Visca Barca - Ein Leben auf Youtube

Von Anna Ernst-Schilling
Anton Rinas ist in Bayreuth ans GMG gegangen und hat die Schule für eine Karriere als Youtube-Star verlassen. Im Hintergrund: Antons WG-Kumpel Massi. Foto: red Foto: red

Anton Rinas hat seine Karriere von Bayreuth aus gestartet. Aus dem Nichts brachte er es mit der Zeit auf fast eine Million Abonnenten auf Youtube. Sie schauen ihm zu, wie er Computerspiele zockt oder mit dem Selfie-Stick Videos von sich und seinem Leben produziert. Besser bekannt ist Anton Rinas unter seinem Künstlernamen Visca Barca. Wenn Jugendliche ihn auf der Straße erkennen, spielen sich Szenen ab, wie bei Popstars. Er ist ein Popstar.

 
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Ein 18-jähriger Junge krallt sich mit der rechten Hand am Kragen seines Sportshirts fest. Seine andere Hand ballt er vor seinem Mund zu einer Faust zusammen. „Shit, das kann nicht sein!“, kreischt er in sie hinein. „Oh mein Gott, bist du's wirklich?“ Seine Augen färben sich rötlich und er wischt mit seinen Fingerspitzen darüber. „Wollen wir ein Foto machen?“, antwortet Anton Rinas (19) und setzt ein Lächeln auf, obwohl er eigentlich was anderes vor hat. Sehnsüchtig starrt er vom Münchener Stachus aus zu den Einkaufsläden in der Kaufingerstraße. Eigentlich wollte er doch shoppen gehen.

Selfies mit Fans gehören zum Alltag

Der Fan kramt in seiner Hosentasche und zückt sein Handy. Er zittert. Erst nach dem dritten Versuch findet er die Kamerafunktion. Anton greift nach dem Handy und hält es vor ihre Gesichter. Er streicht sich durch die Haare, bildet mit seinen Fingern ein „Victory“-Zeichen. Der Junge macht es ihm sofort nach. Klick. Anton zieht einen Mundwinkel hoch und schaut frech in die Handykamera. Der Junge tut das Gleiche. Klick.

Anton Rinas unterwegs in Bayreuth

Bis vor kurzem ist Anton Rinas noch in Bayreuth zur Schule gegangen. Dann hat er vor drei Jahren sein erstes Video gedreht und auf der Internetplattform Youtube unter dem Pseudonym „ViscaBarca“ hochgeladen. Jetzt hat er rund 920.000 Abonnenten und zählt damit zu den 80 erfolgreichsten YouTubern in Deutschland. Seine Videos wurden bis heute insgesamt über 120 Millionen Mal aufgerufen. Damit verdient er Geld. Viel Geld. Jeden Monat eine fünfstellige Summe. Für sein Leben als Youtube-Star hat er in der elften Klasse des Graf-Münster-Gymnasiums in Bayreuth die Schule mit einem Schnitt von 1,9 abgebrochen. Mit 17 ist er dann in die „Youtube-Hauptstadt“ Köln umgezogen.

„Wenn du Youtube machst, musst du eben dafür leben, Digga“

Nach über hundert Selfies mit Fans und einer neuen Sonnenbrille auf der Nase, fährt Anton mit seinem Freund Richard (20) nach Hause. Er steigt in das Auto ein und streicht sich die Haare von der verschwitzten Stirn. „Wenn du Youtube machst, musst du eben dafür leben, Digga“, sagt er zu seinem Kumpel. Der lacht und fährt los. Zuhause angekommen, schlendert Anton die stählerne Treppe zu seiner Wohnung hoch. Er sperrt sie auf und drapiert seine Nikes fein säuberlich neben den anderen Markenschuhen. Durch den hellen Flur bummelt Anton in sein Wohnzimmer und schmeißt sich auf sein riesiges helles Sofa. Sein Blick wandert vom Fernseher über die weiß-grauen Wände bis hin zu seinem silbernen „Playbutton“. Den erhalten Youtuber, die über 100.000 Abonnenten erreicht haben. „Bald steht da endlich der Goldene. Dieses Jahr schaff ich noch die Million“, sagt er. Anton schnappt sich eine bunte Spielzeugwaffe und flitzt die Wendeltreppe nach oben in das Zimmer seines Mitbewohners Massi (22). Anton schießt ihn mit den Schaumstoff-Darts ab. „Digga Anton, das machen wir im nächsten Video und nicht im Real Life!“

