VdK zu Rentenbeschlüssen: Reicht nicht

Von Peter Rauscher
Alte Menschen auf einer Bank: Die große Koalition hat ihre Rentenbeschlüsse veröffentlicht.Foto: Matthias Hiekel, dpa Foto: red

Von den Koalitionsbeschlüssen zur Rente werden in Oberfranken nur Versicherte profitieren, die aus gesundheitlichen Gründen früher in Rente gehen müssen oder die eine Betriebsrente abschließen wollen. Und dem VdK fehlt etwas Entscheidendes.

 
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Christian Hartmann, Kreisgeschäftsführer beim Sozialverband VdK in Oberfranken, sagte auf Kurier-Anfrage zu den Ergebnissen des Koalitionsgipfels vom Donnerstag: „Alles, was Besserung bringt, ist gut, aber es hätte mehr sein können.“

Die Beschlüsse im Überblick:

Erwerbsminderungsrente: Bei Menschen, die wegen Krankheit früher aus dem Job aussteigen müssen, sollen die Renten wegen geminderter Erwerbsfähigkeit künftig so berechnet werden, als ob sie bis zum Alter von 65 Jahren gearbeitet hätten, nicht wie heute bis 62. Die Verbesserungen sollen zwischen 2018 und 2024 erfolgen. Laut CSU-Landesgruppenchefin Gerda Hasselfeldt bringt dies Betroffenen dann im Schnitt 50 Euro mehr im Monat. Allerdings soll die Regelung nur für Neurentner gelten. Das kritisiert Christian Hartmann: „Davon müssen dringend auch die Bestandsrentner profitieren“, sagte er. Männer in Oberfranken erhielten derzeit im Schnitt nur rund 774 Euro Erwerbsminderungsrente, bei den Frauen seien es 27 Euro weniger, das reiche nicht. Zudem seien die medizinischen Zugangsvoraussetzungen zur Erwerbsminderungsrente viel zu hoch.

Betriebsrenten: Die Koalition einigte sich darauf, die betriebliche Altersvorsorge stärken. Ein Gesetzentwurf soll zügig im Bundestag verabschiedet werden. Dieses Vorhaben begrüßte Harmtann uneingeschränkt.

Ost-West-Renten: Auch die beschlossene Angleichung der Ostrenten auf das Westniveau in acht Schritten bis 2025 – fünf Jahre später als im Koalitionsvertrag vorgesehen – findet Hartmann richtig. Oberfränkische Rentner betrifft dies nicht – wenn man davon absieht, dass die Kosten von 3,9 Milliarden Euro für die Angleichung möglicherweise über Steuern finanziert werden sollen. Die Steuerfinanzierung fordert Arbeitsministerin Andrea Nahles (SPD), Finanzminister Wolfgang Schäuble (CDU) verlangt dagegen, dafür Beitragsmittel aus der Rentenversicherung zu verwenden.  Im Gegenzug zur Angleichung werden die Löhne in Ostdeutschland bei der Berechnung der Rentenanwartschaften erst 2025 nicht mehr höher bewertet.

Was fehlt: „Hoch dringend“ wäre nach Hartmanns Ansicht die Einbeziehung Selbstständiger in die Pflichtversicherung gewesen. „Man muss das machen, sonst landen weiter viele kleine Selbstständige in der Sozialhilfe oder der Grundsicherung,“ sagte der VdK-Kreisgeschäftsführer. Außerdem fordert der VdK, dass künftig 100 Euro, die man aus einer Riesterrente bekommt, nicht mehr auf die Grundsicherung angerechnet werden. Mit dem Vorschlag einer Solidarrente für Geringverdiener mit 35 Beitragsjahren, die zehn Prozent über der Grundsicherung liegt, hatte sich Arbeitsministerin Andrea Nahles (SPD) in der Koalition nicht durchsetzen können. Ebenfalls nicht durchgesetzt hat sich die CSU mit der Forderung nach einer höheren Mütterrente bei Erziehung von Kindern, die vor 1992 geboren wurden. „Es wäre wichtig gewesen, diese Mütter genauso zu behandeln wie die Mütter jüngerer Kinder, ihnen also ein drittes Erziehungsjahr gutzuschreiben. Für diese Mütter gab es deutlich schlechtere Möglichkeiten der Kinderbetreuung“, sagt Hartmann.

Haltelinien: Am Tag nach dem Koalitionsgipfel stellte Ministerin Nahles ihr mit Spannung erwartetes Rentenkonzept vor. Demnach will sie den Menschen in Deutschland bis 2045 ein Rentenniveau von mindestens 46 Prozent garantieren. Derzeit liegt es bei rund 48 Prozent. Der Beitragssatz soll bis dahin nicht über 25 Prozent steigen. Sie zeigte sich „enttäuscht“, dass die Union dieser  „doppelten Haltelinie“ nicht zugestimmt habe. Das Rentenniveau stellt dar, in welchem Verhältnis die Standardrente eines Jahres zum Durchschnittsverdienst der Beitragszahler desselben Jahres steht.  Das alles sei nicht zum Nulltarif zu haben, sagte Nahles. Wenn nichts geschehe, werde das Rentenniveau von heute rund 48 Prozent aber wohl auf 41,7 Prozent fallen. Ab 2030 solle ein Demografiezuschuss aus Steuermitteln eingeführt werden, der bis 2040 auf 2,5 Prozent der Rentenausgaben anwachsen soll.

Mit Material von dpa