Urteil im Fall Nadler Donnerstag

Von Jürgen Umlauft

Der juristische Streit um die Veröffentlichung der Gehaltszahlungen des früheren Bayreuther CSU-Parlamentariers Walter Nadler an seine im häuslichen Abgeordnetenbüro arbeitende Ehefrau steht kurz vor dem Ende. Der Bayerische Verwaltungsgerichtshof (VGH) will sein Urteil am 24. November verkünden.

 
Schließen

Diesen Artikel teilen

Auf Herausgabe der Daten im Zuge der so genannten "Verwandten-Affäre" hatte 2013 der damalige Chefredakteur des "Nordbayerischen Kurier", Joachim Braun, geklagt, nachdem der Landtag die Veröffentlichung verweigert hatte. Im April 2015 hatte das Verwaltungsgericht München Braun recht gegeben, der Landtag legte dagegen Berufung zum VGH ein.

Manche Abgeordnetet haben falsch abgerechnet

Nadler gehörte zu insgesamt 79 Landtagsabgeordneten, die über eine Altfallregelung Familienmitglieder in ihren Büros beschäftigten und die Kosten dafür über die vom Landtag gewährte Mitarbeiterpauschale abrechneten. Diese umstrittene Praxis wurde nach der Landtagswahl 2013 eingestellt. Öffentlich wurden seinerzeit auch einige Fälle von Missbrauch der Regelung. Der damalige CSU-Fraktionschef Georg Schmid wurde zum Beispiel zu einer 16-monatigen Bewährungsstrafe mit Geldauflage verurteilt, weil er die Bürodienste seiner Ehefrau in offensichtlich betrügerischer Absicht falsch abgerechnet hatte.

Vor diesem Hintergrund solcher Fälle verlangte Braun damals Auskunft über die Zahlungen Nadlers an seine Frau. Es liege im öffentlichen Interesse zu wissen, ob in dem über mehr als ein Jahrzehnt währenden Beschäftigungsverhältnis eine den erbrachten Leistungen angemessene Bezahlung vorgelegen habe. Der Landtag lehnte die Veröffentlichung ab, da der Schutz personenbezogener Daten des Ehepaares Nadler dem Informationsinteresse des Klägers überwiege.

Zwei Kernfragen

Vor dem VGH kristallisierten sich nun zwei Kernfragen heraus: Müssen personenbezogene Daten eines Abgeordneten, die Entschädigungszahlungen aus öffentlichen Kassen beinhalten, auch dann herausgegeben werden, wenn es keinen konkreten Verdacht auf einen Rechtsverstoß gibt? Und kann allein von der Höhe des gewährten Gehalts ein Rückschluss darauf gezogen werden, ob die Entlohnung der Frau ihren tatsächlichen Leistungen angemessen war? Zu diesen Punkten stellte der Vorsitzende Richter Walter Häring die meisten Nachfragen.

Regelung sei "missbrauchsanfällig"

Brauns Anwalt Johannes Weberling beantwortete beide Fragen mit einem klaren Ja. Nur wenn man die Höhe der Zahlungen kenne, könne man auch beurteilen, ob die Entlohnung sachgerecht gewesen sei und dem Vergleich mit Sekretärinnen in ähnlicher Position standhalte. Verdachtsmomente ergäben sich aus der Tatsache, dass die Regelung zur Einstellung von Verwandten missbrauchsanfällig gewesen sei, wie die Fälle anderer Abgeordneter gezeigt hätten. "Wenn bei Herrn Nadler alles korrekt abgelaufen ist - wo ist dann das Problem, wenn man das Jahresbrutto der Ehefrau mitteilt", fragte Weberling.

Braun will Bedeutung des Auskunftsrechts unterstreichen

Der Rechtsvertreter des Landtags, Gero Himmelsbach, konterte, es gebe außer dem durch nichts belegten Verdacht Brauns "keinen einzigen Gesichtspunkt, dass Herr Nadler etwas gemacht hat, was einen Missbrauch dokumentiert". Nach aktueller Rechtssprechung des Bundesverwaltungsgerichts sei das Auskunftsbegehren Brauns schon deshalb unzulässig. Himmelsbach widersprach auch der Darstellung, dass aus der Höhe der Bezahlung deren Rechtfertigung abgeleitet werden könne. Die Klägerseite könne gar nicht wissen, welche Leistungen Nadlers Ehefrau konkret erbracht habe.

Im Anschluss an die Verhandlung erklärte Braun, aus seiner Sicht gebe es "genug Verdachtsmomente" gegen Nadler. Einzelheiten nannte er nicht. Zu den Erfolgsaussichten seiner Klage äußerte er sich zurückhaltend: "Die Sache ist jetzt drei Jahre her, die Brisanz ist nicht mehr da." Er gehe aber davon aus, dass dem Gericht die grundlegende Bedeutung des Sachverhalts für das Auskunftsrecht der Presse weit über den Fall Nadler hinaus bewusst sei. Klägeranwalt Weberling erklärte, er sehe dem Urteil "berufsskeptisch" entgegen.

 

Die Vorgeschichte:

Landtag muss Auskunft geben

Das Urteil des Verwaltungsgerichtes als pdf

Neue Runde im Streit um Verwandtenaffäre

Bilder