings gemacht, generell verdient man auf dem Laufsteg weniger und Foto-Modeln macht mir mehr Spaß“.
Im Februar ist Mens Fashion Week in New York, da soll er wieder dabei sein, wenn es nach seinem Agenten geht. Dauerhaft auf einen Job möchte er sich aber nicht festlegen – es kann immer etwas Größeres um die Ecke kommen.
Das sei ein Problem der Modelbranche: Es lässt sich nicht viel planen. Die Urlaubsplanungen können jederzeit über den Haufen geworfen werden, wenn ein guter Job winkt. Für diese Engagements muss Horn reisen, viel reisen, den Kontakt zu seinen Freunden und den drei Schwestern hält er über den Nachrichtendienst Whatsapp.
„Ich möchte nicht mit anderen verglichen werden"
Horn versucht in jedes Shooting seine Persönlichkeit einzubringen: „Bruce Weber hat zu mir gesagt, ich soll, egal in welcher Klamotte ich stecke, ich selbst sein und mich so gut es geht verkaufen und nicht das Produkt. Generell tendieren die Fotografen momentan mehr zu den natural shoots und nicht zu extravaganten Outfits. Dennoch trage ich natürlich einen Anzug, wenn es sein muss. Auch wenn ich privat so nicht rumlaufe.“ Das sei das Schwierige am Modeln: Wie ein Schauspieler müsse man in die verschiedenen Rollen hineinschlüpfen können, immer so wie es der Kunde will. Ein Coaching hat Horn dennoch nie bekommen. Das war am Anfang ungewohnt, inzwischen fühlt er sich vor der Kamera immer wohler.
Deshalb will Horn länger in New York bleiben und weiter Karriere machen. „Ich setze mir meine Ziele immer hoch: Ich möchte eines der besten Männer-Models werden. Mal gucken, ob das funktioniert.“ Denn das habe viel mit Glück zu tun, trainieren und sich gut ernähren würden die meisten Models.
Er orientiert sich an der Karriere einiger Models, ein Vorbild hat er aber nicht. „Ich möchte nicht mit anderen verglichen werden. Ich möchte nicht so ähnlich sein wie andere, ich möchte einzigartig sein und Dinge machen, die vorher noch nicht da waren.“ Ellenbogen ausfahren gilt dabei für ihn nicht, den Konkurrenzkampf hat er aufgegeben.
Der Traum: In Bayreuth ein healthy Restaurant eröffnen
115 000 Follower auf Instagram hat Horn derzeit, fast täglich postet er Fotos. Entweder von Shootings oder Selfies. Auch Impressionen aus New York und von seinen Reisen können seine Fans auf seinem Profil sehen. Der Auftritt im Netz ist enorm wichtig: „Social Media gehört zum Business und ich benutze es als Tool, um mich selbst zu vermarkten. Ich lebe aber nicht im Social Media.“
Das Klischee, immer top gestylt aus dem Haus zu gehen, erfüllt Horn nicht. „Natürlich sollte man gepflegt sein, aber ich ziehe meistens eine Cap und einen Hoodie an. Außer wenn ich mal weggehe, dann mache ich mich manchmal mehr zurecht“, so der 27-Jährige.
Er hat einen Traum: Neben einer Reise nach Australien möchte er in ein paar Jahren in seiner Geburtsstadt Bayreuth als Nebenerwerb ein „healthy Restaurant“ eröffnen, in dem gesundes Essen auf der Speisekarte steht. Ob er da selbst den Kochlöffel schwingen möchte, darüber macht Horn sich noch keine Gedanken. Ein weiterer Traum von ihm: Mit 50 Jahren auf einer Insel in Südafrika oder in Kalifornien zu wohnen. Im Januar stehen aber erst einmal Engagements in Istanbul und Paris an, im Februar kommt eine Werbekampagne von Desigual mit ihm raus, davon erhofft Horn sich noch mehr Bekanntheit. Und er sagt: „Modeln ist auf jeden Fall mein Traumberuf.“