Politische Kultur: Ton trifft Tiefpunkt

Von Frank Schmälzle
 Foto: red

Gute Vorsätze sind offenbar dazu da, sie schnell zu vergessen. In einem waren sich die Vorsitzenden der Stadtratsfraktion einig, als der Kurier sie Anfang dieser Woche nach dem fragte, was 2016 wichtig wird: Es muss sich was ändern am Ton im Stadtrat. An der Art, wie man um die besten Lösungen ringt.

 
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Zuvorderst für die Stadthalle und für die Graserschule – aber auch für viele andere Fragen. Man ist sich in die Haare geraten. Der Stadtrat hat es gerade bei den schwierigen Themen Stadthalle und Graserschule nicht geschafft, bei der Sache zu bleiben und kühlen Kopf zu bewahren. Die harten Debatten haben das Gremium nachhaltig verändert.

Die Grünen haben eine Kampagne gegen Oberbürgermeisterin Brigitte Merk-Erbe erkannt. Bei jeder Gelegenheit versuchten Fraktionen, der OB an den Karren zu fahren. Gemeint sind die FDP/DU, die SPD und manchmal auch die CSU. Die Analyse stimmt, denn hinter vorgehaltener Hand fragen manche Stadträte schon, ob Merk-Erbe ihre Amtszeit zu Ende bringen wird. Es ist das gute Recht der Stadträte, die Arbeit, die Sitzungsleitung und auch die Kommunikation der Oberbürgermeisterin zu hinterfragen. In allen drei Punkten gibt es in Teilen Anlass zur Kritik. Sie aber mürbe machen zu wollen, das geht zu weit. Das beschädigt nicht nur das Amt der Oberbürgermeisterin und wirft ein schlechtes Licht auf die Heckenschützen im Stadtrat. Das schadet vor allem der Stadt. Denn die Meinung der Bayreuther über ihren Stadtrat nähert sich einem neuen Tiefpunkt. Das Bild, das der Stadtrat nach außen und manchmal auch nach innen abgibt, ist das eines zerstrittenen Gremiums, in dem es eben nicht nur um die Sache geht. Offensichtliche Beispiele: Die beiden Fraktionsvorsitzenden Stephan Müller (BG) und Thomas Bauske (SPD) verbindet inzwischen eine gepflegte Abneigung. Und die CSU posaunt bei ihrem Neujahrsempfang Allmachtsfantasien hinaus. Sie sei die einzige politische Kraft, die das Stadthallenprojekt wuppen könne, sagt Alt-OB Michael Hohl.

Mal abgesehen davon, dass die CSU allein im Stadtrat gar nichts kann: Mit solchen Sprüchen heizt man den Zwist nur weiter an. Die „Mia-san-Mia“-Parole mag die Seele der Christsozialen streicheln. Aber sie ist wieder so ein sinnloser Nadelstich. Und das nur zwei Tage nach der formulierten Erkenntnis, dass sich der Ton ändern muss.

Die Parallele ist frappierend: Vor der Stadtratswahl im März 2014 hatten sich Fraktionen vorgenommen, die Gräben zuzuschütten. Persönliche Befindlichkeiten wegzulassen, die Sache in den Mittelpunkt zu stellen. Davon ist der Stadtrat Anfang 2016 weit entfernt. Den guten Vorsatz von damals hat man allzu schnell vergessen.

frank.schmaelzle@nordbayerischer-kurier.de