Neuer Unipräsident Leible widerspricht Oberpfälzer CSU-Politiker, der Zahl der Studenten für zu hoch hält „Unser Kapital sind die Köpfe"

Von Elmar Schatz
Professor Leible Foto: red

Deutschland hat auf keinen Fall zu viele Studenten – „unser Kapital sind die Köpfe", betont Professor Stefan Leible, der neue Präsident der Universität Bayreuth. Er widerspricht dem Oberpfälzer CSU-Bundestagsabgeordneten Albert Rupprecht. Der 45-Jährige, der selbst Volkswirtschaft studiert hat, hält die Zahl der Studenten mittlerweile für zu hoch. Gleichzeitig fehlten Lehrlinge. So argumentieren beide Seiten.

 
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Zu viele Studenten? „Diese Befürchtung habe ich nicht", erklärt Leible, „denn insbesondere bei der Zahl der Hochschulabschlüsse hinkt Deutschland immer noch anderen OECD-Staaten hinterher." Nach seinen Informationen liegt in Deutschland der Anteil der Hochschulabsolventen bei 29 Prozent, der OECD-Durchschnitt hingegen bei 39 Prozent. Das sei aus deutscher Sicht ein gravierender Unterschied. Deutschland habe kaum Rohstoffe. „Wir sind auf eine gut ausgebildete Bevölkerung angewiesen, wenn wir auch in Zukunft bestehen wollen."

Meister und Techniker hochqualifiziert

„Der einseitige Ruf nach mehr Akademikern ist falsch. Wir brauchen mehr Akademiker, aber auch mehr Meister und Techniker", sagt Thomas Koller, der Hauptgeschäftsführer der Handwerkskammer für Oberfranken. Meister und Techniker gehörten ebenfalls zu den Hochqualifizierten. Länder wie Griechenland oder Spanien hätten eine hohe Akademikerquote, aber auch eine hohe Arbeitslosigkeit. „Wir bilden marktnah aus", betont Koller.

Beim internationalen Vergleich passe manches nicht zusammen, so Heribert Trunk, der Präsident der Industrie- und Handelskammer (IHK) für Oberfranken: „In Großbritannien hat der Hairdresser einen Bachelor, bei uns ist das der Friseurmeister. "Meisterausbildung und Bachelor-Studium hätten zwar nicht die gleichen Inhalte, lägen aber auf gleichem Niveau, sagt Koller.

Gutes Beispiel, Theorie und Praxis zu verbinden, seien die dualen Studiengänge in Hof, sagt Trunk: „Damit waren wir in Bayern vorne dran." In Hof studieren junge Leute, die bereits in Unternehmen angestellt sind und Geld verdienen. Trunk verweist auf den Zulauf bei der beruflichen Bildung im IHK-Bereich: ein 24-Prozent-Plus zwischen 2005

Den starken Trend zum Gymnasium sieht Trunk mit einem lachenden und einem weinenden Auge: „Bei den Übertrittszahlen sind wir mittlerweile bei über 60 Prozent." Der Druck auf die Lehrer sei groß. „Es ist schon ein bisschen ein Problem, dass Eltern glaubten, ihre Kinder seien alle Einsteins und müssten aufs Gymnasium." CSU-Bildungspolitiker Rupprecht meint: „Wenn für nur 20 Prozent der Stellen auf dem Arbeitsmarkt ein akademischer Abschluss erforderlich ist, brauchen wir nicht 50 Prozent Studienanfänger pro Jahrgang."

33.000 unbesetzte Lehrstellen

Rund 33.000 Lehrstellen seien laut Berufsbildungsbericht unbesetzt geblieben. Es sei eine „Fehlentwicklung", dass das Abitur in Deutschland zum eigentlichen „Haupt"-Schulabschluss geworden sei. 20,9 Prozent der Entlassschüler begannen im Herbst vergangenen Jahres eine duale Ausbildung im oberfränkischen Handwerk, teilt die Kammer auf Anfrage mit. 3,5 Prozent der Lehrlinge haben die Hochschulreife.

Das Problem unbesetzter Lehrstellen sei ihm bewusst, so Professor Leible. „Aber das können wir nicht lösen, indem wir vom Studium abraten." Notwendig sei, die Zahl der Schüler ohne Abschluss zu verringern. Die sei mit 7,5 Prozent noch immer zu hoch. „Hier müssen wir ansetzen und diese jungen Menschen für eine berufliche Ausbildung qualifizieren." Leible erwartet eine weitere Akademisierung der Berufswelt. Er sagt: „Ich kann den Wunsch der jungen Menschen nach einem Studium gut verstehen."                          

  • Im aktuellen Bildungsbericht der Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (OECD) ist zwar erneut festgestellt worden, dass Deutschland deutlich weniger Akademiker hat als andere Industrienationen. Die OECD hebt aber diesmal hervor, mit seiner dualen Ausbildung schneide die Bundesrepublik gut ab: Mit einer Erwerbslosenquote von 5,8 Prozent liege sie weit unter dem Schnitt der 30 weltweit wichtigsten Industrienationen (7,3 Prozent).

Mit Material von dpa

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