Vogelschutz: Ausgaben in Millionenhöhe

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Stromleitungen können vor allem für größere Vögel zur Todesfalle werden. Obwohl es das Bundesnaturschutzgesetz vorschreibt, sind noch nicht alle Mittelspannungsfreileitungen gesichert. Die Energieversorger geben dafür Millionen Euro aus.

 
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Dem Kulmbacher Grünen, Claus Gumprecht, ist es aufgefallen: Im Landkreis und in der Stadt sind noch immer nicht alle Stromleitungen umgerüstet. Dabei ist die gesetzliche Lage Gumprecht zufolge eindeutig: Paragraf 41 des Bundesnaturschutzgesetzes regelt den Vogelschutz an Energiefreileitungen. Darin heißt es: "Zum Schutz von Vogelarten sind neu zu errichtende Masten und technische Bauteile von Mittelspannungsleitungen konstruktiv so auszuführen, dass Vögel gegen Stromschlag geschützt sind." An bereits bestehenden Masten sei eine Sicherung bis Ende Dezember 2012 anzubringen. Dann ende die zehnjährige Übergangsfrist.

Nachfrage bei den Stromversorgern

Daher hakt der Grünen-Kreisrat jetzt in einem Brief an die Stromversorger Bayernwerk und die Stromnetz Kulmbach GmbH & Co. KG nach: "Wenn wir uns die Masten in Ihrem Versorgungsgebiet ansehen, so scheint es uns, als wären viele noch ohne entsprechenden Vogelschutz", schreibt Gumprecht im Namen seiner Fraktion.

Einige Masten sind noch oben ohne

Und zeigt dem Kurier Beispiele. In der Nähe von Tannfeld etwa sind derzeit noch Masten mit und ohne Vogelschutz zu sehen. Einer trägt dünne, schräg stehende Stangen auf der Spitze, sogenannte Büschelabweiser. "Warum haben nicht alle Strommasten einen Vogelschutz?", fragt Gumprecht und hegt den Verdacht, dass der Freistaat mit der Gesetzesumsetzung hinterherhinkt. Auch im Stadtgebiet habe er neue Masten ohne Vogelschutz gesehen. Dabei könnten sowohl längere Isolatoren und breitere Leitungsabstände als auch Sitzstangen die Vögel schon vor Stromschlägen schützen.

Wenn Vögel an Windrädern sterben würden, werde das beklagt, aber wenn sie an Stromleitungen getötet würden, interessiere sich offenbar niemand dafür. "Wir ziehen ausgerottete Vögel wie Waldrappen mit großer Mühe wieder hoch und geben dafür Millionen aus, um sie dann einfach abkratzen zu lassen", kritisiert Gumprecht.

Bayern verhandelte längere Übergangsfristen

Allerdings versuchen die Stromversorger durchaus, ihren Pflichten nachzukommen. So sagt Oda Wieding, beim Landesbund für Vogelschutz (LBV) Ansprechpartnerin für sichere Freileitungen: "Da Bayern ein Flächenland ist, gelten hier längere Übergangszeiten." In Absprache mit dem Umweltministerium, den Energieversorgern und den Naturschutzverbänden seien hier Vorranggebiete definiert worden. Bis 2016 sollen hier Schutzmaßnahmen für gefährdete Großvögel umgesetzt werden. Dazu zählen der Uhu, der Weißstorch, der Schwarzstorch, der Rotmilan und der Wanderfalke. Die restlichen bayerischen Gebiete sollen bis Ende 2017 sicherer für Vögel werden. "Es ist schon sehr viel gemacht worden, teils sind noch Einzelfälle offen, in denen es was zu tun gibt." Seit 2011 gelte eine neue Richtlinie des Verbands der Energieversorgungsunternehmen zugunsten des Vogelschutzes. Aus Vogelschützersicht ideal sind Kabel und an Freileitungen hängende und verlängerte Isolatoren oder Plastikhauben. Für die Kontrolle der Leitungen seien letztendlich die Landratsämter verantwortlich.

Stromschläge eine der häufigsten Todesursachen

Dass Waldrappen an Stromleitungen mitunter ihr Leben lassen, weiß auch Wieding. Eine Gruppe von vier Vögeln, ausgestattet mit GPS-Sendern, sei kürzlich bei Bad Reichenhall verschwunden. Zwei tote Vögel seien direkt unter einer Leitung gefunden worden. "Beim Uhu sind Stromschläge sogar die häufigste Todesursache." Wie viele Vögel jährlich auf diese Weise sterben, lasse sich schwer schätzen, so Wieding, da die Dunkelziffer hoch sei.

"Nehmen Schutz der Tierwelt ernst"

Energieversorger Bayernwerk kann die Kritik der Grünen nicht nachvollziehen. "Unsere Verantwortung zum Schutz der Tierwelt beizutragen, nehmen wir sehr ernst", sagt Sprecher Christian Martens auf Nachfrage. "Wir setzen viel daran, um den Betrieb unserer Infrastruktur so weit wie möglich im Einklang mit Umwelt und Natur zu gewährleisten."

70 Millionen Euro werden investiert

Bis 2012 sind demnach 40.000 Masten für den Vogelschutz ausgerüstet worden. Ende 2016 kamen 65.000 weitere Mittelspannungsfreileitungsmasten dazu. Am Ende diesen Jahres würden über 100.000 Masten entsprechend den behördlichen Vorgaben ausgestattet sein. "Bis zum Abschluss dieses Vogelschutzprogramms haben wir rund 70 Millionen Euro in Vogelschutzmaßnahmen investiert."

Drei Millionen Euro für Raum Kulmbach

Im Gebiet des Netzcenters Kulmbach sind Martens zufolge seit 2012 gut drei Millionen Euro für den Vogelschutz ausgegeben worden. Von den 7011 Mittelspannungsmasten seien 6234 gesichert. An 698 sei hingegen keiner erforderlich, weil bereits Hänge- und Langstabisolatoren angebracht sind. Bleiben 79 übrig, die nachzurüsten seien.

"Einen Großteil der Aufgabe erledigt"

Da Bayernwerk auch für den technischen Betrieb der Leitungen der Stromnetz Kulmbach GmbH & Co. KG verantwortlich ist, liegen dort auch die Zahlen für das Kulmbacher Stadtgebiet vor. Von 321 Masten verfügen 316 über Schutzvorrichtungen. Vier bräuchten keinen und somit sei nur noch einer übrig. "Einen Großteil der Aufgabe haben wir erledigt und den Rest schaffen wir bis Ende des Jahres."

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