Fichtelberger beschimpfte im Internet seine Mitbürger – Verhandlung endete ohne Strafe „Vollpfosten“ und „Gehirnamputierte“ vor Gericht

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 Foto: red

Vollpfosten, Gehirnamputierter, wahrnehmungsgestört – sind das schon Beleidigungen oder ist es noch freie Meinungsäußerung? Ein Grenzfall des sprachlichen Miteinanders aus Fichtelberg beschäftigte das Landgericht Bayreuth. Die Parteien einigten sich friedlich. Mit einer deutlichen Warnung des Gerichts an den Beleidiger Andreas H.: in Zukunft besser auf seine Formulierungen zu achten.

 
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Der Thermenstreit wird im Internet erst unfreundlich. Und manche Äußerung des Fichtelbergers Andreas H. hielt Günther Matt, Richter am Landgericht, für klare Beleidigungen. H. hatte auf seiner eigenen Facebook-Seite und derjenigen der örtlichen CSU Mitbürger als Vollpfosten, Zwerge oder Wichtel, Gehirnamputierte, als Bekloppte oder einfach als irre betitelt. Einer Anzeige sei er bisher nur mit „Glück“ entgangen, vermutete der Richter.

Nicht ganz. Denn ausgerechnet für eine geringere Beleidigung verklagte ihn der Vorsitzende des Fichtelberger Ski-Clubs, Georg Lechner. Ihn hatte H. als jemanden dargestellt, der unter „Wahrnehmungsstörungen“ leide. Und die, diagnostizierte H., könnten „alkoholbedingt“ sein. Lechner wollte, dass H. die Äußerungen von der Seite der CSU löscht, und 10 000 Euro Schmerzensgeld. Jürgen Köferl, Chef der CSU Fichtelberg, und H. führten an, dass das lediglich „Werturteile“ seien, aber keine Tatsachenbehauptungen. In der politischen Auseinandersetzung sei es durchaus möglich, ironisch oder polemisch aufzutreten. Das könne auch mal an die Grenze der Beleidigung gehen. Wer in die Öffentlichkeit geht, müsse das ertragen.

Allerdings machte der Richter klar, dass die CSU für eine gewisse Sauberkeit im Ton verantwortlich sei. Immerhin schwadronierte auf der Seite der CSU jemand über den „Endsieg“. Wenn man im Vorfeld schon wisse, dass jemand beleidigende Äußerungen verbreitet, sollte man ihn auch nicht bei sich schreiben lassen. „Es ist zwar nicht schön“, sagte Richter Matt, aber ein klarer Grenzfall. Laut Bundesverfassungsgericht dürfen Sachäußerungen provokativ, abwertend, ironisch, übersteigert, schonungslos und sogar ausfällig sein. Sonst ist es Schmähkritik oder eine Beleidigung. „Wahrnehmungsstörungen“ und „alkoholbedingt“ schramme hart an diese Grenze, sagte der Richter.

Auf seinen Vorschlag hin einigten sich die Parteien. Schmerzensgeld gab es nicht, auch keine Entschuldigung. Aber H. darf seine Äußerungen nicht mehr wiederholen. Von der CSU-Seite waren sie kurz vorm Prozess eh schon gelöscht.

Symbolbild: pa

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