Vogel träumt vom 400-m-Finale bei Olympia

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So ausgelassen feierte Florian Vogel im Mai den deutschen Meistertitel. Bei Olympia sind die Medaillen für den Bayreuther wohl außer Reichweite, eine Finalteilnahme scheint jedoch möglich. Foto: dpa Foto: red

Dabei sein ist alles – doch für den Bayreuther Florian Vogel ist das zu wenig. Der Bayreuther geht sein Olympia-Debüt selbstbewusst an und will sich am Samstag in Rio über die 400 Meter Freistil einen Top-Ten-Platz sichern. Gelingt das, wäre es vor allem eins: die Krönung eines kometenhaften Aufstiegs.

 
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Das historische Debakel des deutschen Schwimmteams vor vier Jahren – die Beckenschwimmer blieben bei Olympia in London ohne Medaille – verfolgte Vogel vor dem Fernseher. Sein Name war damals höchstens Schwimmsport-Experten bekannt.

Doch jetzt ist er Teil des 2016er-Olympiateams, das Chefbundestrainer Henning Lambertz als guten Mix aus etablierten Aktiven und frischen Gesichtern bezeichnet: „Ich freue mich sehr, dass schon jetzt einige junge Athleten, mit denen wir ursprünglich erst für Tokio 2020 gerechnet haben, den Sprung zu den Olympischen Spielen geschafft haben.“

Durchbruch bei der DM 2015

Auch Vogel hatte er wohl noch nicht lange auf dem Zettel. Den großen Durchbruch schaffte der Bayreuther – er startet für die SG Stadtwerke München – erst im vergangenen Jahr bei den Deutschen Meisterschaften. Dort holte der Freistilspezialist die Titel über 400 und 800 Meter.

Nun war sein Name bekannt: Er wurde in einem Atemzug mit dem deutschen Schwimmstar Paul Biedermann (Halle/Saale) genannt – ein Duo wie Bud Spencer und Terence Hill. Der 1,92-Meter-Riese Biedermann und der mit 1,80 Meter deutlich schmächtigere Vogel, der Mann mit dem kräftigen Armzug und der mit dem kraftvollen Beinschlag.

Kein Biedermann-Nachfolger

Ein Jahr später war Vogel nicht mehr Terence Hill. Nachdem der Bayreuther seinen 400-Meter-Titel verteidigt und Silber über 200 Meter geholt hatte, galt er sogar als ein möglicher Biedermann-Nachfolger. Doch das geht Vogel zu weit: „Mit Paul will und kann ich mich nicht vergleichen. Er ist ein Ausnahmeathlet, der – wenn er sein Rennen durchzieht – bei Olympia über die 200 Meter Freistil nur schwer zu schlagen ist. Ich bin einfach ein Schwimmer, der die Freistil-Mitteldistanzstrecken schnell meistern kann, und der bei seinem Olympia-Debüt Spaß haben will.“

Diese Mischung aus Bodenständigkeit und Lockerheit macht Vogel aus. Hinzu kommt, dass er sein Leistungsvermögen sehr gut einschätzen kann. Vogel weiß, was er drauf hat. Erfolge feiert er so ausgelassen wie kaum ein anderer. Doch im Training arbeitet er diszipliniert und hart an sich.

Seinen Größennachteil muss er durch starke Beinarbeit, technisch sauberes Schwimmen und eine gute Lage im Wasser wettmachen. Und das gelingt: Bei der DM 2016 verbesserte er seine 400-Meter-Bestzeit auf 3:44,89 Minuten und katapultierte sich in die Weltspitze.

