Früher dokumentierten Experten den Tatort mit Maßband und Kamera. Der Ermittler hielt fest, was ihm wichtig schien. Das Bild blieb subjektiv - und zweidimensional. «Damit konnte man sich oft nicht wirklich vorstellen, wie es da ausgesehen hat», sagt Breker. Mit Hilfe von Fotos, Skizzen und noch vorhandenen Strukturen kann Breker rückwirkend 3D-Modelle erstellen. Selbst das Licht zur Tatzeit kann genau nachempfunden werden, per Wetterdaten und Sonnenstand.
"Man kann Menschen virtuell konservieren"
Im LKA-Labor stehen ein Schädel mit Einschuss und ein Brustkorb mit Einstich ins Herz. CT-Daten machten die Verletzungen sichtbar - und den Körper des Opfers von innen begehbar. «Die 3D-Technik eröffnet auch hier ganz neue Möglichkeiten», sagt Breker. Etwa die «Virtopsy», eine virtuelle Obduktion. «Das wird sicher irgendwann Einzug halten in die Rechtsmedizin.» Anders als bei der bisherigen Obduktion ist sie Jahre später noch möglich. «Man kann Menschen virtuell konservieren, virtuell einfrieren», sagt Breker. «Das sind Möglichkeiten, von denen hat man vor zehn Jahren geträumt.»
Andere Landeskriminalämter arbeiten auch mit der Lasertechnik, die Münchner haben sie aber nach eigener Aussage sehr weit entwickelt.
Das 3D-Modell biete eine neue Möglichkeit, die «einem die Örtlichkeit vertraut machen kann», sagt dazu der stellvertretende Leiter der Zentralen Stelle zur Aufklärung nationalsozialistischer Verbrechen in Ludwigsburg, Thomas Will. «Es kann aber nicht einen tatsächlichen örtlichen Augenschein ersetzen.» Die Ausmaße der Konzentrationslager ließen sich erst beim persönlichen Besuch wirklich erfassen.
Ausschwitz-Modell nachgebildet
Das Auschwitz-Modell hatte das LKA für die Staatsanwaltschaft Weiden erstellt. Der wegen Beihilfe zum Mord an mehr als 200 000 ungarischen Juden Angeklagte starb aber 89-jährig, bevor es zum Prozess kam. Im Prozess gegen den SS-Wachmann Reinhold Hanning wegen Beihilfe zum 170 000-fachen Mord war das Modell im Einsatz. Es hat nicht den Rang eines Beweismittels wie Zeugenaussagen. Das Gericht wies aber im Urteil eigens auf die Erkenntnis aus dem Modell hin, nämlich, dass der Mann vom Wachturm die Krematorien sehen konnte.
Noch immer sind nicht alle NS-Prozesse abgeschlossen. Die Zentralstelle in Ludwigsburg ermittelt vor allem gegen weitere Ex-Angehörige von KZs. 2016 hat die Behörde 30 neue Verfahren eingeleitet und zum Großteil an die zuständigen Staatsanwaltschaften abgegeben, darunter Verfahren zum KZ Stutthof und erneut zu Auschwitz. Zu diesem sind in Gera, Oldenburg und Stuttgart derzeit drei Verfahren offen.
Das Auschwitz-Modell könnte, wenn es keine Beschuldigten mehr gibt, NS-Dokumentationsstätten zur Verfügung gestellt werden, etwa der Holocaust-Gedenkstätte Yad Vashem. Öffentlich zugänglich soll es nie werden. Zu sehr ähnelt die Reise durch die Vergangenheit einem Videospiel, und allzuleicht könnten Rechte daran Geschmack finden.
dpa