Warum Volkshochschulen Probleme haben, Deutschkurse für Flüchtlinge anzubieten VHS: Lehrer für Flüchtlinge Mangelware

Von Jana Backes
Erste Sprachkenntnisse: Flüchtlinge haben im Pegnitzer Bürgerzentrum mit Hilfe der VHS eine Ausstellung über ihre Heimat die Unterschiede zu Deutschland vorbereitet. Sprachunterricht geben in Pegnitz wie überall im Kreis nur Ehrenamtliche aus Helferkreisen. Foto: Archiv/Kerstin Goetzke. Foto: red

Ohne Sprache keine Integration. Ein wichtiger Anbieter von Deutschkursen ist die Volkshochschule. Derzeit kann die VHS in der Stadt Bayreuth ausreichend Kurse für Flüchtlinge einrichten. Im Landkreis gibt es keine. Das Hauptproblem für beide: Es fehlen Lehrkräfte. Was aber, wenn die Zahl der Flüchtlinge wieder zunimmt? 

 
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So sieht es in der Stadt aus:

„Wer sich im Bereich Deutschkurse spezialisiert hat, hat eigentlich alles richtig gemacht", sagt von Guaita. "Der Markt ist leer gefegt. Diese Lehrer sind die am meisten gefragten Fachkräfte. Aber wir können sie nicht dementsprechend bezahlen.“ Die Dozenten seien hochqualifizierte Lehrkräfte, oft mit Zusatzausbildung. Die meisten hätten befristete Verträge.

Die Gehälter der Deutschkurs-Dozenten kommen aus Zuschüssen des bayerischen Kultus- und des Sozialministeriums, die die Volkshochschule als Träger von Flüchtlingskursen erhält. "Die Mittel reichen aber seit Jahren nicht aus", sagt von Guita. Die Bundesregierung müsse dieses Problem lösen.

Die VHS bietet in der Stadt mehrere Deutschkurse für Flüchtlinge an, darunter einen Erstorientierungskurs mit Schwerpunkt auf deutschem Alltag und Sprache. Alle 14 Tage ist ein Neueinstieg möglich, wenn ein neues Modul beginnt. Die VHS gibt Flüchtlingen außerdem Alphabetisierungskurse und übernimmt den Deutschunterricht für minderjährige Flüchtlinge an Bayreuther Berufsschulen.

"Momentan scheint der Kursbedarf gedeckt", sagt von Guaita. "Aber wenn, wie im vergangenen Jahr, wieder mehr Flüchtlinge kommen, habe ich bestimmt wieder einige schlaflose Nächte." Ein weiterer Unsicherkeitsfaktor: Viele Flüchtlinge seien noch im Asylverfahren. Währenddessen haben sie kein Anrecht auf Deutschkurse.

So sieht es im Landkreis aus:

Auch hier fehlen Lehrer. Mit einem Unterschied: Es gibt in den mehr als 30 eigenständigen Außenstellen der Kreis-VHS keinen Deutschunterricht für Flüchtlinge. "Die Flüchtlinge sind massiv und schnell in den Landkreis gekommen", sagt Uwe Semmelmann, der Geschäftsführer der Volkshochschule Landkreis Bayreuth. In vielen Orten hätten ehrenamtliche Unterstützerkreise Erstorientierungs-Deutschkurse angeboten. Keine Profis also.

"Wir wären gern eingestiegen", sagt Semmelmann. "Es gab verschiedene Ansätze, die Kurse zu finanzieren. Aber wir haben bis heute keine Lehrer zur Verfügung." Auch im Kreis ist der unsichere Status der Flüchtlinge ein Problem: "Wenn plötzlich die Teilnehmer weg sind, dann bricht der ganze Kurs zusammen", sagt Semmelmann. Zudem sind die Flüchtlinge im Landkreis verteilt. "Es ist problematisch, vor Ort genügend geeignete Kursteilnehmer zu finden."

Hans-Jürgen Roß ist vor Ort. Der Studienleiter der VHS Bindlach sagt: „Momentan gibt es in der Gemeinde Bindlach keine Flüchtlinge und deshalb keine Deutschkurse.“ Es hätten sich aber Ehrenamtliche, die für die VHS arbeiten, bereit erklärt, bei Bedarf Deutschkurse zu geben. Diese seien aber keine zertifizierten Lehrkräfte.

In Pegnitz und Weidenberg hält sich die VHS mit eigenen Angeboten zurück. Dort gebe es einen "sehr aktiven Unterstützerkreis", in dem pensionierte Lehrer Deutsch unterrichteten, sagt Andrea Giesbert, Geschäftsführerin der VHS Pegnitz. „Wir wollten nicht den Eindruck erwecken, dieses Angebot verprellen zu wollen.“  Momentan sei der Bedarf gedeckt. Das könne in ein paar Wochen aber anders aussehen.

Hintergrund: Sprachkurse und das neue Integrationsgesetz

Am 25. Mai hat die Bundesregierung ein neues Integrationsgesetz verabschiedet. Es soll vor allem die Integration in den Ausbildungs- und Arbeitsmarkt fördern - und mehr von Flüchtlingen fordern. Wer sich weigert, wird bestraft. Ein Punkt: Für Asylberechtigte sollen Integrationskurse Pflicht werden. Diese bestehen aus einem Orientierungsteil, in dem es verstärkt um deutsche Werte gehen soll, und aus einem Sprachkurs. Stimmt der Bundestag dem Gesetz zu, haben Flüchtlinge gleichzeitig aber nur noch ein Jahr lang einen Anspruch auf einen Platz in einem solchen Kurs. Wenn sie sich nicht kümmern, erlischt dieser.

Sozialorganisationen wie Pro Asyl und der Paritätische Gesamtverband bemängeln, dass die Nachfrage an Sprach- und Integrationskursen das Angebot bei Weitem übertreffe. Laut Frank-Jürgen Weise, dem Leiter des Bundesamts für Migration und Flüchtlinge (BAMF), fehlen unter anderem wegen Lehrermangels schon in diesem Jahr 200.000 Plätze. Die VHS Bayreuth Stadt bietet seit etwa zehn Jahren keine Integrationskurse mehr an, sagt Leiterin Beatrix von Guaita. "Wir hatten damals keine Räume und Lehrer." Bei noch nicht anerkannten Flüchtlingen haben nur solche überhaupt einen Zugang zu den Integrationskursen, die eine besonders hohe Bleibeperspektive besitzen, sagt das BAMF dem Kurier. Das sind Menschen aus Syrien, Eritrea und dem Irak. (woj)

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