Die "Reichsbürger" sind nach den tödlichen Schüssen auf einen Polizisten in Mittelfranken Tagesthema. "Reichsbürger" erkennen die Bundesrepublik samt ihrer Gesetze nicht an und behaupten, das Deutsche Reich bestehe noch heute, sei aber von den Alliierten besetzt. Logische Schlussfolgerung für „Reichsbürger“: Sie müssen auch keine Steuer zahlen. Die Leidtragenden: Gerichtsvollzieher. In Pegnitz steht die Bayerische Justizakademie, in der Gerichtsvollzieher ausgebildet werden. Robert Hippler ist der Leiter der Akademie. Er kennt „Reichsbürger“ und die Probleme, die Vollzieher mit ihnen haben. Wir haben mit ihm gesprochen.
„Die Thematik Reichsbürger fällt bei uns unter Umgang mit schwierigen Verfahrensbeteiligten“, und schwierig ist es für Vollzieher in der Tat. Denn oft zahlen diese Ideologen keine Steuern für den Staat, den sie nicht anerkennen.
Es gibt Hinweise für die Beamten, dass es sich beim Kunden um einen „Reichsbürger“ handelt: „Wenn beispielsweise ein Schreiben vom Amtsgericht kommt, fragen die nach der Umsatzsteuernummer des Gerichts – weil sie behaupten, das Gericht sei eine Unternehmen.“ Würde man darauf reagieren, so Hippler, würden die „Reichsbürger“ das als Beleg ihrer Theorie ansehen.
Wenn der Vollzieher vor der Tür stehe, beginne die Diskussion bereits beim Vorzeigen des Dienstausweises, „sie erkennen den nicht an, weil sie alle staatlichen Organe nicht anerkennen“. In der Akademie wird gelehrt, dass man sich auf derart ideologische Diskussionen nicht einlässt. „Die Kollegen hören sich das an und verhalten sich deeskalierend. Denn die Menschen müssen ja zahlen.“ Wenn es droht, dass die Situation entgleiten könnte, können die Beamten die Vollziehungshilfe der Polizei in Anspruch nehmen.
Michael Benz, Sprecher des Bayreuther Landratsamtes, weiß ebenfalls von Berührungspunkten seiner Ämter mit den „Reichsbürgern“. „Die Entwicklung begann etwas vor zwei Jahren“, sagt er. „Heuer haben zehn Menschen einen Antrag auf Staatsangehörigkeitsausweis gestellt.“ Warum die das tun: Weil sie der Bezeichnung „deutsch“ im Personalausweis oder Reisepass nicht trauen. „Ein anderer verlangte Unterhalt nach der Haager Landkriegsordnung“, erzählt Hippler. Die Hager Landkriegsordnung wurden 1907 verfasst. Die „Reichsbürger“ legen für ihr „Reich“ häufig die Grenzen von 1937 zugrunde.
Auch in Warmensteinach schlug vergangene Woche ein „Reichsbürger“ im Rathaus auf. Er hätte der Gemeinde Geld zahlen müssen, doch das verweigerte er – mit der Begründung, die Gemeinde sei eine Firma. Matthias Dorner ist Geschäftsleiter der Gemeinde: „Ich bleibe gelassen: Wir werden unsere Forderungen durchsetzen, wenn nötig, wird vollstreckt.“
Matthias Hollmann ist Leitender Regierungsdirektor beim Bayreuther Finanzamt. „Die ,Reichsbürger‘ lehnen vor allem Steuerzahlungen ab“, er sagt, das seien Einzelfälle. „Wir bitten dann ein, zwei Mal höflich, die Rechnung zu zahlen. Am Ende wird vollstreckt.“ Er kennt die seitenlangen Schreiben, meist aus dem Internet ausgedruckt, in den die „Reichsbürger“ ihre Ideologie erklären. Was den Steuerverweigerern nichts bringt: „Grundsätzlich kann ein Steuerpflichtiger, der nicht mitwirkt, auch durchsucht werden oder es kommt zur Kontenpfändung oder zur Pfändung von Gegenständen.“
Gut erinnert sich Hollmann an den Februar 2016. Ein „Reichsbürger“ teilte dem Amt auf perfide Art mit, was er von ihm hielt: Er schmierte stinkende Buttersäure in die Schlitze der Eingangstüren und auf die Teppiche. Es entstand ein Schaden von 1000 Euro. Der Mann wurde zwei Tage später gefasst, als er gerade in einer Innenstadt-Kneipe randaliert hatte.
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