Den Mitbewohner beim Zocken kennengelernt

Anton und Massi haben sich über das Computerspiel „Call of Duty“ kennengelernt. In diesem Ballerspiel wurden sie zufällig in das gleiche Team gelost. Sie haben sich auf Anhieb verstanden und nach einigen Spielen beschlossen, sich zu treffen. Sie wurden Freunde und leben jetzt zusammen in einer Wohngemeinschaft in München. Heute spielen die beiden so erfolgreich, dass sie vom Hersteller auf Veranstaltungen eingeladen werden, um dort vor Publikum zu zocken. Auch in einigen ihrer Videos filmen sie ihren Bildschirm und ihre eigenen Gefühlsausbrüche auf die unterschiedlichen Situationen im Spiel. Dieses Konzept gefällt seinen Zuschauern. Antons Kanal wächst. „Hey yo Leute, was geht ab?!“, sagt Anton und strahlt in seine Kamera, die über seinem Computerbildschirm befestigt ist. Dann stöhnt er genervt auf und unterbricht die Aufnahme. Es ist schon zu dunkel. Aus einer Ecke seines Gästezimmers zieht er große weiße Leuchten. Nochmal alles kontrollieren. Mikrofon? Läuft. Computerspiel? Läuft. Kamera? Viel besser! Anton plumpst auf seinen Stuhl, drückt auf Aufnahme und wiederholt: „Hey yo Leute, was geht ab? Heute zock ich mal wieder mit euch und - fuck, das war knapp!“ Seine Spielfigur ist fast von einer Kugel getroffen wurde. Nach einer Stunde beendet er das Spiel mit einem „Haut rein Leute!“ und fährt seinen PC runter. Die immer wieder aufkommende Diskussion um Ballerspiele und Amokläufe kann er nicht nachvollziehen. Für ihn ist das nur ein Spiel.

Angefangen mit einer Ausrüstung für 1500 Euro

Anton schnappt sich sein Handy vom Schreibtisch und lässt sich in das Bett im Gästezimmer fallen. Das Logo auf der Handyhülle ziert ein V verschlungen mit einem B. Dasselbe Zeichen wie auf seinem Computer und seinen Autogrammkarten. Das Zeichen für „ViscaBarca“. Das Zeichen für seine Leidenschaft, aber auch für die harte Arbeit, die dahinter steht. Durch Youtube konnte sich Anton seinen Traum erfüllen und hat letztes Jahr drei Monate lang in seiner Lieblingsstadt Barcelona gelebt. Auch dorthin hat er seine Fans mit der Kamera mitgenommen; Videos über die Stadt, die Leute und seine Erlebnisse geteilt. Nahezu sein ganzes Leben ist im Internet verankert, er hat fast immer eine Kamera dabei. Die 1500 Euro, die er anfangs in seine Ausrüstung investiert hat, haben sich gelohnt. Besonders seine Mutter hat ihn dabei unterstützt und wirkt auch jetzt noch gerne bei seinen Videos mit.

60 Sicherheitsleute beim Auftritt in Berlin

Bei Fantreffen versammeln sich seine Anhänger, um Anton live zu sehen. Das bisher größte hat im vergangenen Jahr in einem Einkaufszentrum in Berlin stattgefunden. Über 5000 Jugendliche waren zusammengekommen, um ihm und zwei anderen Youtubern nah zu sein. Was sie sonst nur in ihnen Videos zeigen, findet bei den Fantreffen auf der Bühne vor Zuschauern statt. Diese Nähe und seine natürliche Art begeistern seine Fans. Youtuber sind Stars, mit allem was dazugehört. 60 Sicherheitsleute hielten beim Auftritt in Berlin die tobende Menge zurück. Anton liebt diese Events und genießt sein Leben. Trotz der Einschränkungen seiner Privatsphäre und trotz der Leute, die ihn kritisch sehen, weil er in seinem jungen Alter schon so erfolgreich ist. Und die nächsten Selfies Abends laufen Anton und Richard in der Kaufingerstraße in München auf und ab und suchen ein passendes Restaurant. Richard erkennt eine Gruppe potentieller Abonnenten von Anton und schreit in Richtung der Jugendlichen: „Schaut mal, da ist ViscaBarca!“ Anton verdreht die Augen und stiert Richard böse an. „Digga, ich will einfach mal chillen. Musst du das immer machen?“ Ein paar der Jungs rennen Anton entgegen. Sofort lächelt er wieder, wartet die Reaktionen ab und schießt die nächsten Selfies.

Hier gehts zum Youtube-Kanal von Anton Rinas alias Visca Barca

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