Individuelle Zusprache
Die „Stationsleiterin“ schaut durch das Fenster und lässt ihren Blick über den Spielplatz, den Wald und die angrenzende Grünfläche schweifen. „Das hier ist wegen der Aussicht eines unserer schönsten Zimmer, denn von hier aus kann man auch viele Tiere sehen“, sagt Hersch und der ältere Herr ergänzt: „Ich habe hier neulich einen Fasan gesehen, das war vielleicht ein prächtiges großes Tier.“ Während er mit der Hand die Größe des Vogels zeigt, lächelt er und zeigt zwei Reihen schwarzgräulich verfärbter Zahnstümpfe.
Eckert zwinkert Hersch zu und meint: „Wenn das so weiter geht, können wir ja mit dem Hasen und den Vögeln die hier immer rum laufen einen Streichelzoo für unsere Patienten eröffnen, was sich sicherlich positiv auf ihre Gesundheit auswirken wird.“
Obwohl sie erst den zweiten Tag auf der Station ist, kennt Eckert jeden Patienten persönlich und seine Krankengeschichte . „Wir haben zum Beispiel einen Patienten, der heute Vater geworden ist und haben sogar noch vor ihm von seinem Nachwuchs erfahren, da er zu dem Zeitpunkt noch nicht ansprechbar war“, sagt sie und lächelt.
Leben und Tod nah beieinander
Doch auch mit vielen traurigen Schicksalen muss sie zurechtkommen, denn bei den Patienten liegt Leben und Tod oft so nah beieinander, dass es ihr schwerfällt, die Schicksale nicht zu nah an sich heranzulassen. Häufig spricht sie nach Dienstende mit ihren Mitschülern, um Trost zu holen – und zu spenden. Gerade bei Langzeitpatienten denken sie gemeinsam an den langen Leidensweg des Patienten und wollen ihm einen würdevollen Tod ermöglichen. Und im Umgang mit Trauer und Verlust können die Schüler sehr viel von den Praxisanleitern wie Conni Hersch lernen.
20 Jahre arbeitet Hersch auf der Intensivstation, viele Sterbende hat sie begleitet. Noch heute werden ihre Augen feucht, wenn sie von dem Tod ihrer Patienten erzählt. Besonders schwierig, wenn junge Menschen oder Unfallopfer sterben. „Ganz häufig saß ich mit den Angehörigen da und habe mit ihnen geweint.“ Jeder Mensch geht anders mit dem Tod um: Während manche Menschen noch beim Verstorbenen bleiben und viel weinen, wollen andere in der Abgeschiedenheit des eigenen Zuhauses alleine trauern und den Verstorbenen nicht mehr berühren.
Umgang mit Patienten als Lebenseinstellung
Für Hersch ist der Umgang mit Patienten und Angehörigen eine Lebenseinstellung: „Wenn ich Menschen mag, dann mag ich sie, egal ob sie gesund oder krank sind und wenn ich keine Menschen mag, dann bin ich vielleicht falsch in dem Beruf.“
Eigentlich wollte Vanessa Eckert nie im Krankenhaus arbeiten, sondern Geschichtslehrerin werden. Gerade erst nach Bayreuth gezogen, musste sie auf der Fachoberschule ein Praktikumsplatz suchen. „Mir wurden drei Praktika vorgeschlagen und da das Klinikum das einzige war, das ich kannte, nahm ich das.“ Nur widerwillig trat sie ihr Praktikum an, in der Erwartung, nur Betten von einem Zimmer in ein anderes schieben zu müssen.
Mehr als Hilfsarbeiten
Nach den sechs Wochen merkte sie, dass der Beruf aus weit mehr als Hilfsarbeiten besteht. „Nach meinem Fachabitur kam dann auch mein Opa auf die Intensivstation, ich habe verschiedene Untersuchungsergebnisse von ihm gesehen und es hat mich so genervt, dass ich das alles nicht verstanden habe, dass ich innerhalb einer Woche beschlossen habe, dass Geschichte vollkommen überschätzt wird.“ Zwei Monate später begann für sie ihr zweites Praktikum auf der Herzstation und seither ist sie ein unverzichtbarer Teil der Abteilung geworden.
Während der zwei Wochen auf der Pilotstation ist die sonst schüchterne 28-Jährige als Stationsleiterin für vieles zuständig: Stützpunkt und EKG-Monitore überwachen, Patienten aufnehmen und versorgen, Tests und Untersuchungen anmelden, mit Ärzten und dem Labor telefonieren und Anrufe entgegennehmen. „Um sieben Uhr ist das Telefon noch ein guter Freund“, sagt Eckert.