Die Gründe, gegen hohe Zahl von Asylbewerbern zu protestieren, sind vielfältig – und manchmal einfältig Umfrage in Immenreuth: Einfach zu viele Flüchtlinge

Sarah Bernhard
Der erste Protest gegen geplante Asylbewerberunterkunft. Foto: red

Von Sarah Bernhard 662 Immenreuther und 415 Auswärtige haben in den vergangenen Wochen mit ihrer Unterschrift gefordert, in der Familienferienstätte höchstens 25 Flüchtlinge unterzubringen – statt wie ursprünglich geplant bis zu 210. Warum manche unterschrieben haben und andere nicht, sollte eine Umfrage zeigen.

 
Schließen

Diesen Artikel teilen

20 Immenreuther, zwei Fragen: Haben Sie auf der Liste der Bürgerinitiative Immenreuth 2013 zur Begrenzung der Flüchtlingszahl in der Familienferienstätte unterschrieben? Und: Warum (nicht)? Eine Meinung hatten 19 der Befragten, Namen haben nur drei: „Wir werden dann gleich als rechtsradikal abgestempelt und das wollen wir nicht", begründen die, die unterschrieben haben, ihre Anonymität. „Wir wollen hier auch weiterhin wohnen", sagen die anderen.

Dirk Grafe und Peter Wolf haben nicht unterschrieben. Der evangelische Pfarrer des Ortes und der Schulleiter der Grundschule sind sich einig: „Jeder Mensch hat Würde", sagt Grafe. „Die Leute vorzuverurteilen, bevor sie vor Ort sind, lehne ich ab", sagt Wolf. Auch er würde allerdings eine Unterbringung in einem weniger großen Gebäude bevorzugen.

Der Mann im roten T-Shirt hat ebenfalls nicht unterschrieben. „Mit dem SOS-Kinderdorf in den 70er Jahren war es genau das Gleiche", sagt er. Auch damals hätten die Immenreuther schon Radau gemacht. Erzkatholisch seien sie, „aber ist das Nächstenliebe?" Er schüttelt den Kopf. Eine Frau mit Kinderwagen kennt die Elternperspektive: „Die, die unterschrieben haben, sind besorgt, dass ihre Kinder zu kurz kommen, wenn sich die Lehrer nur noch um die Flüchtlinge kümmert. Aber das kriegen wir hin." Und eine Dame mit Rollator sagt: „Das sind doch auch nur arme Leute, wie wir früher."

Die Gruppe derer, die unterschrieben haben, ist mit 14 Personen weitaus größer – und verzweigter: Es gibt die mit den sachlichen Einwänden, die, die „aus Angst" unterschrieben haben und die, deren Einwände man politisch nennen könnte. Und vor allem gibt es die, denen: „Es sind zu viele", als Grund genügt. Auf die Frage, was denn an vielen Flüchtlingen schlimmer sei als an wenigen, wissen acht Befragte keine Antwort.

„Ich bin nicht fremdenfeindlich", sagt eine grauhaarige Dame. „Ich hätte auch keine 200 Deggendorfer genommen." Etwa, weil der eine Immenreuther Arzt nicht so viele Menschen versorgen könne. Und weil man nicht alle in die Gemeinschaft integrieren könne.

Nicht-Integrierbarkeit, für die mit der vermeintlichen Angst ist das das größte Problem. „Man weiß ja nicht, was das für Leute sind", sagt ein Mann in Motorradkluft. Asylbewerber würden aus Langeweile streiten, stehlen, randalieren, Betten anzünden, einheimische Mädchen anmachen. Habe es in der Umgebung alles schon gegeben. So lauten die Argumente derer, die vorgeben, Angst zu haben.

Eher ein Problem mit Bürgermeister Peter Merkl als mit Asylbewerbern haben zwei Frauen, deren Unterschrifts-Gründe politisch sind. „Wir wurden zu wenig aufgeklärt", bemängelt die eine. Merkl, gleichzeitig einer der Gesellschafter der seit Jahren defizitären Ferienstätte, habe ihnen die Asylbewerber einfach vorgesetzt. „Eine Unverschämtheit", findet die andere. „Wenn einer von uns Schulden macht, hilft da gleich das ganze Dorf?"

Bleibt noch die letzte Kategorie: Der eine, der gar keine Meinung hat. „Ich äußere mich nicht, weil ich die Hintergründe nicht kenne", sagt der katholische Pfarrer, Markus Bruckner. Er kündigt aber immerhin an, sich des Themas nach seinem Urlaub im September anzunehmen.

Bürgerversammlung

Am Freitag, 12. Juli, findet in der Sporthalle der Familienferienstätte eine Bürgerversammlung zum Thema statt. Beginn ist um 19 Uhr, Einlass ab 18.45 Uhr.