Ausgaben übersteigen die Einnahmen um das Vierfache Tourismus - ein Minusgeschäft?

Von Andreas Gewinner
Kostenloses Vergnügen: Badende im Flecklbad, Gemeinde Warmensteinnach. Die Mauer im Hintergrund musste die Kommune letztes Jahr für 33.000 Euro erneuern. Foto: Gewinner Foto: red

Flecklbad, Freitagnachmittag. Sonne, 25 Grad. Zwei Wassernixen treiben auf ihren aufblasbaren Luftmatratzen im Wasser, ein paar Senioren und Kinder planschen im Wasser. Das perfekte Vergnügen. Kosten tut es die Badenden - nichts. Zahlen hingegen muss die Gemeinde. Und zwar kräftig.

 
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Das Flecklbad schlug vergangenes Jahr mit 33.000 Euro für die Erneuerung der Stützmauer zwischen dem Schwimmbad und dem Moorbad zu Buche, außerdem unterhält die Kommune Toiletten und Umziehräume hier oben.

Fast 300.000 Euro Minus im Tourismus. Oder, anders ausgedrückt: Die Ausgaben (401.550 Euro) übersteigen die Einnahmen (112.900 Euro, vor allem Kurtaxe)  fast um das Vierfache. So jedenfalls sehen die nackten Zahlen im aktuellen Haushalt der Gemeinde Warmensteinach aus. Nun hat die Kommunalaufsicht im Landratsamt das Thema entdeckt. Sie genehmigt der Kommune den Haushalt, insbesondere wenn es um neue Schulden geht. Und schreibt der Gemeinde ins Stammbuch zu sparen. Zum Beispiel beim Tourismus. "Die Aussage aus dem Landratsamt ist, daß sich die Kommune wie schon seit vielen Jahren verstärkt um Ihre Pflichtaufgaben (Wasser, Kanal, Straßen usw.) kümmern muß", so Bürgermeister Andreas Voit.

Die Haushaltsstelle Fremdenverkehr ist ein Posten, auf dem Vieles gebucht wird, so Voit und zählt auf: nicht nur Werbung oder Veranstaltungen durch das Verkehrsamt, sondern auch Personalkosten für die Bediensteten des Verkehrsamtes, bzw. Personalkostenersatz für die Beschäftigten der Tourismus GmbH, Umlagen an die Tourismus GmbH, Umlagen an den Zweckverband Seilbahnen, Unterhalt von Pistenbullys innerhalb der Gemeinde, Gebäudeunterhaltskosten für das Verkehrsamt/Touristinformation, Unterhalt der Freizeiteinrichtungen, Bäder, Wanderwege usw. "Die größten Posten sind die Personalkosten für einen Hausmeister des Verkehrsamtes, und zwei Beschäftigte in der Tourist-Info.

Viel Geld geht auch in die Umlage Seilbahn sowie als Umlage an die Tourismus GmbH. Für Blumenschmuck sowie Veranstaltungen für Gäste, wird das wenigste Geld ausgegeben, leider." Der Gemeinderat werde sich in den nächsten Finanzausschußsitzungen mit der Thematik Einsparungen auch im Fremdenverkehr befassen, so Voit.

Die Warmensteinacher Verhältnisse sind beispielhaft, sie sind übertragbar auf die anderen drei Ochsenkopfkommunen. In Bischofsgrün beträgt das reine Minus im Haushalt beim Tourismus 150.000 Euro. Nicht enthalten ist aber das beheizte Freibad, das jährliche ungedeckte Kosten von rund 100.000 Euro verursacht. Doch das Freibad wird überwiegend von Einheimischen genutzt. Und grundsätzlich gilt: Eine Fremdenverkehrsgemeinde mit entsprechender Infrastruktur bietet Lebensqualität, die eine reine Schlafgemeinde nicht hat. Zumal wenn Angebote, wie das dichte Wanderwegenetz, mit ehrenamtlichem Einsatz betreut werden, bei der Gemeinde kostenmäßig also nicht zu Buche schlagen.

Was sich im gemeindlichen Haushalt ebenfalls nicht niederschlägt: Die Zahl der Arbeitsplätze, Voll- und Teilzeit, die dank des Tourismus in einer Gemeinde existieren. In Warmensteinach sind dies im Familotel Familienklub Krug exakt 16,95 Vollzeitstellen inklusive der Betreiberfamilie; im Landhaus Preißinger und im Sporthotel Fleckl sind es neben den Betreibern (zwei mal Vollzeit) acht beziehungsweise sechs Aushilfen als Minijobber.

Im Backhaus Kutzer (vier Vollzeitkräfte, ein Lehrling) machen Urlaube und Gäste bis zu einem Drittel der Kunden aus, so die Einschätzung von Christine Eichstätter. Allerdings nur zu den Hochzeiten, wie jetzt im Sommer, oder im Winter bei Skibetrieb. Glaubt man ihren auswärtigen Kunden, tut die Gemeinde eher zu wenig für den Tourismus, Angebote wie Schwimmen und Wellness fehlten. "Eigentlich traurig und schade für den Ort, der doch eigentlich so schön ist", so ihr Resümee.

Und letztlich hat der Landkreis selbst eingeräumt, dass schwarze Zahlen nicht zu schaffen sind mit den touristischen Aktivitäten, an denen er selbst beteiligt ist. Sei es die Therme in Obernsees. Oder die Ochsenkopfseilbahn. Hier wurde erst vor wenigen Tagen ein Bekenntnis dafür abgelegt, dass auch in Zukunft jährlicher Zuschussbedarf im sechsstelligen Bereich anerkannt wird (einen Teil davon trägt auch Warmensteinach). Die Privatisierungsdiskussion scheint beendet, bevor sie richtig begonnen hat. Fazit von Landrat Hermann Hübner: Eine Seilbahn, die - außer zu den Wartungszeiten - praktisch jeden Tag im Jahr fährt, lässt sich nicht mit Gewinn betreiben. Während ein priavter Betreiber, die Bahn öfter schließen würde, wenn wenig los ist. Touristische Leuchttürme müssen selbst nicht gewinnbringend sein, wenn sie zur Wertschöpfung in der Region beitragen.

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