Verwaltung prüft, ob an der Ludwigstraße ein Shared Space eingerichtet wird Verkehrsversuch: Alle sind gleich

Von Frank Schmälzle
An der Richard-Wagner-Straße müssen sich Verkehrsteilnehmer jetzt bereits den Platz teilen. Foto: Ronald Wittek Foto: red

Jetzt also doch: Die Stadtverwaltung prüft einen Verkehrsversuch zwischen Jean Paul-Platz und dem Neuen Schloss. Auf Antrag der Grünen soll dort ein Shared Space eingerichtet werden. Dann hätten Fußgänger, Radfahrer und Autofahrer dieselben Rechte. Müssten ohne jede Verkehrsregelung Rücksicht aufeinander nehmen. Der Stadtrat kippte damit das Gutachten, das der Verkehrsausschuss in der vergangenen Woche gegeben hatte.

 
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Immer, wenn es irgendwo auf Bayreuths Straßen hakt, hat das einen Grund, sagt Klaus Wührl-Struller (Die Grünen und Unabhängigen): "Dann mangelt es an der gegenseitigen Rücksichtnahme." Shared Space, also ein geteilter Verkehrsraum mit gleichen Rechten für alle, erhebt die Rücksichtnahme zum Prinzip, sagt Wührl-Struller. Das funktioniert in anderen Städten. Kann, wenn es gut läuft, eine Lösung auch für andere heikle Verkehrssituationen in Bayreuth sein. Wird aber auf jeden Fall Erfahrungen liefern, sagt Wührl-Struller. Zum Beispiel für die Sophienstraße oder die Kanalstraße. Auf keinen Fall wird es ein Verkehrschaos auslösen, sagt Wührl-Struller. Und: Von einem rechtsfreien Raum, weil ein gemeinsamer Verkehrsraum ohne Verkehrszeichen auskommt und allein durch Kommunikation und Interaktion der Verkehrsteilnehmer funktionieren soll, kann keine Rede sein. Dafür sorgt schon der Paragraf 1 der Straßenverkehrsordnung: "Jeder Verkehrsteilnehmer hat sich so zu verhalten, daß kein anderer geschädigt, gefährdet oder mehr, als nach den Umständen unvermeidbar, behindert oder belästigt wird."

Kämpf sagt: Der Versuch darf nicht an mangelnder Vorstellungskraft scheitern

So sieht das auch Georg Kämpf (BG). "Es kann doch nicht sein, dass ein solches Projekt an der mangelnden Vorstellungskraft einzelner Stadträte scheitert." Sein Fraktionskollege Ernst-Rüdiger Kettel hatte wenige Tage zuvor im Verkehrsausschuss gesagt, er könne sich Shared Space in Bayreuth nicht vorstellen. Kämpf kann es sich vorstellen: "Wenn es klappt, wird das der Stadt guttun."

Kritiker sagen: Bayreuth kann auf die Parkplätze nicht verzichten

Die, die gegen eine Verkehrsversuch sind, haben vor allem ein Argument: Shared Space funktioniert nur, wenn sich die Verkehrsteilnehmer sehen. Und da stören Parkplätze. Zwischen Jean-Paul-Platz und neuem Schloss müssten also die Stellplätze weg, oder zumindest würden es weniger. Das schadet dem Einzelhandel in der Innenstadt, sagt Halil Tasdelen (SPD). Und macht das Parken für Menschen, die in der Innenstadt arbeiten, noch schwieriger. Dass Shared Space Parkplätze kostet sehen auch Elisabeth Zagel (SPD) und Michael Hohl (CSU) als Problem. SPD-Fraktionsvorsitzender Thomas Bauske ahnt Böses. Warum kämpft ausgerechnet Georg Kämpf jetzt für einen Shared Space? Ausgerechnet der Stadtrat, der die Bayreuther Fußgängerzone zuletzt als zu lang bezeichnet hatte und laut über eine teilweise Wiederölffnung für den Straßenverkehr in Seitenstraßen des Marktplatzes nachgedacht hatte? Wohl weil Shared Space ein Weg dazu sein könnte.

23 von 42 Stadträten, die an der Sitzung am Mittwoch teilnahmen, sprachen sich dafür aus, dass die Stadtverwaltung einen gemeinsamen Verkehrsraum an der Ludwigstraße weiter prüft. Warum dort: Im Jahr 2018 soll die Ludwigstraße saniert und erneuert werden. Dann könnte auch ein Shared Space ohne große zusätzliche Kosten eingerichtet werden.

Stichwort Shared Space

Die Idee hinter Shared Space ist es, den öffentlichen Raum aufzuwerten. Befürworter dieses Verkehrsmodells sagen: Der Verkehrsraum ist überreguliert ist. Schilderwälder entstehen oft nicht, um den Verkehr sinnvoll zu regulieren. Sondern weil es die Gesetze so vorsehen. Statt dem motorisierten Verkehrs Vorrang zu geben, sollen  alle Verkehrsteilnehmer und Nutzungen  gleichwertig nebeneinander existieren und sich den Raum teilen. Sie müssen aufeinander Rücksicht nehmen. Zusätzlich zur Lebensqualität soll so auch die Verkehrssicherheit steigen.

In einem Shared Space gibt es keine Bordsteine und Abgrenzungen. Keine Ampeln und keine Verkehrsschilder. Die Straßenverkehrsordnung wird auf gegenseitiges Rücksichtnehmen und das Rechts-vor-Links-Gebot reduziert. Damit wird bewusst Unsicherheit erzeugt, die Verkehrsteilnehmer zu Rücksichtnahme zwingt. Aus Unsicherheit soll so Sicherheit werden.

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