Am Ende hörte Mario W. nur noch ein kleiner Kreis von Unterstützern im Gerichtssaal zu, die glaubten, er sei wie sie ein Opfer der Justiz. W. hatte (so ist zumindest der Eindruck des Gerichts) das Problem, in drei Leben gleichzeitig sein zu müssen: Als aufstrebender Rocker in der abgeschotteten Welt der „Bandidos“ machte er Karriere. Gleichzeitig wurde der Spitzel für das LKA immer interessanter, je näher er der Spitze der Regensburger Rocker (mit Querverbindungen auch ins rechtsextreme Milieu) kam. Und daneben ging er eigenen kriminellen Geschäften nach – obwohl er vom LKA immer wieder belehrt wurde, genau das nicht zu tun.
Mario W. genoss es , im Scheinwerferlicht zu stehen
Mario W. genoss es erkennbar, durch Berichterstattung im Scheinwerferlicht zu stehen. Gerne hörte er in den vergangenen Wochen, er sei als V-Mann ungewöhnlich erfolgreich gewesen. Im bürgerlichen Leben war er immer wieder gescheitert, mit 7,5 Millionen Euro Schulden ins Milieu abgedriftet.
Seiner arbeitslosen Tochter verhalf er zu Einkommen, indem er ihr Drogen aus Tschechien besorgte. Die verkaufte sie in der Kitzinger Rauschgiftszene weiter. Das brach dem Spitzel das Genick: Würzburger Drogenfahnder ermittelten gegen die Tochter und ihren Lieferanten. Diese Drogengeschäfte (mindestens sechs) brachten Vater und Tochter in Haft, weil die Fahnder hartnäckig ermittelten.
Bis heute muss man aufpassen, wie W. seine Darstellung je nach Bedarf der Lage anpasst. Das machte der Vorsitzende Döpfner in seinem Urteil deutlich. In 35 Prozesstagen im ersten Verfahren 2013 war nie die Rede davon gewesen, dass W. im Auftrag des LKA Drogen besorgt hatte – obwohl ihn die Ermittler daraufhin wie eine heiße Kartoffel fallen gelassen hatten. „Das hätte ich dem Norbert sagen sollen“, jammerte er nach seiner Festnahme nach Angaben von Zeugen. Norbert ist der Vorname seines LKA-Führungsoffiziers, zu dem W. zeitweise ein vertrautes Verhältnis hatte.
Erst als ihm dies im zweiten Durchlauf nützlich schien, brachte er die neue andere Version. Plötzlich hatte ihn „Norbert“ regelrecht gedrängt, die zehn Gramm Crystal zu besorgen, um Ermittlungen gegen den Rockerboss zu fördern. Wiederholt kündigte W. im Prozess an, eine E-Mail zu präsentieren, die beweisen sollte: Er habe das LKA im Vorfeld über den Drogenkauf in Tschechien informiert. Es blieb aber bei der mehrfachen Ankündigung. Tatsächlich tauchte nie eine Mail auf, wie das Gericht im Urteil erwähnte.
Zum Wohle eines übergeordneten staatlichen Interesses
Verteidiger Alexander Schmidtgall sagte, die Beweisaufnahme in Würzburg habe ein System offengelegt, mit dem das LKA Top-V-Mann Mario geführt habe: Sein Mandant habe Straftaten begangen – zum Wohl eines übergeordneten staatlichen Interesses. Das Gericht hielt das für falsch und sah keine provozierten Taten.
Ob der Fall Mario W. nun erneut in Revision geht, und zum dritten Mal vor Gericht in Würzburg landet, ist ungewiss. W. sitzt seit annähernd fünf Jahren wegen diverser Delikte in Haft. Verzichtet er auf einen dritten Durchgang, hätte er in etwa fünf bis sechs Monaten zwei Drittel seiner Strafe verbüßt und könnte auf freien Fuß kommen. Besteht er auf einer Revision, sitzt er wohl weiter in der Zelle – mit ungewissem Ausgang.
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