Trasse: Tennet will auf Bürger zugehen

Vorbereitung eines Kabelgrabens für eine Gleichstromleitung, die einen Windpark in der Nordsee mit dem Festland verbindet: Beim sogenannten Projekt „Bor Win 2“ für ein Erdkabel an die niedersächsische Küste. Die Erdarbeiten für die Gleichstrompassage Süd-Ost würden ähnlich aussehen.Foto: Tennet Foto: red

Die Gleichstrompassage Süd-Ost ist eines der umstrittensten Infrastrukturprojekte Deutschlands. Seit einigen Wochen ist nicht mehr der Dortmunder Übertragungsnetzbetreiber Amprion für den Bau der Stromleitung zuständig, sondern Tennet aus Bayreuth. Sprecherin Ulrike Hörchens erklärt im Kurier-Interview, wie Tennet mit Bürgerprotesten umgehen will. Und sie sagt: Die Staatsregierung muss uns unterstützen.

 
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Frau Hörchens, haben Sie Angst, dass bald täglich die Trassengegner vor dem Tennet-Gebäude demonstrieren?

Ulrike Hörchens: Das wäre schade. Es wäre besser, wenn wir miteinander sprechen können. Das bringt für jeden, auch die Bürger, in der Regel gute Ergebnisse. Aber wenn es wirklich Demonstrationen hier bei uns gegen sollte, würden wir mit den Demonstranten dann auch ins Gespräch kommen wollen.

Die Bürgerinitiativen und die Politik hatten sich ziemlich auf Amprion eingeschossen. Der Vorwurf war, Amprion habe schlecht informiert. Wird Tennet etwas anders machen?

Hörchens: Das Kommunikationskonzept von Amprion kenne ich nicht. Wir haben aber selbst viele Projekte, nicht nur in Bayern, sondern bis nach Norddeutschland hoch. Und in allen Projekten gibt es einen Schwerpunkt auf Gesprächen, dem Dialog mit Bürgern, Gemeinden, Landräten und der Landespolitik. Das werden wir genauso beim Südost-Korridor machen. Wir haben in unseren Projekten viel Erfahrung mit Dialogformaten und in der Beteiligung für die Planungen. Das werden wir übernehmen.

Sie wollen die Leute nicht nur anhören, sondern deren Vorschläge in die Projektplanung einbinden?

Hörchens: Ja, es geht auch um die Beteiligung an den Planungen.

Die Staatsregierung hat sich lange quer gestellt und gesagt, wir brauchen die Gleichstrompassage Süd-Ost nicht. Jetzt ist Bayern in den Erdkabelkompromiss eingebunden. Erwarten Sie sich Unterstützung, wenn es darum geht, die Leitung in der Bevölkerung zu rechtfertigen?

Hörchens: Wir erwarten uns auf jeden Fall Unterstützung von der Staatsregierung. Der Süd-Ost-Korridor hat mit Isar/Landshut auch auf Bestreben der Regierung einen neuen Endpunkt erhalten. Und die Gleichstromleitungen haben jetzt den Vorrang für Erdkabel. Damit sind die Ziele Bayerns erfüllt. Deshalb gehen wir schon davon aus, dass das Projekt auch aus München tatkräftig unterstützt werden wird.

Aber Gespräche haben noch nicht stattgefunden?

Hörchens: Wir sind immer in Gesprächen mit der Staatsregierung.

Tennet hat mit Protesten von Bürgerinitiativen schon bei Suedlink, einer anderen großen Gleichstromleitung quer durch Deutschland, Erfahrungen gesammelt. Wie sind Sie dort damit umgegangen?

Hörchens: Es gibt natürlich auch bei Südlink Menschen, die den Bedarf für diese Leitung anzweifeln. Aber wir haben gute Erfahrungen damit gemacht, mit den Menschen zu reden und sie in die Planungen einzubeziehen. Das hat dazu geführt, dass wir sehr viele Bürgervorschläge für Trassenführungen in den alten Antrag aufgenommen hatten. Das zeigt, dass es funktioniert mit der Einbeziehung der Bürger. Bei den Neuplanungen, die für Suedlink wegen des Erdkabelvorrangs jetzt notwendig sind, werden wir auch wieder auf Gespräche und Beteiligung der Bürger setzen.

Sie sagen also, dass Trassengegner nicht nur auf einer sachlichen Ebene diskutieren, sondern auch mit den Übertragungsnetzbetreibern zusammenarbeiten? Das überrascht.

Hörchens: Das machen wir bei allen unseren Projekten. Zum Beispiel beim Ostbayernring von Redwitz nach Schwandorf, wo wir zu Trassenplanungsworkshops eingeladen haben. Bei anderen Projekten im Norden gab es planungsbegleitende Arbeitsgruppen, in den wir den Leitungsverlauf bis hinunter zu einzelnen Maststandorten besprochen haben. Das funktioniert gut.

Die Planungen für die Gleichstrompassage stehen jetzt wieder bei null. Was wird der nächste Schritt sein?

Hörchens: Wir fangen jetzt an mit den ersten Kennenlern-Gesprächen mit Bürgerinitiativen, mit Landräten und Bürgermeistern. Den bayerischen Teil des Süd-Ost-Korridors haben wir ja gerade erst übernommen, weil sich der Endpunkt geändert hat. Wir wollen jetzt erst einmal die Ansprechpartner vor Ort kennenlernen. Wir entwickeln außerdem gerade ein Konzept für den Dialog und Beteiligungsmaßnahmen. Das wird nicht nächste Woche fertig sein, aber bald. Bei allem anderen hängen wir davon ab, wie die Planungsmethode aussieht. In die Planung einsteigen können wir noch nicht, weil die Bundesnetzagentur erst diskutieren muss - auch mit der Öffentlichkeit - wie überhaupt Erdkabelkorridore geplant werden können. Erst, wenn diese Kriterien feststehen, können wir anfangen zu planen.

Das Gespräch führte Moritz Kircher

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