Unfall Fichtelberg: "Wie im Horrorfilm"

Von Christina Holzinger
Joachim Igl war 18 Jahre lang Kommandant der Freiwilligen Feuerwehr Laineck. Der Brandmeister weiß: Der Kommandant von Fichtelberg muss Unvorstellbares durchgestanden haben. Foto: red Foto: red

Der tödliche Unfall am Mittwochabend, bei dem eine 28-jährige Frau und die Tochter des Kommandanten der Fichtelberger Feuerwehr ums Leben kamen, sorgt auch bei Feuerwehrleuten in Bayreuth für tiefe Betroffenheit. Im Gespräch mit dem Nordbayerischen Kurier versucht Joachim Igl, selbst einige Jahre lang Kommandant der Freiwilligen Feuerwehr Laineck, zu erklären, wie es dazu kam, dass der Vater des Unfallopfers vor Ort war.

 
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„Ich kann mir nichts schlimmeres vorstellen, als das eigene Kind sterben zu sehen“, sagt Joachim Igl (57). Viele Außenstehende würden denken, dass es ein Fehler war, dass der Vater am Unfallort war – „das ist es aber nicht.“ Nach Igls Erfahrung hätte man den Fichtelberger Kommandanten nicht vom Unfallort wegbringen können – außer mit Gewalt. „Er hätte sicher sogar versucht, mit einer Nagelschere das Auto aufzuschneiden, nur um seiner Tochter zu helfen“, sagt er. Als Gruppenführer vor Ort hätte er zumindest versucht, den Vater auf Abstand von der Unfallstelle zu halten. Aber für ihn steht fest: „Ich wäre auch am Unfallort geblieben.“

"Die hätten mich nicht weggekriegt, nicht ohne Gewalt."

Igl selbst hätte ähnlich wie der Fichtelberger Kommandant reagiert: „Die hätten mich nicht weggekriegt, nicht ohne Gewalt.“ Denn andernfalls wäre es möglich, dass hinterher Vorwürfe entstehen. „Ich wäre immer der Meinung gewesen, dass ich es besser gemacht hätte: Ich hätte die Leute anders eingeteilt, anders entschieden.“ Deshalb sei es besser gewesen, dass der Kommandant an der Unfallstelle geblieben sei.

"Wie in einem Horrorfilm - die Hölle"

Igl selbst war noch nicht in der Situation, ein Familienmitglied retten zu müssen. Dennoch ist er sich sicher: Wenn man als Feuerwehrmann nachts, „noch halb im Duselmodus“, vor einem Auto zu steht und darin das eigene Kind sieht, ist das „wie in einem Horrorfilm – die Hölle“. Doch vom Zeitpunkt der Alarmierung an bis zum Eintreffen am Unfallort macht man sich nur wenig Gedanken darüber, wer einen Unfall hatte. Wichtiger ist: „Ich frage mich immer, welche Art von Unfall es ist und ob man das Auto aufschneiden muss.“

Die genaue Unfallursache erfährt man nicht

Denn vorab erhält man meist keine genauen Informationen zum Unfall: „Die Integrierte Leitstelle sagt einem, dass es ein schwerer Verkehrsunfall mit zwei eingeklemmten Personen ist und dass das Rote Kreuz und die Polizei schon verständigt wurde.“ Man erfahre aber die genaue Unfallursache nicht. Deshalb sei jeder Unfall wie eine Wundertüte.

Reden ist wichtig

Denn nur so konnte er gleich psychologisch betreut werden. Nach Igls Erfahrung sind bei solch schweren Unfällen Seelsorger vor Ort. Zudem reden alle an der Bergung Beteiligten nach dem Einsatz noch miteinander. „Da kann man nicht einfach heimgehen und denken, dass einen das nicht mitnimmt.“ Eine Betreuung von außen durch Pfarrer oder Psychologen oder intern von Kameraden sei immer gegeben. Igl selbst hilft es am meisten, „wenn man im engeren Kreis darüber redet.“ Denn die Kameraden waren selbst dabei und „wissen, wovon sie reden“. Dennoch gebe es auch Unfälle, die einen auch nach Jahren nicht loslassen würden.

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