In Drogenprozess wird Kronzeuge zum Märchenerzähler V-Frau entlastet Angeklagten

Von Manfred Scherer
In einem Drogenprozess lösen sich Vorwürfe in Luft auf. Foto: Arne Dedert, dpa-Archiv Foto: red

Eine Strafandrohung von mindestens fünf Jahren löst sich in Luft auf. In einem Prozess gegen einen 46-jährigen Türken aus Bayreuth geht es um eine Haschischconnection Frankfurt – Bayreuth, um heiße Tipps, die am Festspielhaus an die Kripo gegeben wurden und um einen angeblichen Raub in der Drogenszene. Der Angeklagte hat Glück: Sein Verteidiger kennt von früher eine Frau, die in dem Fall die Schlüsselrolle spielt.

 
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Die Frau, die lange Jahre in Kulmbach lebte, wohnt jetzt in Frankfurt. Sie ist drogensüchtig. Jahrelang war die heute 45-Jährige in einer Beziehung mit dem Frankfurter Türken Saba D. „Er hat mich auf den Strich geschickt“, sagt sie. Dann trennte sie sich und ging eine freundschaftliche Beziehung mit einem anderen Türken ein: der 46-Jährige T. war aus dem Raum Bayreuth nach Frankfurt gegangen. Auch er ist drogensüchtig – seit Jahren. „Saba war deswegen wütend auf mich“, sagt sie.

T., Sohn eines Gastarbeiters und Dönerbudenbetreibers, steht als Angeklagter vor dem Landgericht. Der Vorwurf: Er soll in Frankfurt an D. zwei Kilo Haschisch verkauft haben. Und er soll in Bayreuth in St. Georgen einem dritten Türken, dem 54-jährigen Adnan Y., unter Einsatz eines Zimmermannshammers 300 Euro abgepresst haben.

"Wenn ich unter Drogen stehe, verspiele ich Geld"

„Alles Lüge“, sagt sein Verteidiger Alexander Schmidtgall. Das angebliche Rauschgiftgeschäft habe nie statt gefunden. Und die Geldforderung sei berechtigt gewesen. Der Angeklagte T. erklärt: Er sei bei Y., einem alten Bekannten, gewesen und habe dort Crystal Speed konsumiert. Dann habe er ihm 300 Euro gegeben, um das Geld aufzubewahren, denn: „Wenn ich unter Drogen stehe, verspiele ich Geld. Und das Geld war für den Geburtstag meines Kindes.“ Und als er das Geld danach wieder abholen wollte, habe Y. die Herausgabe verweigert. Erst dann habe er einen in der Wohnung herumliegenden Hammer ergriffen und habe damit wütend auf Möbel eingeschlagen. Wenn T.’s Geldforderung berechtigt war, dann wäre die Grundlage für den Vorwurf der schweren räuberische Erpressung nicht erfüllt.

Vertrauliches Gespräch beim Festspielhaus

T. wird entlastet durch seine gute Freundin. Diese Frau war in dem Prozess nicht als Zeugin vorgesehen, denn sie war geheim gehalten worden. Anwalt Schmidtgall brachte sie mit und sie sagte dies aus: Sie sei die Vertrauensperson gewesen, die die Haschischconnection Frankfurt – Bayreuth hatte auffliegen lassen. Sie berichtet, dass sie erfahren hatte, dass ihr Ex-Freund Saba D. eben den gemeinsamen Bekannten Adnan Y. als Drogenkurier benutzt habe und auch selbst Haschisch nach Bayreuth gebracht habe. Dies habe sie der Kripo in Bayreuth bei einem vertraulichen Gespräch berichtet: „Ich rief an, die kannten mich von früher. Dann wurde ich am Bahnhof abgeholt und wir fuhren zum Festspielhaus. Es war mitten in der Festspielzeit.“ Sie sagt, T. habe niemals an Saba D. Hasch verkauft. Und sie bestätigt, dass T. in St. Georgen Geld an Adnan Y. gegeben habe, weil „er das Geburtstagsgeschenk nicht verzocken wollte.“

Nach dem Bericht am Festspielhaus hob die Kripo die Haschdealer aus. Saba D. wurde festgenommen. Er machte den Kronzeugen und beschuldigte unter anderen auch T. – offenbar als Retourkutsche gegen den neuen Freund seiner Ex. Als Zeuge im Landgericht behauptete D. sogar, T. habe ihn „bedroht, damit ich ihm Hasch abkaufe.“ Diese Aussage kommentierte der Gerichtsvorsitzende Michael Eckstein so: „So etwas habe ich in hunderten Drogenprozessen noch nie gehört – darauf stütze ich keine Verurteilung.“

Der Prozess wird fortgesetzt.

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