Insgesamt jedoch stand das Publikum im Festzelt der weiblichen Brust sehr wohlwollend gegenüber, womit wir bei der eigentlichen Misswahl wären. Leider fällt mir dazu wenig ein, da liefen halt Mädels über die Bühne, erst in Streetwear, dann im Dirndl, dann im Bikini (drei Aufzüge, wie wir Wagner-Kenner sagen), hübsch sahen sie aus, der Mann mit dem Papppenis ließ diesen mal nach oben, mal nach unten zeigen, zwischendurch wurde auf Tischen und Bänken getanzt und getrunken und und gejohlt, dann zogen sich Bewerberinnen und Jury zurück (keine Ahnung, ob es noch eine geheime vierte Runde unter Ausschluss der Öffentlichkeit gab und was sie gegebenenfalls dabei trugen), schließlich wurde eine der Damen zur Miss Volksfest 2013 gekürt, bekam einen Blumenstrauß und ein Wasserbett von Waterbed City („Schatz, ich will ein Bett von Dir") in die Hand gedrückt, und dann gab es kein Bier mehr, weil das Festzelt schon um 23 Uhr schloss. Das war sehr schade, denn inzwischen hatte mich die Feierlaune voll gepackt, ich glaube, ich habe sogar mit dem Fuß gewippt, vielleicht sogar ein bisschen geschunkelt; ich kann nicht einmal ausschließen, dass ich wirklich leise bei „Resi" mitgesungen habe. Und dabei hatte ich erst drei Bierchen getrunken – diese Maßgläser sind schon verhängnisvoll.
Mein Fazit: Das gemischte Doppel Wagner und Miss Volksfest ist sehr zu empfehlen und dank dieser kulturellen Achterbahnfahrt konnte ich mir guten Gewissens das Geld für die Fahrgeschäfte auf dem Volksfest sparen. Meine persönlichen Bayreuther Festspiele sind vorbei, ich war am Nord- und Südpol, und in meinem letzten Monat als Stadtschreiber mache ich es mir am kulturellen Äquator gemütlich.
Volker Strübing (42) ist im Jean-Paul-Jubiläumsjahr für fünf Monate Stadtschreiber in Bayreuth. Im Bierzelt hat es dem Berliner gut gefallen, in die Fahrgeschäfte würde er jedoch nur gegen Bezahlung einsteigen. Über seine Zeit in Bayreuth führt er ein Internet-Tagebuch.