Tod im Freibad: Freispruch gefordert

Von
Mit den Plädoyers endete der vorletzte Verhandlungstag vor dem Amtsgericht Kulmbach, das die Umstände des tödlichen Badeunfalls im Freibad Himmelkron (Bild) aufarbeitet. ⋌Foto: Archiv/Ronald Wittek Foto: red

Freispruch, allenfalls eine Verwarnung mit Strafvorbehalt beantragte Staatsanwalt Gerhard Götz für die beiden Angeklagten im Prozess um den Tod der kleinen Vanessa im Himmelkroner Freibad. Die Anwälte der Eltern forderten in ihren Plädoyers hingegen eine Verurteilung wegen fahrlässiger Tötung, ohne ein Strafmaß zu nennen. Ganz am Ende flossen bei allen Tränen. Beide Angeklagte im Prozess um den tödlichen Badeunfall der kleinen Vanessa im Sommer 2014 haben sich in ihren Schlussworten vor dem Kulmbacher Amtsgericht in persönlichen Erklärungen geäußert.

 
Schließen

Diesen Artikel teilen

Der ehemalige Bademeister des Himmelkroner Freibads musste sich erst sammeln, bevor er sich direkt an die als Nebenkläger auftretenden Eltern wandte: „Vanessas Unfall tut mir leid. Ich weiß leider aus eigener Erfahrung, was es heißt , ein Kind zu verlieren.“ Das Unglück habe er nicht verhindern können, er habe keine Schuld. Vanessa werde immer in ihrem Herzen bleiben, betonte auch die ebenfalls wegen fahrlässiger Tötung angeklagte Betreuerin. Sie bete für sie, betonte die Frau. Dann versagte ihre Stimme. Sie weinte. Und mit ihr weinten auch die Eltern des Mädchens. Egal, wie der Urteilsspruch am Donnerstag aussehen wird: Vergessen werden wohl weder Angeklagte noch Eltern.

Ein stiller Tod

Der Tag der Plädoyers begann für etliche Beobachter des Prozesses vor dem Kulmbacher Amtsgericht mit einer Überraschung. Staatsanwalt Gerhard Götz beantragte für beide Angeklagte Freispruch oder allenfalls eine Verwarnung mit Strafvorbehalt. Die Hauptverhandlung habe ergeben, dass Vanessa wohl nicht hätte gerettet werden können. Der Bademeister habe zum Unfallzeitpunkt keine Aufsichtspflicht gehabt. Aber selbst wenn er am Beckenrand gestanden hätte, könnte man nicht mit Sicherheit sagen, dass er das Mädchen hätte retten können. Auch die Betreuerin hätte das Leben des Mädchens nur dann retten können, wenn sie direkt daneben am Beckenrand gestanden wäre. Man müsse, auch nach dem Gutachten des Gerichtsmediziners, davon ausgehen, dass Vanessa still untergegangen sei. Die Staatsanwaltschaft habe sich ihre Entscheidung nicht leicht gemacht, als sie vor rund drei Jahren das Verfahren schon einmal eingestellt hätte. Es wurde erst durch ein Klageerzwingungsverfahren, das die Mutter führte, wieder aufgenommen. Aber auch die mehrtägige Hauptverhandlung habe keine Fakten gefunden, die zu einer Verurteilung führen könnten.

Angemessene Strafe

Das sehen die Anwälte der Eltern ganz anders. Die Nebenklägervertreter fordern eine Verurteilung beider Angeklagten wegen fahrlässiger Tötung. Ein Strafmaß beantragten sie nicht. Rechtsanwalt Gert Lowak machte aber deutlich: „Wir erwarten eine angemessene Strafe.“ Der Mutter von Vanessa gehe es nicht um Vergeltung. Der Tod des damals achtjährigen Mädchens dürfe aber nicht umsonst gewesen sein. Eine Verurteilung müsse allen deutlich machen, dass Konsequenzen aus diesem Unglück gezogen werden müssen. Lowack: „Das war kein Pech, das war systematisches Versagen.“ Die Betreuerin hätte sich nicht darauf verlassen dürfen, dass das Kind schwimmen kann. Nach Lowaks Ansicht hätte die Frau Vanessa keine Sekunde aus den Augen lassen dürfen. Der Bademeister hätte am Beckenrand stehen und seine Badeaufsicht wahrnehmen müssen. Andreas Angerer als Vertreter des Vaters fügte an, dem Bademeister hätte der Aspekt des lautlosen Ertrinkens bekannt sein müssen. „Da muss ich halt zweimal aufpassen.“ Auch die Frage nach der Mitverantwortung der Eltern stellte Angerer. „Beide machen sich Selbstvorwürfe. Sie würden die Zeit gern zurückdrehen. Sie hätten besser kommunizieren können. Das wissen wir. Aber das mindert nicht die Sorgfaltspflicht der Aufsichtspersonen.“

Schwere Entscheidung

Das Gericht stehe vor einer schweren Entscheidung. Es gehe nicht um die Frage, wer schuld an Vanessas Tod sei, betonte Oliver Heinekamp als Verteidiger des Bademeisters. Es gehe auch nicht darum, die Gemeinde Himmelkron zu belehren und nicht um die Frage einer moralischen Verantwortung. Im Prozess gehe es nur um die Frage, ob die Angeklagten im Sinne des Strafgesetzbuchs schuldig sind. Um die Frage, ob sie eine Pflicht vernachlässigt haben und darum, ob das Kind mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit hätte gerettet werden können, wenn sich die Angeklagten anders verhalten hätten. Der Bademeister habe über die Badeaufsicht hinaus auch andere Aufgaben gehabt. Selbst wenn der Bademeister am Beckenrand gestanden wäre, hätte es einen toten Winkel gegeben. Es gebe bei beiden Angeklagten kein pflichtwidriges Verhalten. „Angeklagt sind hier die, die bei der Rettung alles richtig gemacht haben.“ Für Oliver Heinekamp gibt es, ebenso wie für Anwalt Ralph Pittroff als Vertreter der Vereinsbetreuerin, nur ein mögliches Urteil: Freispruch.

Am Donnerstag, 5. April, verkündet Amtsrichterin Sieglinde Tettmann um 10 Uhr das Urteil.

Autor

Bilder