Unterschriftenliste an Stadtrat

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Die wasserrechtliche Erlaubnis für die Lindenhardter Kläranlage läuft 2020 aus. Foto: Frauke Engelbrecht Foto: red

Die Lindenhardter Bürger wollen nicht in die Defensive gehen und eventuell einen Stadtratsbeschluss zum Thema Abwasserentsorgung hinnehmen. In der Diskussion ist das Umschwenken vom bestehenden Misch- in ein Trennsystem. In diesem Fall ein Rohr-in-Rohr-System. Für diese innovative Idee gibt es vom Freistaat 630.000 Euro Förderung.

 
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Bei einer Informationsveranstaltung des Arbeitskreises „Abwasseranlage Lindenhardt“ im voll besetzten Sportheim verabschiedeten sie deshalb einen Appell an den Stadtrat, der an diesem Abend von 74 Bürgern unterzeichnet wurde. Zudem soll ein Sachverständiger beauftragt werden, der die beiden möglichen Systeme vergleicht und vor allem erklärt. In dem Appell wird der Stadtrat aufgefordert, zu verhindern, dass die Lindenhardter zum wiederholten Male mit hohen Kosten- und Beitragsbescheiden belastet werden. Bereits 2014 mussten alle Grundstücksbesitzer Herstellungsbeiträge zahlen. Im vergangenen Jahr wurden erneut welche erhoben, eine Leistung dafür – wie eine neue Kläranlage – gab es bislang nicht dafür.

Innovationspreis nach Trockau

Weiter wird an den Stadtrat appelliert, die Beibehaltung des Mischsystems zu prüfen. Man bezieht sich dabei auf die Modernisierung der alten Kläranlage in Trockau, für die es 2013 deshalb einen Innovationspreis gab. „Auch für die Sanierung bestehender Kläranlagen gibt es Fördermittel“, so Thomas Weigel vom Arbeitskreis. Sollte sich der Stadtrat für das Rohr-in-Rohr-System entscheiden – bisher in Bayern unerprobt – wird darum gebeten, dass die Lindenhardter Hauseigentümer die Kosten für dieses „Experiment“ nicht auch noch selbst tragen müssen.

Beide Systeme haben ihren Aufwand

„Wir haben von diesem Trennsystem vorher nichts gewusst, uns wurde das einfach übergestülpt“, so Weigel. Er habe den Eindruck, als komme es der Stadt vor allem darauf an, den Innovationspreis und das Geld zu erhalten. Weigel widersprach der von Bürgermeister Martin Dannhäußer gemachten Aussage, die Beibehaltung des Mischsystems wäre teurer. „Beide Systeme haben ihren Aufwand“, sagte er. Weigel berichtete von Besprechungen zwischen dem Arbeitskreis und der Stadt. Man habe die Bedenken, was Kosten und Technik angeht, deutlich gemacht. Dabei habe Dannhäußer gesagt, dass bei der Einführung eines Trennsystems kein Grundstückseigentümer absehbare Kosten von über 10.000 Euro zu erwarten habe. Der Arbeitskreis sieht umfangreiche Baumaßnahmen auf die Bürger zukommen. Deshalb habe man jetzt auch eine Petition an den Landtag eingereicht.

Für Thema sensibilisieren

„Das geplante Rohr-in-Rohr-System ist ein Experiment, das jemand zahlen muss“, so Bernd Rasser vom Arbeitskreis. Wie viel aber auf jeden zukommt, könne bislang nicht gesagt werden, da die Grundstücke unterschiedlich groß sind. Deshalb wolle man den Stadtrat mit dem Appell zumindest für das Thema sensibilisieren.

„Das Trennsystem ist politisch gewollt“, sagte Bernhard Pfeiffer, ebenfalls vom Arbeitskreis. Seiner Ansicht nach geht es um das Renommee für den Stadtrat. „Wir sind die Ersten“, könne so gesagt werden. Dem planenden Pegnitzer Ingenieurbüro Baur Consult warf Pfeiffer Geschäftsinteressen vor: „Da ist Geld verdienen angesagt“, so sein Vorwurf. Und die Stadt wolle partout die 630 000 Euro Fördergeld vom Freistaat bekommen. Pfeiffer gab zu bedenken, dass allein das Setzen der Kanalschächte auf 4000 Euro komme: „Da ist aber noch keine Schaufel Erde bewegt worden.“

Kritik an Geschäftsstellenleiter

Massive Kritik übte Pfeiffer am Vorgehen des Geschäftsstellenleiters Klaus Baumgärtner. „Er macht irgendwelche Vorgaben, und der Stadtrat nickt dann relativ widerspruchslos diese sogenannten Hintergrundinformationen ab“, sagte er.

Grundsätzlich sehe er dieses nicht erprobte Trennsystem als kritisch, da es keinerlei Erfahrungswerte gibt. Außerdem spreche es gegen die geologische Lage von Lindenhardt, wo es ein natürliches Gefälle gibt. „Wer haftet dann, wenn es nicht funktioniert?“, fragte er.

Keine Erfahrungswerte

Als falsch bezeichnete Rechtsanwalt Volker Hampel, der den Arbeitskreis berät, die zugestellten Herstellungsbeiträge, da die neue Kläranlage noch nicht fertig gestellt sei. „Es sind lediglich Vorausleistungsbescheide möglich“, so Hampel.

Ein wesentliches Problem bei der Abwasserentsorgung in Lindenhardt sei die Fremdwassereinleitung – beispielsweise von Drainagen – sagte der ehemalige Bürgermeister Harald Mild. Dieser Aspekt komme ihm auch in dem Appell an den Stadtrat zu kurz, den er insgesamt als zu allgemein bezeichnete. „Das trifft nicht den Kern der Sache“, so Mild. Er sprach sich für eine Alternativlösung, wie zum Beispiel einen zweiten Kanal aus.

Nicht öffentliche Sitzung

Der einzige anwesende Stadtrat, der Lindenhardter Rainer Hauenstein, informierte lediglich auf Nachfrage, dass am kommenden Samstag eine nicht öffentliche Stadtratssitzung stattfindet, in der das Ingenieurbüro Baur Consult noch einmal beide Systeme und ihre Auswirkungen für Creußen erklärt. Ende April soll es in der Mehrzweckhalle eine Bürgerversammlung zur Abwassersituation in Lindenhardt geben.

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