Tierheim feiert Geburtstag

Von Katharina Wojczenko

Geburtstag: Alles, was Sie schon immer über den Bayreuther Tierschutzverein wissen wollten. Von harten Kerlen, flauschigen Tierbabys und der heimlichen Chefin.

 
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Die Anfänge 1876: Liegen im Dunkeln. "Wir haben keine Unterlagen aus dieser Zeit", sagt Vorsitzender Guido Zahn. Die ersten Dokumente stammen von 1934. Dann ist eine Lücke. "Wir würden zum Beispiel gerne wissen, welche Rolle der Verein in der Nazizeit spielte, ob er jüdische Mitglieder ausgeschlossen hat. Das wäre mal eine Doktorarbeit." Die Vereinschronik zum 125. Geburtstag zitiert immerhin aus dem Bericht im "Bayreuther Tagblatt" vom 9. November 1876 über die Gründungsversammlung im Lokal Ruckriegel.

Ein Streitpunkt war demnach, ob der Tierschutzverein polizeiliche Tätigkeiten übernehmen solle, wie das auch der Bamberger und Münchner Verein taten. Um die Polizei, "die nicht überall sein könne", bei Ausübung des Tierschutzes zu unterstützen. Der Zweck des Vereins: den Quälereien der Tiere vorzubeugen. Dazu kontrollierte der Verein auch Vieh- und Wochenmärkte.

Vögel: Spielten in der Anfangszeit eine große Rolle. Eine Hauptaufgabe des Vereins war nämlich die Winterfütterung der Singvögel in den Gärten. Heute füttern wir keine Vögel außerhalb des Geländes mehr", sagt Vorsitzender Guido Zahn.

Trauriger Rekord: Im Jahr 2000 standen über Nacht 100 Hunde vor der Tür. Ein Messie hatte 300 Tiere gehortet. Das Ordungs- und Veterinäramt musste sie kurzfristig auf Tierheime verteilen. Ebenfalls erschütternd, erinnert sich Irene Kutzer aus dem Vorstand: die Hunde von Plech. Die fünf völlig verwahrlosten Tiere fand der Gerichtsvollzieher in einem verlassenen Haus. Zwei von ihnen starben kurze Zeit später.

Jeden Monat zeigen drei, vier Menschen Tierquälerei beim Verein an. "Wir schicken dann einen Mitarbeiter hin, der mit dem Besitzer spricht", sagt Zahn. Passiert nichts, zeigt der Verein ihn beim Veterinäramt an.

Exoten: Gab es nicht wirklich in der jüngeren Geschichte. 2006 nahm der Verein mal einen Waschbär auf - damals war das noch exotisch, heute sind sie eine Plage - und vermittelte ihn an der Zoo in Hof. Und einmal wurde im Hof eine Ringelnatter gefunden.

Heimliche Chefin: Katze Thusnelda, genannt Tussi, Herrin über den Tierheim-Chefinnen-Schreibtisch - und alles andere. "Wir haben sie drei Mal vermittelt, immer lief sie zurück", sagt Tierheim-Leiterin Kristin Köhler. Am liebsten legt sie sich quer. Egal wo.

Vermittlung: Im ersten erhaltenen Tätigkeitsbericht von 1934 vermittelte der Verein sechs herrenlos geworden Hunde und acht Katzen. Das stieg mit dem eigenen Tierheim rapide. Heute sind es 600 Tiere im Jahr, vor allem Hunde und Katzen.

Die Sorgenkinder: Schwer zu vermitteln ist zum Beispiel Hund Chucky, den sein Besitzer scharf machen wollte. Gegenüber Menschen, die er nicht kennt, ist er erst einmal aggressiv. Oder Willy, der eine Orientierungsstörung hat. Deshalb springt er manchmal gegen die Wand.

Frauen: Einer der ersten Beschlüsse des Vereins war, "besonders darauf hinzuweisen, daß auch Damen dem Vereine beitreten können". Von den sechs Mitarbeitern im Tierheim sind heute fünf Frauen, auch im Vereinsvorstand sind sie deutlich in der Überzahl.

Freudenmomente: "Die gibt es fast jeden Tag", sagt Tierheim-Chefin Kristin Köhler. Von Menschen, die Tieren ein neues Zuhause gegeben haben, dankbar sind und Bilder schicken. "Wir bekommen jedes Jahr einen Dackelkalender", sagt Zahn. Und ein Mann, der vor Jahren einen Bernhardiner holte, spendet seitdem jeden Monat 150 Euro. Der Hund ist längst tot.

Promi-Faktor: "Richard Wagner soll auch bei uns Mitglied gewesen sein", sagt Guido Zahn. "Darauf wären wir natürlich stolz." Allerdings ist seine Mitgliedskarte - sofern es stimmt - verloren gegangen. Kristina Unger vom Richard-Wagner-Museum hat bei ihrer Recherche im Nationalarchiv dafür keinen Beleg gefunden.

Das Tierheim: Das erste entstand 1952 in der Badstraße 51. In dem Jahr nahm der Verein auch die ersten Hunde auf. 1970 zog es in den Neubau auf dem Erbpacht-Grundstück in der Jakobstraße 120 um. Sanierungsarbeiten sind ein Dauerthema. Zuletzt stand der Keller unter Wasser.

Mitglieder: aktuell 450. 1955 waren es schon mal über 700.

Geld: Etwa 15.000 Euro braucht der Verein monatlich, davon sind allein 3000 Euro Tierarztkosten, sagt Zahn. Die finanzielle Not ist vorbei."Wir haben die Mitgliedsbeiträge der Kommunen erhöht, seit etwa zehn Jahren zahlt auch der Landkreis und wir haben bis auf eine Immobilie verkauft", sagt Zahn.

Gemeinden sind verpflichtet, Fundtiere aufzubewahren. Sie übertragen diese Aufgabe in der Regel an Tierheime. Ein Hauptgrund für die finanziell gute Lage laut Zahn: "Die Spendenbereitschaft der Bayreuther ist ungebrochen." Wenn die Not groß ist, helfen sie. "Als wir kein Heizöl hatten, stand am Tag nach dem Zeitungsbericht ein Tankwagen vor der Tür."

Facebook: 6000 Freunde hat das Tierheim in dem sozialen Netzwerk. "Unser bester Beitrag erreichte über 200.000 Menschen", sagt Zahn. Das war der Post über die Überschwemmung Anfang Juni. Der Verein pflegt Facebook und die Internetseite. "So bekommen wir schnell Spenden."

Harte Kerle: Ein Herz für Tiere haben seit Jahren die Harley-Freunde Bayreuth. Die Männer brachten dem Tierheim 2015 zwei Tonnen Futter. Zum Sommerfest kommen sie nicht nur mit ihren Harleys, sondern mit 100 Hamburgern. Auch den Hauptpreis für die Tombola, einen 50er Jahre Roller, stiften sie.

Info: Zum 140. Geburtstag feiert der Verein am Sonntag, 17. Juli, von 12 bis 18 Uhr ein Sommerfest - mit Essens- und Infoständen, Hundevorführungen, Vorträgen, Tombola und mehr. Das genaue Programm steht hier.

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