Triathlon-Weltmeisterin neu in Bayreuth

Von
Die ersten Einsätze als Profi verliefen für Svenja Thös vielversprechend. Unser Bild entstand kürzlich nach dem Wettkampf in Calgary, in dem sie Dritte wurde. Foto: red Foto: red

Noch weitgehend unbemerkt hat die Bayreuther Sportszene einen nicht alltäglichen Neuzugang bekommen: Svenja Thös aus Saarbrücken hat ihren Lebensmittelpunkt vom westlichen an den östlichen Rand Deutschlands verlegt, um hier den Karriereschritt in die Weltelite der Profis zu schaffen.

 
Schließen

Diesen Artikel teilen

Viel Spielraum für einen Riesenschritt besteht allerdings gar nicht, denn eine ernsthafte Konkurrentin für die Besten der Welt ist die 26-Jährige schon jetzt. Den Beweis lieferte sie vor einem Jahr bei der Ironman-Weltmeisterschaft auf Hawaii: Als Debütantin auf dem legendären Kurs von Kona, die zuvor erst einen einzigen Langdistanz-Triathlon zur Qualifikation bestritten hatte, war sie auf Anhieb die schnellste Frau aller Altersklassen und darf sich somit Amateur-Weltmeisterin nennen. Mit ihrer Zeit von 9:40:48 Stunden hätte sie dabei sogar schon unter den weiblichen Profis einen starken 15. Platz erreicht.

Somit war es gar keine fundamental neue Entscheidung, seit diesem Jahr offiziell als Profi anzutreten. „Am Umfang und Inhalt des Trainings hat sich gar nicht so viel geändert“, sagt Svenja Thös. „Es ist mehr eine Frage der Einstellung. Beispielsweise würde ich jetzt kein Training mehr zugunsten des Studiums opfern.“ Das Sportmanagement-Studium soll entsprechend gestreckt werden.

Empfehlung von Europameister Dreitz

Über die Ironman-70.3-Serie (Halbdistanz) versucht sie nun, auch im Kreis der Weltelite die Qualifikation für die WM auf Hawaii zu schaffen. Die ersten Ergebnisse Mitte Juli waren ausgesprochen vielversprechend: An zwei aufeinanderfolgenden Wochenenden ließ Svenja Thös einem vierten Platz in Racine (USA) einen dritten in Calgary folgen. In der kanadischen Olympiastadt bewältigte sie die 1,9 Kilometer Schwimmen, 90 km Rad fahren und den Halbmarathonlauf über 21,1 km (in der Summe 70,3 Meilen) in 4:05:02 Stunden. Damit hatte sie weniger als acht Minuten Rückstand auf Siegerin Heather Jackson (USA), die im Vorjahr auf Hawaii Dritte geworden war. „Nach Hawaii zu kommen, ist greifbar nahe, und dann dort gut abzuschneiden, ist zumindest nicht unmöglich“, formuliert die Neu-Bayreutherin ihre Aussichten mit Bedacht.

Bei solchen Referenzen erscheint es umso bemerkenswerter, dass sich Svenja Thös weitere Fortschritte von einem Wechsel nach Bayreuth verspricht – erst recht, wenn man aus Saarbrücken stammt, denn dort ist immerhin der Bundesstützpunkt der Deutschen Triathlon-Union. Aber da widmet man sich nun mal ganz der olympischen Kurzdistanz. „Das ist im Grunde eine ganz andere Sportart“, erklärt Thös. „Ähnlich wie man nicht gleichzeitig guter Sprinter und guter Marathonläufer sein kann.“ Bayreuths langjährige Triathlon-Ikone Anne Haug, die ebenfalls zeitweise in Saarbrücken trainiert hat, kennt sie daher auch nur „vom Sehen“.

Ein erster Wechsel ins benachbarte Luxemburg (mit Aufnahme in den dortigen Nationalkader per Sondergenehmigung) brachte nicht den erhofften Effekt, so dass sich Svenja Thös nun für einen größeren und konsequenteren Schritt entschieden hat: „Jetzt reicht es mir mal mit dem Hin und Her. Ich will wieder ein richtiges Zuhause als Basis haben.“ Dass der Weg dabei gleich ganz auf die andere Seite der Deutschland-Karte führte, darf die Triathlon-Szene im Bayreuther Raum als Kompliment verbuchen. Die Empfehlung kam von 70.3-Europameister Andreas Dreitz, der aus Lichtenfels stammt und in Bayreuth lebt: „Mit ihm bin ich gut befreundet, und er hat mir die Zusammenarbeit mit seinem Trainer Reiner Skutschik empfohlen. Schon 2014 hat mir Andi erstmals von den Super-Bedingungen hier vorgeschwärmt, aber damals schien mir Bayreuth noch zu weit vom Schuss.“

Teilzeit-Job als Flugbegleiterin

„Hin und her“ geht es für Svenja Thös allerdings vorerst auch noch von Bayreuth aus. Solange sie nämlich als Profi nicht in die relativ dünne wirtschaftliche Gewinnzone vorgestoßen ist, muss sie Sport und Studium noch immer mit einem ebenfalls nicht alltäglichen Teilzeit-Job finanzieren – als Flugbegleiterin auf Interkontinentalflügen! Anfang dieser Woche kam sie aus Portland im US-Bundesstaat Oregon zurück, und heute geht es schon wieder nach Calgary. „Das Training wird dabei schon hin und wieder durch den Jetlag beeinträchtigt“, bekennt Thös. „Wenn sich das künftig optimieren lässt, ist vielleicht sportlich noch etwas mehr drin.“

Die nächsten Flugreisen haben dann schon wieder sportliche Gründe. Am 2. September auf Lanzarote und am 24. September in Cozumel (Mexiko) kämpft Svenja Thös in Wettkämpfen der 70.3-Serie um weitere Punkte für die Hawaii-Qualifikation. Ihre Ziele sind dabei schon jetzt die eines Weltklasse-Profis: „Ein Platz auf dem Podium!“

Autor

Bilder