Ärger in der Spanking-Szene: Mann aus der Fränkischen Schweiz soll Bayreutherin verfolgen Spanking: Verschmähte Liebe statt Hiebe

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Die Peitsche gehört zu ihr: Tanja König Foto: Red Foto: red

Sie versohlen sich den Hintern, um die sexuelle Lust zu steigern. Die Spanking-Freunde. Doch viel schmerzhafter als Schläge ist Stalking: Mit seinen „Bemühungen“ um eine Frau hat ein Mann aus der Fränkischen Schweiz die ganze deutsche Spanking-Szene in Aufruhr gebracht. Von 1000 Emails im Monat ist die Rede. Und einer Anzeige.

 
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Tanja König (38), lange dunkle Haare, schlank, die großen Augen voller Lebenslust, ist die fränkische Königin des Hintern-Versohlens. Jener Spielart des Sado-Masochismus, bei denen die Menschen Lust daraus ziehen, wie kleine Kinder in alten Zeiten „bestraft“ zu werden. „Wir sind ganz normale Menschen“, sagt König. Die sich wie ganz normale Menschen auch zum Stammtisch treffen. Der ist in Bayreuth, wo König wohnt. Allerdings haben die Teilnehmer, die aus ganz Deutschland angereist sind, an diesem Samstagabend keinen Kochlöffel dabei, ein Sinnbild strenger Bestrafungen. Denn die Szene ist in Aufruhr. Dafür wird Tim (51) verantwortlich gemacht. Tim heißt in Wirklichkeit ganz anders und wohnt in einem kleinen Ort in der Fränkischen Schweiz. Und Tim weist alle Vorwürfe von sich.

Als Tims Frau ihn vor Jahren bat, „ihr den Hintern zu versohlen“, hatte er „den besten Sex seines Lebens“. Die beiden nahmen Kontakt in die Szene auf, dank Internet ein Leichtes. Im Oktober vergangenen Jahres lernt Tim – im Internet – Tanja aus Bayreuth kennen. Man trifft sich auf einen Kaffee, einen zweiten, einen dritten. Ab dem dritten Kaffee erzählen beide unterschiedliche Geschichten.

„Ich wollte nicht mehr“, sagt Tanja. Aber Tim sei mit der Zurückweisung nicht zurechtgekommen. Es habe ein Bombardement von Emails gegeben, teilweise 1000 pro Monat. „Seit Silvester ist es hardcore“, sagt Tanja. Tim habe sich zu Partys eingeladen, auf denen sie war. Er habe sie zu „retten“ versucht, habe ihr helfen wollen. „Ich brauche keine Hilfe.“ In der Zwischenzeit haben die Spanking-Leute aufeinander eingedroschen. Nicht mit Kochlöffeln und Peitschen, sondern im Internet mit Mails und in Foren. Angeblich seien einzelne Personen geoutet worden oder beleidigt.

Tim räumt ein, dass es „viele Mails“ gab, „aber keine 1000“. Er habe Tanja kennengelernt, als sie „völlig fertig“ gewesen sei und wollte ihr „nur helfen“. Er dachte, sie habe Hilfe nötig. Und im Dezember „begann das Fiasko“, sagt er. Er schrieb Emails, sie fühlte sich „bedroht“, sie hatte Angst: „Er beherrschte mein Denken“. Er habe versucht, ihren neuen Partner von ihr fernzuhalten. Und sie ging zur Polizei. Derweil tobte in der Internet-Gemeinschaft der Spanker ein wilder Streit.

Die Szene ist überschaubar – etwa 1000 Spanker gibt es in Deutschland, in Österreich sind es deutlich weniger. Sie treffen sich auf Partys oder in bestimmten Einrichtungen. Eine davon liegt im Hinterhof eines Wohnblocks mitten in Bamberg. Dort werden die Spanker zu „Spiel-Partnern“. Sie spielen Rollenspiele: Internat-Szenen, Vernehmungen bei der Polizei, strenge Eltern. Das Ziel: sich den Hintern zu versohlen. Auch Tanja und Tim haben sich zum „Spielen“ getroffen. Wollte er mehr? Sie sagt ja, er sagt nein.

Manche Fotos dieser Treffen wirken auf Außenstehende vielleicht erschreckend, wund geprügelte Hintern, gefesselte Männer und Frauen. „Früher hießen wir Flagellanten, Auspeitscher“, sagt Rainer Klaas (49), der schon seit 30 Jahren in der Szene ist und alle Treffs im deutschsprachigen Raum kennt. Klaas betreibt eine einschlägige Internet-Seite, auf der er Tim verbannt hat. Unter anderem auch, weil Tim harte Vorwürfe äußerte: Auf den Spanking-Seiten sei kinderpornografisches Material. Es gibt naive Zeichnungen von Kindern, die bestraft werden. „Kunst“, sagt Klaas, und „Age-Play“: Ältere Menschen versetzen sich gedanklich wieder in eine Kinder-Gefühlswelt. Jugendschutz Net, eine Art Internet-Überwachungsbehörde, habe grünes Licht gegeben, sagt Klaas. Und andere Seiten, auf denen diese Zeitung tatsächlich sehr junge Menschen entdeckt hat: „Gehören nicht zu uns.“ Auch Klaas überlegt, Tim wegen der Vorwürfe anzuzeigen.

Der hat seit dem Wochenende seine Mails aufgegeben. „Ich wünsche Tanja alles Gute“, sagt er und es klingt kleinlaut. Aber wütend ist er trotzdem: „Der gehört mal richtig der Hintern versohlt.“ Als ob das eine Strafe für sie wäre.

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