Gefahr für Bäume und das Grundwasser Überdosis Stickstoff im Fichtelgebirge

Von Peter Engelbrecht
Die Stickstoffeinträge im Fichtelgebirge sind nach wie vor hoch. Foto: Martin Ritter/Archiv Foto: red

Luftschadstoffe bleiben ein Problem: Die Stickstoffeinträge im Fichtelgebirge befinden sich auf einem hohen Niveau. Das ergeben Daten aus der Waldklimastation Goldkronach. Diese Einträge aus dem Straßenverkehr, der Landwirtschaft und Verbrennungsanlagen lassen den Boden versauern und schädigen Bäume. Langfristig kann auch das Grundwasser bedroht sein.  

 
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„Die aktuellen Messdaten der Stickstoffeinträge fallen ernüchternd aus“, erklärte Hans-Peter Dietrich, Projektleiter Waldklimastationen beim Bayerischen Landesamt für Wald und Forstwirtschaft in Freising. Diese Einträge an den Waldmessstellen seien seit Jahren „weitgehend konstant überhöht“, betonte Dietrich. Vielerorts seien die Waldökosysteme bereits mit Stickstoff überdüngt. An zwei von drei Waldklimastationen würden aktuell Einträge gemessen, die kritische Belastungsgrenzen dieser Wälder langfristig überschreiten. Die Folgen: Eine Zunahme der Gesundheitsrisiken der Bäume und der Nitratbelastung des Sickerwassers aus dem Wald. Mehr als die Hälfte der bayerischen Wälder müssten als stickstoffgesättigt angesehen werden, betonte Dietrich. Sie können den zusätzlichen Stickstoff nicht mehr verwerten, die Filterfunktion des Waldes ist erschöpft, Nitrat wird ausgewaschen. 

Belastung 50 Prozent runter

Nach Angaben der Landesanstalt betrug der jährliche Stickstoffeintrag in der Waldklimastation Goldkronach 2014 rund 17 Kilogramm pro Hektar, in der Station Rothenkirchen im Frankenwald waren es weniger als zehn Kilogramm. Demnach müssen die Stickoxideinträge im Raum Goldkronach um rund 50 Prozent reduziert werden, in Rothenkirchen um 37 Prozent. „Das wird sich länger hinziehen als erwartet“, meinte Dietrich.

Die gute Nachricht: Die ursprünglich extrem hohen Schwefeleinträge durch die Verbrennung fossiler Energieträger haben sich an beiden Stationen seit den 90er Jahren massiv reduziert und sind aktuell als „unbedenklich einzustufen“, heißt es im Waldbericht 2015 der Bayerischen Forstverwaltung. Dies liegt am Zusammenbruch der DDR-Kohlekraftwerke und dem Einbau von Entschwefelungsanlagen auch in der benachbarten Tschechischen Republik. Umweltschützer hatten in den 80er Jahren erfolgreich für eine Reduzierung des Schwefelausstoßes demonstriert.  

Waldökosystem in Gefahr

Auch der Waldbericht 2015 spricht von einer nach wie vor hohen Belastung beim Stickstoffeintrag. „Überschüssiger Stickstoff wird früher oder später als Nitrat mit dem Sickerwasser ausgetragen“, warnte die Bayerische Forstverwaltung. Der mittlere Stickstoffeintrag an allen bayerischen Waldklimastationen habe sich auf rund 14 Kilogramm pro Jahr und Hektar eingependelt. Um langfristig schädliche Einflüsse auf die Waldökosysteme zu vermeiden, müssten an zwei Dritteln der Stationen die Einträge um zehn bis 60 Prozent sinken.

Umweltschützer schlagen Alarm

Laut der Umweltschutzorganisation „Robin Wood“ ist der größte bundesweite Luftverschmutzer mit Stickstoffverbindungen die Landwirtschaft. Sie sei mit ihren vor allem aus der Tierproduktion stammenden Ammoniakausgasungen aus Gülle und Mist für mehr als die Hälfte der Stickstoffschadgase verantwortlich. Zweitgrößter Emittent sei der Straßenverkehr, vor allem der Schwerlastverkehr.

Der Bayerische Bauernverband (BBV) will sich nicht zum Sündenbock machen lassen. „Gülle ist ein wertvoller Dünger für die Pflanzen“, sagte der Bayreuther BBV-Geschäftsführer Harald Köppel. Das Ausbringen geschehe immer mehr bodennah, die Gülle werde teilweise gleich in den Boden eingearbeitet. „Die Stickstoffverluste sind damit gleich null“, versicherte Köppel.Bork

Borkenkäfer tut sich leichter

Mit 17 Kilogramm Stickstoffeintrag pro Jahr und Hektar liege die Waldklimastation Goldkronach im Mittelfeld aller Klimastationen in Bayern, erläuterte Winfried Pfahler von den Bayerischen Staatsforsten in Fichtelberg. Der Eintrag in Goldkronach sei 1997 und 1998 mit mehr als 30 Kilogramm am höchsten gewesen. Die Folge der starken Einträge: Bäume leiden unter Nährstoffmangel, Fichtennadeln vergilben. Nährstoffmangel bewirke bei Waldbäumen wiederum eine höhere Anfälligkeit gegenüber Schädlingen, etwa dem Borkenkäfer.

Aktuell kaum Nitrat im Trinkwasser

„Unser Wasser hat einen durchschnittlichen Nitratgehalt von 5,7 Milligramm je Liter – ein sehr niedriger Wert“, berichtete Jan Koch, Pressesprecher der Stadtwerke Bayreuth. Das Unternehmen stehe jeglicher Form des Stickstoffeintrags kritisch gegenüber. Aber: Dieser Eintrag spiele in Bezug auf den Nitratgehalt im Wasser derzeit keine nennenswerte Rolle. Dies zeigten die Werte der Quellfassungen im Fichtelgebirge, die in einem Waldgebiet liegen. Der Stickstoffeintrag aus der Luft werde für die Qualität des Trinkwassers der Stadtwerke auch künftig kein Problem darstellen, betonte Koch. Dennoch müsse der bundesweite Ausstoß von Stickstoff reduziert werden.

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