Bei Olympia 2012 hätte diese Zeit zu Rang vier gereicht, momentan hat Vogel damit Weltranglistenplatz acht inne. „Es ist klar, dass ich nicht nur nach Rio fahre, um teilzunehmen. Top Ten wäre super, aber mein großer Traum ist das Finale.“

Dopingsünder sollen lebenslang gesperrt werden

Den Endlauf verpasste er bei der zurückliegenden Weltmeisterschaft als Neunter nur knapp. „Seitdem ist es in der Spitze noch enger geworden“, sagt Vogel. „Und leider gibt es in unserem Sport auch Athleten, die nicht fair spielen.“ Für ihn ist es eine Farce, wenn Sportler positiv auf Doping getestet und dann trotzdem für Wettkämpfe zugelassen werden. „Wenn der Weltverband damit kein Problem hat, ist das für mich schon ein Problem“, sagt Vogel. „Dann muss jeder Sportler für sich selbst entscheiden, ob er dieses Theater akzeptiert. Ich frage mich schon, wie lange ich das mitmachen will.“ Der 21-Jährige fordert harte Richtlinien: Wer positiv getestet wird, muss lebenslang gesperrt werden.

Auch beim „wichtigsten Rennen seines Lebens“ wird Vogel an der Doping-Problematik nicht vorbei kommen: Der Chinese Sun Yang und der Südkoreaner Park Tae-Hwan sind zwei der weltweit schnellsten 400-Meter-Schwimmer – beide waren bereits wegen Dopings gesperrt. Yang zählt neben dem Australier Mack Horton und dem Britten James Guy sogar zu den Goldkandidaten.

Doch kurz vor dem Olympia-Start will Vogel alle Nebengeräusche ausblenden und sich voll auf sein eigenes Rennen konzentrieren: „Mein Anspruch ist es, persönliche Bestzeit zu schwimmen.“

Die Chancen auf die Qualifikation für den Endlauf ständen dann sicher nicht schlecht. Und vielleicht ist der Bayreuther als Finalteilnehmer auch die Vergleiche mit Terence Hill und Biedermann los. „Birdy ist mein richtiger Spitzname“, sagt Vogel und schiebt mit einem Lachen hinterher. „Nach Olympia dürfen diesen Namen ruhig mehr Leute kennen.“

Die Vorläufe über 400 Meter Freistil beginnen am Samstag um 18.48 Uhr (MEZ), das Finale ist auf Sonntagmorgen 3.30 Uhr (MEZ) angesetzt.

Vogel-Start in der Freistilstaffel

Neben dem Einzelrennen über die 400 Meter Freistil hat sich Florian Vogel auch Freistilstaffel über 4 x 200 Meter qualifiziert. Beim Abschiedsrennen von Paul Biedermann (Halle/Saale) – er beendet nach Olympia seine Karriere – werden den Deutschen durchaus Medaillenchancen eingeräumt.

Allerdings dürften die ersten beiden Plätze an die Teams aus Australien und den USA vergeben sein. „Dahinter kämpfen wohl Großbritannien, Russland und wir um die Plätze“, sagt Vogel. Die deutsche Staffel setzt sich vermutlich aus Biedermann, Vogel, Clemens Rapp (Neckarsulm) und Christoph Fildebrandt (Wuppertal) zusammen.

Wer letztlich nominiert wird, liegt jedoch im Ermessen des Bundestrainers. So musste Vogel bei der zurückliegenden Weltmeisterschaft eine bittere Erfahrung machen: Im Vorlauf gehörte er zum Team, im Finale nicht mehr.

Der Bayreuther ist zuversichtlich, dass ihm das nicht erneut passiert: „Niemand hat einen Anspruch auf einen Staffelplatz, aber wenn ich in Form bin und das auch im Einzelrennen über die 400 Meter unter Beweis stelle, dann sollte ich in der Staffel gesetzt sein. Dann wird mich die Staffel brauchen.“

Die Staffel-Vorläufe starten am Dienstag um 19.17 Uhr (MEZ), sollten sich die Deutschen für den Endlauf qualifizieren, dann kämpfen sie am Mittwochmorgen ab 4.38 Uhr (MEZ) um die Medaillen.

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