Archäologische Staatssammlung will Fundstücke aus Bayreuth Tote verschenkt man nicht

Von Frank Schmälzle
Gefunden an der Südostseite der Stadtkirche: Archäologen stießen auf rund 300 Skelette. Die Ärchäologische Staatssammlung hätte sie jetzt gerne. Foto: Andreas Harbach Foto: red

Die Toten haben viel zu erzählen: Die Archäologische Staatssammlung in München will Skelette, die während der Sanierung rund um die Stadtkirche gefunden wurden, und andere Fundstücke aus Bayreuth in ihren Bestand aufnehmen. Untersuchen, analysieren. Damit wir alle mehr erfahren über das Leben im Mittelalter. Die Stadt Bayreuth aber will diesen Teil ihrer Geschichte nicht einfach so verschenken.

 
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Das Abenteuer Forschung ist erst einmal ein bürokratischer Akt. Weil die Frage geklärt werden muss, wem die Skelette und Sargnägel, die Keramikscheiben und Mörtelproben gehören, die zwischen 2003 und 2012 bei verschiedenen Bauprojekten in Bayreuth gefunden wurden. 77 Kisten füllen die Funde, die Archälogen ausgegraben haben, als Bayreuth einen neuen Marktplatz, einen neuen Zentralen Omnisbushalt und eine runderneuerte Stadtkirche bekam. Die Stücke, die jahrhundertelang unter der Erde schlummerten, lagern zurzeit im Depot des Landesamtes für Denkmalpflege in Memmelsdorf.

Wem gehören die Skelette?

Bei den Skeletten von der Stadtkirche ist die Sache besonders: Sie gehören jeweils zur Hälfte der Stadt und der Evangelisch-Lutherische Kirchengemeinde Bayreuth. Weil sich die Münchner Archäologen für die Toten und die Funde aus Bayreuth interessieren, soll sich jetzt das Karussell des Schenkens drehen. Die Kirchengemeinde würde ihre Hälfte der Skelette der Stadt schenken. Und der Haupt- und Finanzausschuss berät am Mittwoch darüber, ob die Stadt die Skelette und alle anderen Fundstücke dem Freistaat Bayern, genauer der Archäologischen Staatssammlung in München, schenken soll.

Landesamt sagt: Der materielle Wert ist gering

Das Landesamt für Denkmalschutz sagt: Ja, Bayreuth soll. Weil die Funde dann gemeinsam verwahrt werden. Und weil die Funde so einfach und unkompliziert wissenschaftlich bearbeitet werden könnten. Und das Landesamt verkneift sich den Hinweis nicht, dass die Skelette und anderen Funden ja keinen oder nur einen geringen materiellen Wert hätten.Schenkungsverträge hat das Landesamt gleich mit ins Bayreuther Rathaus geschickt.

Museums-Chefin sagt: Der ideelle Wert ist groß

Die Leiterin des Histroischen Museums in Bayreuth, Sylvia Habermann, sagt: Nein, Bayreuth soll nicht. „Ich bin der Meinung, dass die Funde für die Staatssammlung völlig uninteressant sind.“ Anders als für Bayreuth, für die sie ein Teil der Stadtgeschichte sind. „Wir sollten dieses Erbe nicht einfach wegschenken.“ Für Habermann ist das auch eine Grundsatzentscheidung. Der Freistaat habe schon genug Kulturgut aus der Provinz eingesammelt.

Andera Lorenzten von der Archäologischen Staatssammlung sagt, Funde wie der aus Bayreuth seien „hochinteressant“. Mit modernen Verfahren könnten Experten die Skelette untersuchen. Feststellen, wie alt diese Menschen geworden sind, wo sie herkamen, wie ihr Gesundheitszustand war. Welche gesellschaftliche Position sie inne hatten, welche Wertschätzung ihnen zuteil wurde. „Schriftliche Quellen aus der Zeit des Mittelalters sind begrenzt“, sagt die Specherin der Staatssammlung. Deshalb will die Staatssammlung die Funde haben.

Nicht mehr, als unbedingt sein muss

Am Ende soll ein Kompromiss stehen. Die Stadtverwaltung wird den Stadträten im Haupt- und Finanzausschuss heute vorschlagen, nur die Funde der Grabung an der Stadtkirche im Jahr 2007 nach München weiterzugeben. Damals waren vor allem Skelettteile und Keramikscherben gefunden. Diese Funde gehören bereits jetzt zur Hälfte dem Freistaat. Alles andere, was Archäologen zwischen 2002 und 2013 in der Innenstadt gefunden haben, soll in Bayreuth bleiben. Die 77 Kisten, die im Memmelsdorfer Depot stehen, sollen zurück nach Bayreuth. Was dann mit den Skeletten und Funden geschieht? Sie sollen erst einmal im Stadtbauhof eingelagert werden.

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