Unmut über Geldkurs der EZB

Von Roland Töpfer
 Foto: red

Der Unmut der Deutschen Bundesbank über den geldpolitischen Kurs der Europäischen Zentralbank unter Mario Draghi war auch beim Bayreuther Bankenabend der Bundesbank nicht zu überhören. „Was wir jetzt brauchen, ist der Einstieg in den Ausstieg der ultralockeren Geldpolitik“, sagte Karl Schnitzler, Bereichsleiter der Bundesbank-Hauptverwaltung in München und Vertreter des bayerischen Bundesbank-Chefs Franz-Josef Benedikt.

 
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Für einen solchen Kurswechsel gebe es handfeste Gründe: Die Konjunktur im Euroraum läuft wieder besser, eine Deflationsgefahr sieht Schnitzler nicht. Die EZB fährt ihre Anleihekäufe zwar ab Januar von derzeit 60 Milliarden auf 30 Milliarden im Monat zurück, will diese aber mindestens bis September 2018 fortführen.

Besondere Risiken

Die Bundesbank fordert ein rasches Ende der Käufe, die Fixierung auf ein festes Datum, sagt Schnitzler. Denn mit den Käufen seien besondere Risiken verbunden, wozu auch die Vermischung der Geld- mit der Fiskalpolitik zähle. Schnitzler sieht sogar die Gefahr, dass Länder der Eurozone irgendwann ohne niedrige Zinsen gar nicht mehr bestehen können und die Geldpolitik immer mehr ins Schlepptau der Fiskalpolitik gerät. Weshalb Käufe von Staatstiteln durch die Zentralbank als „reines Notfallinstrument“ betrachtet werden müssten.

Eine Senkung des Leitzinses sei erst nach Beendigung der Anleihekäufe möglich. Für 2018 rechnet mittlerweile kaum noch jemand mit einer Zinssenkung durch die EZB. Schnitzler wies aber auch darauf hin, dass man für den nächsten Abschwung gerüstet sein müsse und dann Spielraum bei den Zinsen brauche. „Da muss man aber vorher ein entsprechendes Niveau erreichen.“

Hoffnung auf Macron

Dass die Problemstaaten endlich ihre Haushalte sanieren, ist für den Bundesbanker „ohne Alternative“. Große Hoffnung setzt Schnitzler auf den französischen Präsidenten Macron, der Reformen vorantreibt und eine Sogwirkung auf andere Länder verbreiten könne. 

Die Bundesbank feiert in diesem Jahr ihr 60-jähriges Bestehen, und die Deutschen schätzen sie auch in Euro-Zeiten sehr. In der Rangliste der wichtigsten und vertrauenswürdigsten Institutionen belege die Bundesbank nach dem Bundesverfassungsgericht Platz zwei, so Schnitzler.

Alle zehn Tage verzehnfachte Preise

Die Deutschen und ihr Geld – das ist schon eine besondere Beziehung. Kein Wunder, nach zwei Weltkriegen und Hyperinflation 1923/24. Alle zehn Tage verzehnfachten sich damals die Preise. Ein US-Dollar war schließlich 4,2 Billionen Mark wert.

1948 kam die D-Mark und wurde ein sensationeller Erfolg. Das Geld war wieder etwas wert, die Schaufenster waren wieder voll. Aus der Bank deutscher Länder wurde 1957 die Deutsche Bundesbank. Ihr Auftrag: Preisstabilität sichern, unabhängig von politischen Weisungen bleiben.

Die DNA der Bundesbank sollte auch die EZB prägen. Kritiker sehen die Europäische Zentralbank allerdings immer mehr in der Rolle des Staatsfinanciers. Die Bundesbank war alleinverantwortlich für die D-Mark, sie ist mitverantwortlich für den Euro. Dass ihre Kraft auch für eine dauerhaft solide Geldpolitik in Europa reicht, muss sie jetzt zeigen.